Hunderte Volksschulkinder wurden – wie hier berichtet – vergangene Woche auf eine Esoterikmesse namens “Energethikerstadt 2012” gekarrt. Dort trafen sie auf Erwachsene, die seltsame Dinge erzählten, dazu komische Bewegungen machten – und mitunter auch aggressive Drohungen ausstießen. Aber natürlich nicht gegen die Kinder, sondern gegen kritisch nachfragende Skeptiker. Die GkD-Mitglieder Anna Kauk und Roman H. waren nämlich auch mit dabei. Hier ist ihr Erlebnisbericht in zwei Teilen. (Spoiler: Er ist deprimierend…)
Ein Gastbeitrag von Anna Kauk
======================================================
Nach der Veröffentlichung von Krista Federspiels offenem Brief an den Wiener Stadtschulrat haben die österreichischen Medien das Thema „Kinder und Esoterik”, welches im Rahmen einer für das vergangene Wochenende angekündigten Energethik-Messe brisant wurde, aufgegriffen und kritisch Stellung dazu bezogen. „Aufregung um Esoterik-Wandertag”, „522 Kinder gehen heute zu Wahrsagerin” und „522 Volksschüler müssen am Freitag Esoterik ‚lernen’” titelten die auflagenstarken Zeitungen Kurier, Heute und Kronenzeitung.
Veranstaltet wird „Österreichs größte Fachausstellung für Körper, Geist und Seele” von Johannes Mondel und seiner Ehefrau Gertraud, die nach eigenen Angaben selbst Energethiker sind. Und obwohl die Messe seit ihrer Premiere 2006 jährlich stattfindet, war sie auf dem Radar der skeptischen Community bis vor kurzem weniger präsent. Dabei wäre das Projekt kids4energy, welches sich an die Zielgruppe „Kinder im Alter von 6 bis 10 Jahren“ richtet, schon 2011 ein diskussionswürdiges Thema gewesen.
Bei näherer Betrachtung gewinnt man den Eindruck, dass die Messe im Zuge ihrer Expansion Kinder und Jugendliche immer mehr in ihr Programm integriert und sich ihrer auch im Rahmen ihrer Lobbyingtätigkeit bei der Wirtschaftskammer bedient. Zum ersten Mal wird diese Linie in der Öffentlichkeitsarbeit 2009 deutlich, als die Energethikerstadt, die damals noch in einem Fertigteilhauspark nahe eines großen Einkaufszentrums am Stadtrand von Wien stattfindet, als ein „Fest für die ganze Familie“ mit speziellem Kinderprogramm beworben wird. Im darauffolgenden Jahr werden Volksschulen dazu aufgerufen, an einem Mandala-Zeichenwettbewerb teilzunehmen. Und 2011 wird das Projekt kids4energy ins Leben gerufen, an dem sich 458 Volksschüler aus 2 Schulen beteiligen und von älteren Schülern der Vienna Business School betreut werden – zuerst „ehrenamtlich“, doch ein halbes Jahr später wird per Gruppenfoto ein Scheck übergeben und die Zusage für die Mitarbeit bei der nächsten Messe gesichert.
Bei einer anderen PR-Maßnahme stattet eine Gruppe um Johannes Mondel der Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien Brigitte Jank einen vorweihnachtlichen Überraschungsbesuch ab, um ein ganz besonderes Geschenk von Kindern überreichen zu lassen: einen selbstgebastelten Elefanten, ähnlich dem, den sie bei der Energethikerstadt 2011 gerne behalten hätte, allerdings zurückgeben musste, weil die Schüler nicht bereit waren, sich von ihren im Rahmen des Projekts gebastelten Tieren zu trennen.
Ob es wohl Maßnahmen wie diesen zu verdanken ist, dass Frau Jank voll und ganz hinter dem Projekt steht? Oder fallen diese Bemühungen ohnehin auf fruchtbaren Boden? Aus einem Werbevideo aus dem vergangenen Jahr erfahren wir von Fachgruppenobmann Gerhard Flenreiss dazu jedenfalls: „Ich glaube, sie hat auch ihre eigenen positiven Erfahrungen mit Energethikern schon hinter sich.“ Er selbst habe bereits die Methoden CQM (Chinesische Quantum-Methode) und Three-in-One-Concepts (aus dem Bereich der Kinesiologie) ausprobiert und „auch mit Essenzen schon gearbeitet“. In seiner Eröffnungsansprache bei der diesjährigen Veranstaltung wird er sich bei der im Saal anwesenden „Energethikerin meines Vertrauens Patricia Vahlerach“ dafür bedanken, dass sie ihm manchmal hilft „zu erden und runterzukommen“. Doch alles der Reihe nach.
Kommentare (4)