Mai 2010
Dr. Fritz Pröll, Apotheker, an Prof. Dr. Otto Schmut, Biochemiker:
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Schmut!
Auf Grund einer guten Beschreibung ihres Buchs “Salze, Zucker, Spurenelemente” in “Die Presse” habe ich neugierig ihr Werk gekauft. Ich gehe auf, nach meiner Meinung, einige Ungereimtheiten gar nicht ein, sondern möchte nur an einem Beispiel gleich auf den Punkt kommen:
Auf Seite 65 schreiben Sie über Silizium. Darunter auch Ihre Angabe von 20 – 30mg Tagesbedarf beim gesunden Menschen. Am Ende der Seite wird angeführt, dass auch in der Palette der Schüßler-Salze Silicium verwendet werden kann. Also ein Hinweis für den Laien.Darf ich Ihnen folgendes Rechenbeispiel vorführen:
Im Schüßler-Salz Nr.11 “Silicea” ist die Substanz mit D
12 potenziert, das heißt: In 100g Schüßlersalz, das sind 400 Tabletten,
ist 0,000 000 1 mg (!) Silicium enthalten. Ihre Empfehlung als
Tagesdosis lautet auf ca. 20mg (!). Da müssen sie 80.000.000.000 (!!)
Tabletten einnehmen, und das pro Tag!Gratuliere zu
solchen wissenschaftlichen Aussagen! Bisher habe ich den Titel
Univ.Prof. für das Bollwerk gegen zeitgeistigen Unsinn gehalten, aber
wie gesagt, nur bis jetzt – leider!Ich verbleibe mit
freundlichen Grüßen und zitiere noch eine einfache, aber sehr kluge
Tante: “Selberdenken macht gescheit!”
Ihr Dr.
Fritz Pröll
Prof.
Dr. Otto Schmut, Biochemiker, an Dr. Fritz Pröll, Apotheker:
Sehr
geehrter Herr Doktor Pröll,vielen Dank für Ihre
freundlichen Bemerkungen zu unserem Buch. Es ist
auch nicht akademisch gebildeten Laien bekannt, dass die Wirkung vonSchüßler Salzen nicht geklärt ist und man sich fragt, warum so geringe
Spuren überhaupt wirken. So hätte ich Ihnen als akademisch gebildetemApotheker zugetraut, zwischen dem Tagesbedarf eines Elements und der
empfohlenen Dosis von Schüßler-Salzen unterscheiden zu können, wie es
die von Ihnen zitierte Tante sicher könnte.
Es muss also
doch ein Universitäts-Professor einen Akademiker darauf
hinweisen, genau zu lesen und die Dinge nicht falsch zu interpretieren,
sonst müsste man um die Menschen bangen, die Ihre Apotheke betreten.
Schönen Wochenstart
O. Schmut
[Beide
mails sind hier mit dem Einverständnis der Autoren veröffentlicht.]
Herr Schmut meint also, es sei bekannt, “dass die Wirkung von
Schüßler Salzen nicht geklärt ist und man sich fragt, warum so geringe
Spuren überhaupt wirken”.
Das erstaunt mich nun doch einigermaßen. Denn Schüßler-Salze liegen
selbst in der CAM-internen Hierarchie im Erdkeller. Dort teilen sie sich
mit Bachblüten und Homöopathie nach Körbler den Status von
Therapiemethoden, die so offensichtlich esoterisch sind, dass man nicht
einmal in CAM-Kreisen ernsthaft behauptet, sie würden besser wirken als
Placebo.
Und dann diese unsägliche Schüßler’sche “Antlitzanalyse”.
Muss man derlei junk-Diagnostik heute noch ernsthaft diskutieren? Ich
denke nicht.
Die “Wirkung” von Schüßler-Salzen ist also keineswegs ungeklärt, und es
fragt sich auch kein Mensch mit wenigsten rudimentären Kenntnissen der
Methodik klinischer Studien, “warum so geringe Spuren wirken“.
Was treibt den Biochemiker Schmut dazu, solche Behauptungen über die
“Biochemie nach Schüßler” aufzustellen?
Ich weiß es nicht, aber die Tatsache, dass fast ein Dutzend Seiten in
seinem Buch mit völlig unkritischer Schüßler-PR der Stellvertretenden
Vorsitzenden der Schüßler-Gesellschaft
gefüllt sind (siehe Bild links), lässt in mir so eine gewisse Ahnung
hochkommen.
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