Narasan ist ein Produkt der Firma LWS (Living Water Systems) und der Name einer “Technologie” zur “Wasserenergetisierung”. Das Produkt “arbeitet” – wie in der Wasserbeleberszene üblich – stromlos und wartungsfrei. Die Anführungszeichen verdient die “Technologie”, weil sie keine ist. Das Narasan-Gerät ist nämlich ein Stahlrohr, weiter nichts. Sicher, Stahlrohre sind praktisch, und der Stahl im Narasanrohr ist zweifelsohne hochwertig – z.B. vermutlich rostfrei. Aber seien wir uns ehrlich: Ein Rohr ist ein Rohr ist ein Rohr. [Nachtrag: So ein Rohr ist übrigens nicht ganz billig. Herr Elsigan spricht von € 15.000 (!)]
Aber halt, sagt da die Firma LWS. Das Rohr ist nicht einfach ein Rohr. Nein, es ist von einer Kammer umschlossen!
In dieser Kammer befinden sich hochschwingende Bio Ayurveda Öle als Schwingungs- und Informationsträger.
Was für ein Quatsch! Sicher, wenn Sie Ihre Salatschüssel kurz anstoßen, dann gibt es Wellen und somit ist ihr Salatöl ein “Schwingungsträger” – für ein paar Sekunden. Wie es “Information trägt” und welche, das bleibt ungeklärt. Wahrscheinlich genauso wie Wasser, nämlich gar nicht. Narasan, so wird aus derlei Geschwätz schnell klar, ist offenbar Voodoo-Technik in Reinkultur.
Zu den Anführungszeichen von “Wasserenergetisierung” muss man ja
hoffentlich nicht viel sagen. Wasser kann nicht durch ein Rohr
“energetisiert” werden, denn das widerspricht dem zweiten Hauptsatz der
Thermodynamik. Es sei denn, die “Energetisierung” wird so umdefiniert,
dass sie nichts mehr mit Energie im physikalischen Sinne zu tun hat.
Aber das werden wir nicht erfahren, denn LWS erklärt uns nicht, was
“Energetisierung” bedeuten soll. Sie behauptet zwar, ihr Gerät gebe dem
Leitungswasser seine “ursprüngliche Quell-Energie” zurück, doch dieser
Ausdruck ist nicht physikalisch gemeint, sondern esoterisch, wie das
Adjektiv “feinstofflich” präzisiert:
[Das Ayurveda Öl] überträgt die darin enthaltenen
feinstofflichen Energien und Informationen, unabghängig von
Durchflussmenge und Wasserdruck, auf das durchfließende Wasser. Die
Störinformationen im einfließenden Wasser wird dadurch gelöscht und die
Grundordnung des Wassers wird wieder hergestellt.
Das tut doppelt weh. Einmal, weil “Störinformationen” Plural ist und es
“werden dadurch gelöscht” heißen müsste, und einmal, weil es auch in
der grammatikalisch korrekten Form Bullshit ist. Die “Störinformation”
findet sich nicht im Wasser, sondern allenfalls auf der LWS-Webseite:
Dabei werden die physikalischen Effekte, wie Oberflächenspannung, Adhäsion, Kalk- und Magnesiumanteile positiv (wissenschaftlich bestätigt) verändert.
Das ist das, was mich wirklich nervt. Narasan will nämlich nicht
esoterisch sein, sondern wissenschaftlich. Mehr noch: “wissenschaftlich
bestätigt“. Das ist, wie wir wissen, schon beim Granderwasser furchtbar
in die Hosen gegangen. Doch für Narasan war das keine Lehre, obwohl die
Narasan-“Technologie” offensichtlich nichts anderes ist als die
Grander-“Technologie”, wobei nur das Grandersche “Informationswasser”
nach Jesus-Rezept durch das “Ayurveda-Bio-Öl” ausgetauscht wurde.
Die von LWS präsentierte übliche Liste an Referenzen und enthusiastischen Dankesschreiben
ist eigentlich nicht weiter erwähnenswert. Doch wer sich dafür
interessiert, warum die
ehemalige Direktorin des “Hauses Trazerberg” des Kuratoriums Wiener
Pensionisten-Wohnhäuser, die von Narasan so begeistert war, nach
Intervention der Wiener Gesundheitsstadträtin nicht mehr so begeistert
gewesen sein dürfte, der lese hier bei Erich Eder nach.
Jetzt aber die Wissenschaft! Schauen wir uns einmal die
sogenannten “Prüfzertifikate” an, die LWS vorweist um die angebliche
wissenschaftliche Bestätigung zu untermauern:
(1) UWA-Hengl KEG
Im Prüfbericht dieses “Umwelt-Wasser-Analytik” Betriebs zeichnet ein
Herr Ing. Heinrich Wahl für die Auswertung des Narasanwassers
verantwortlich. Herr Ing. Wahl hat laut seinem Prüfbericht eine
bemerkenswerte Eigenschaft dieses Wassers gefunden:
Narasan energetisiertes Wasser ist rechtsdrehend.
Was soll man dazu sagen? KINDER, HÄNDE WEG VON DEN DROGEN!
Doch Herr Wahl meint das ernst, sogar im physikalischen Sinn. Er
behauptet nämlich, das Narasanwasser könne die Schwingungsebene von
polarisiertem Licht (nach rechts) drehen, es sei also optisch aktiv.
Blöd nur, dass optisch aktive Substanzen chirale Moleküle aufweisen
müssen. Das Wassermolekül mit seiner schönen Symmetrie ist nicht
chiral und dreht gar nichts. Wie schwindelt sich Herr Wahl über dieses
Problem hinweg? Er behauptet einfach, die Wassermoleküle würden Cluster
bilden, und diese könnten asymmetrisch sein und dadurch optisch aktiv.
Leider ist das aber ein Unsinn, denn diese Wassercluster haben eine
Lebensdauer im Femtosekundenbereich und selbst wenn sie stabil wären
müsste Herr Wahl erst einmal erklären, wie das Ayurveda-Öl dem Wasser
beibringt, chirale Cluster in nur einer einzigen Händigkeit zu formen –
ohne Energieverlust wohlgemerkt!
Die Tätigkeit von Herrn Ing. Wahl in der Firma UWA war so erfolgreich,
dass letztere bereits 2002 in Konkurs ging. Da kein Mensch die Firma
kannte oder kennt, hat sich LWS aber schon frühzeitig dazu
entschlossen, fleißig mit der Tatsache zu werben, dass Herr Wahl
allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger
ist, wie man unschwer erkennen kann.
Blöd nur, dass laut den Standesregeln des Verbandes der
Gerichtssachverständigen kommerzielle Werbung mit der Eigenschaft als
Gerichtssachverständiger untersagt ist. Deshalb hat die Causa Narasan/Wahl auch bereits “Maßnahmen seitens des Verbandes ausgelöst“, wie aus diesem auf Nachfrage verlautet.
[Nachtrag vom 21.9.2009: Wie der Hauptverband der Gerichtssachverständigen heute mitteilte, wurde Herr Ing. Wahl per 11.9.2009 aus der Sachverständigenliste gelöscht.]
(2) Claus Holler – Herzfrequenzvariabilität
Wer auf diesem Blog Holler in Graz gelesen hat, der weiß: das
kann nicht gut gehen. Herrn Claus Holler eilt ein Ruf als Ersteller von
pseudowissenschaftlichen Positivgutachten für Voodoo-Technik voraus, der ihm
sogar die zweifelhafte Ehre zuteil werden ließ, auf EsoWatch gewürdigt zu werden. Herrn Hollers wertvollste Eigenschaft
für LWS ist, dass er zur Zeit seiner Gutachterei beim Wiener
Krankenanstaltenverbund (KAV) tätig war und seither auf allen
einschlägigen Holler-Gutachten groß das Seriosität ausstrahlende
KAV-Logo prangt. Auf fast allen – wie man sehen kann, wurde bei dem auf
der LWS-Seite verlinkten Dokument die erste Seite ausgetauscht und das
KAV-Logo fehlt jetzt.
Wer an dieser Stelle die Stellungnahme des
technischen Leiters des KAV gelesen hat, der weiß, dass das kein Zufall
ist. Herr Dr. Wölfl hat sich nämlich von derartigen
unautorisierten und pseudowissenschaftlichen Studien ausdrücklich distanziert.
(3)
IBBU-Institut, Dr. Noemi Kempe
Es überrascht ja beinahe, dass sich jemand überhaupt noch damit zu werben traut. Wie in
den obigen beiden Fällen hatte auch Noemi Kempe früher einmal eine für LWS wertvolle
Eigenschaft. Ihre esoterische IBBU-Bude war nämlich bis 2005 als
Ludwig-Boltzmann-Forschungsstelle für Biosensorik geadelt. Und das
klingt doch allemal besser als die traurige Geschichte von der
ehemaligen Physikerin, die jetzt mit einem Bioresonanzgerät und einer
Wünschelrute Meridiane vermisst und “Chakrenessenzen gegen schwarze Magie” begutachtet. Auf ihrer Webseite listet Frau Kempe
über 60 (!) esoterische Wassergutachten. Da weiß man dann
wenigstens, was man als Auftraggeber erwarten kann…
(4) HTL Hollabrunn – Diplomarbeit
Die Schüler der HTL Hollabrunn in Ehren, aber ein Schülerprojekt als wissenschaftlichen Beleg anzuführen zeugt schon von Chuzpe. Schüler- und Studentenprojekte sind bei Voodoo-Anbietern beliebt, weil sie erstens billig zu haben sind und zweitens die jungen Forscher in ihrem Übereifer oft so lange unverblindet herumexperimentieren, bis sie das “gewünschte” Ergebnis auch bekommen. Das muss hier nicht der Fall gewesen sein, aber ich frage mich doch, warum die beiden Autoren die “Verkalkungsverhinderung” als Vorteil hervorheben, nachdem sie zwischen energetisiertem und normalem Wasser “keinen Unterschied” im Härtegrad feststellen konnten?
Die angeblich statistisch signifikant höhere Reduktion der Keimzahl beim industriellen Salatwaschen mit belebtem im Vergleich zu normalem Wasser kann ich aus den spärlichen Angaben in der Arbeit in keinster Weise nachvollziehen. Wie kann die Gesamtkeimzahl pro Gramm zwischen etwa 2 und 8 Mio schwanken, wenn die äußeren Salatblätter “um mindestens eine Zehnerpotenz höhere Werte” als die inneren aufweisen? Und was, bitte, ist eine mittlere Reduktion der Keimzahl von “0,28” – ohne Einheit – wenn die Ausgangskeimzahl “durchschnittlich um 90% abgewaschen” wurde? Wieviele Proben wurden denn überhaupt untersucht? Fragen über Fragen… Ist aber auch egal, denn die Autoren gestehen freimütig ein, dass der (offenbar unkontrollierte) Verschmutzungsgrad des Waschwassers der wichtigste Faktor bei der Keimzahlreduktion ist, und
Dadurch könnten die Werte der Untersuchung stark verfälscht worden sein
Kurz gesagt: Alles für den Hugo (und für ein Abschlusszeugnis).
[Nachtrag vom 21.9.2009: Der Direktor der HTL Hollabrunn distanziert sich von der Darstellung der Schülerarbeit durch LWS. Die Arbeit dürfe keinesfalls als Bestätigung der Wirkung von Narasan herangezogen werden, die Firma LWS habe niemals einen Kooperationsvertrag mit der HTL Hollabrunn unterzeichnet und sei nicht berechtigt, diese Arbeit zu Werbezwecken einzusetzen. Entsprechende Schritte seien eingeleitet worden.]
(5) Vitalitätswertmessung
Wie der Name schon sagt, ist diese Messung Quatsch. “Vitalitätswert” ist kein medizinischer oder biologischer Ausdruck, sondern ein Begriff der Esoterikszene. Die “Messungen” wurden mittels der längst diskreditierten Kirlianfotografie produziert. Die aus einer einzelnen Grafik bestehende Studie ist angeblich 2003 in der Zeitschrift “Der Technologe” erschienen. Das mag beeindrucken, solange man nicht weiß, dass dies die Hauszeitschrift einer Schule ist. Bei dieser Schule handelt es sich um das Wiener TGM. Dass diese Höhere Technische Lehr- und Versuchsanstalt einen sehr guten Ruf hat, dürfte einer der Gründe dafür sein, dass sich LWS nicht geniert, das Käseblättchen namens “Vitalitätswertmessung” überhaupt ins Netz zu stellen.
Der zweite Grund dürfte sein, dass der Studienautor und Lehrer am TGM, Herr Prof. Dr. Ernst Hoke (in Österreich tragen beamtete Lehrer den Amtstitel Professor) auf dem Blättchen unter seinem Namen den Zusatz “Gerichtl.Zertif.Beeid.Sachverständiger” trägt. Der Verband der Gerichtssachverständigen teilt dazu mit, dass Herr Hoke seit Beginn dieses Jahres kein Gerichtssachverständiger mehr ist. Ob das mit Narasan zu tun hat, weiß ich nicht.
(6) TGM Wien – Testreihe mit Sportlern bzw. Pflanzen
Wieder eine Schülerarbeit, diesmal mit gleich fünf bemühten jungen Autoren, betreut natürlich von Ernst Hoke. Die “Sportler” waren 17 Damen, denen man mit einem EKG zuleibe rückte um die Herzratenvariabilität (HRV) zu bestimmen. Ich darf mich hier einmal ausnahmsweise selbst zitieren. Zur HRV hatte ich an dieser Stelle vor ein paar Monaten nämlich folgendes geschrieben:
Da man bis auf wenige Ausnahmen im Grunde nicht weiß,
was die vielen aus der HRV abgeleiteten Parameter eigentlich über den
Zustand des Menschen aussagen, eignen sich diese hervorragend, um nach
der Messung im Datenhaufen signifikante Unterschiede hervorzukramen,
auf die man dann triumphierend verweisen kann und die sich beinahe
beliebig im Sinne des gewünschten Ergebnisses interpretieren lassen.
Jetzt vergleichen wir das einmal mit dem Zugang von Hokes Schülern:
Die Methodik bestand also im Rosinenpicken. Eine Detailanalyse erübrigt sich damit wohl…
Nicht viel besser sieht es bei den Pflanzenmessungen aus. Dort dominieren Fotovergleiche, auf denen ich keinen Unterschied ausmachen kann (außer bei jenem, das von der Firma LWS zur Verfügung gestellt wurde) verbunden mit Hinweisen auf angebliche “optische Unterschiede”. Bei den Gewichtsmessungen von Salaten siegte Narasanwasser beim Frischgewicht mit 3:1 gegen Leitungswasser, beim Trockengewicht gab es nur ein Unentschieden mit 2:2. Die Statistik saß dabei auf der Ersatzbank.
Liebe Jungs: Wissenschaft ist kein Fußballmatch! Aber ihr könnt eigentlich nichts dafür, denn für die wissenschaftlichen Grundlagen wäre euer Betreuer zuständig gewesen.
Für eine intensive Betreuung hatte Herr Hoke aber womöglich keine Zeit, ist er doch seit Jahren von Haus zu Haus unterwegs, um für die Firma LWS die “Funktionalität” von Narasan-Geräten nachzuweisen, die ahnungslose Hausverwaltungen in die Wasserleitungen ihrer Objekte einbauen lassen. Auf wundersame Weise gibt es dabei keine negativen Resultate, denn die Funktionalität kann von Herrn Hoke entweder bestätigt werden, oder es treten leider Störungen durch diverse Pumpen oder Trafos auf, die ein positives Messergebnis verhindern.
(7) TGM – Zwischenbericht bzw. Oberflächenspannung
Diese beiden Berichte stammen ebenfalls aus der Feder von Dr. Hoke. Der “Zwischenbericht” aus 2003, dem anscheinend nie ein Endbericht gefolgt ist, besteht lediglich in einer Aneinanderreihung wilder Behauptungen ohne Detailinformation und ist daher hier vernachlässigbar. Einige Details finden sich dagegen im Bericht “Oberflächenspannung”. Die Messung der Oberflächenspannung benutzt Herr Hoke auch für seine “Funktionsprüfungen” der Narasan-Geräte.
Warum gerade die Oberflächenspannung? Laut Herrn Hoke deshalb, weil diese “von Umgebungsbedingungen weitgehend unabhängig” sei, aber “für Wasserveränderungen äußerst aussagekräftig“. Blöd nur, wenn die Umgebungsbedingungen für die Wasserveränderungen verantwortlich sind, wie es etwa bei der angeblichen Verringerung der Oberflächenspannung durch Granderwasser der Fall war, wo ein Stück Gartenschlauch sich als Übeltäter herausstellte. Wie empfindlich die Oberflächenspannung tatsächlich bereits auf kleinste Verunreinigungen reagiert, das lässt sich anhand einer (seriösen!) Studie nachvollziehen, in der die Autoren nach einer Vielzahl von Messungen diesen Stoffparameter einfach als “too sensitive to experimental conditions” für den sinnvollen Einsatz bewerten.
Die angebliche Verringerung der Oberflächenspannung durch das Narasan-Gerät hat aber noch eine Pointe. Denn reines Wasser hat bei Raumtemperatur eine Oberflächenspannung von etwa 0,07 N/m, die bei leichter Verunreinigung auch etwas tiefer liegen kann. Und welche Oberflächenspannung hat Herr Hoke beim Narasanwasser nun gemessen?
Offenbar hat das Voodoo-Gerät der Firma LWS die Oberflächenspannung also glatt verdoppelt! Oder Herrn Hokes Messungen sind schlicht und einfach wertlos. Ich persönlich tendiere ja zu letzterem.
[Nachtrag vom 22.9.2009: Der Direktor des TGM hat heute in einer Reaktion klargestellt, dass seitens des TGM nie eine Prüfung des Narasan-Gerätes stattgefunden hat. Herr Hoke hat diese “Prüfungen” als Privatperson durchgeführt und die widerrechtliche Verwendung der Adresse des TGM war ihm bereits 2003 untersagt worden. Der Direktor hat alle Abteilungsvorstände angewiesen, keine Aufträge für Schülerarbeiten von der Firma LWS mehr anzunehmen.]
NARASAN ist pseudowissenschaftlicher Humbug. Es funktioniert nicht. Und es nervt.
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