Auf einer Folie stand geschrieben: „Inuit: Sonne = Gottes-Lampe. Lampe Gottes. Lamp, Lamm Gottes… Wiederkehr des Lichts am 21.12.“. Dazu sagte der Vortragende, er mache jetzt eine „Lautverschiebung“ von „Lampe“ zu „Lamm“. Eine Suche auf www.etymonline.com ergibt dagegen, dass Lampe und Lamm etymologisch keine gemeinsame Wurzel haben, dass also diese „Lautverschiebung“ so nicht stattgefunden hat. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat die „Gottes-Lampe“ der Inuit nichts mit dem „Lamm Gottes“ (ein Symbol für Jesus im christlichen Kulturkreis) zu tun, was auch wirklich sehr überraschend wäre.
Erstaunlich war auch die Herleitung der Bezeichnung Tierkreis, die sich laut dem Vortragenden vom keltischen [sic!] Licht-Gott Tyr ableitet: Tyr → Tyr-Kreis → Tierkreis. Erstens war Tyr eine nordischer (germanischer) Gott, kein keltischer. Zweitens leitet sich die Bezeichnung Tierkreis von der Übersetzung von „Zodiak“ ab; „zodion“ ist das Lebewesen, „Zodiak“ ist somit der „Kreis der Lebewesen“. Diese Beispiele zeigen, wie schlecht recherchiert der Vortrag war.
Ein herrlicher Zirkelschluss war „Tradiert wird nur, was Bestand hat“, aber vielleicht war das auch nur auf einen Konzentrationsfehler nach mehr als einer Stunde Sprechzeit zurückzuführen.
Erst sehr zum Schluss des insgesamt 1 ¾ Stunden dauernden Vortrags kam die Sprache tatsächlich auf die Stern-zeichen Widder und Waage. Dabei wurden auch kurz astronomische Inhalte präsentiert. Grundtenor war, dass sowohl Widder als auch Waage astrophotographisch wenig her geben. Nur auf eine Aufnahme eines gravitativ interagierenden Galaxienpaars im Widder (NGC 772) wurde etwas näher eingegangen.
Schnell kam aber die Diskussion auf Heilpflanzen, die mit den beiden Sternzeichen verbunden sein sollen. Verschiedene angebliche Wirkungen der Heilpflanzen wurden präsentiert. Besonders verstörend ist hier im Nachhinein, dass in diesem Zusammenhang von „Studien“ die Rede war, die dieses oder jenes belegen sollen, der Vortragende auf Anfrage per E-Mail nach dem Vortrag jedoch keine einzige dieser Studien vorweisen konnte. So wurde z.B. im Vortrag behauptet, dass „statistisch signifikant, und wie wir aus modernen Untersuchungen wissen, die Venus dem Waage-Prinzip zuordenbar ist“, was immer das heißen mag. Auf die E-Mail-Anfrage kam dazu nur ein kruder Hinweis auf die (unhaltbare) Signaturlehre des Paracelsus, der mit Sicherheit keine Statistik mit seinen Beobachtungsergebnissen betrieben hat. Weiters kann angeblich „die Ringelblume den Säure-Basen-Haushalt sehr günstig beeinflussen, das ist sehr gut untersucht und in kontrollierten Studien konfliktfrei [sic!] nachgewiesen“, und überhaupt gibt es eine Reihe von Heilpflanzen, die sowohl Bluthochdruck als auch Niederdruck lindern können, was kein pharmazeutisches Heilmittel könne. Auf meine kurze E-Mail-Anfrage, auf die man eine ebenso kurze Antwort erwarten könnte, kam eine ellenlange Nachricht, die aber nichts weiter enthielt als den Hinweis auf angebliche Heilpflanzen-Monographien der WHO, die ich selber recherchieren könne, und auf den gelinde gesagt umstrittenen Ethnobotaniker Wolf-Dieter Storl (dessen Name auch noch falsch geschrieben war). Man kann es nicht anders sagen als dass hier die Zuhörer wenn nicht absichtlich dann zumindest fahrlässig in die Irre geleitet und mit falschen Tatsachen gefüttert wurden.
Ein Hinweis auf die Homöopathie durfte nicht fehlen, als festgestellt wurde, dass der Sonnenhut eine bedeutsame Rolle sowohl auf homöopathischer als auch auf allopathischer Ebene spielt.
Wertfrei, aber wenig überraschend muss man feststellen, dass sich das Publikum zur Mehrzahl aus Frauen im mittleren bis fortgeschrittenen Alter zusammensetzte. Die Frage, die ich mir zum Schluss stellte, war, welches Publikum die Vortragsreihe an den kommenden Abenden ansprechen soll. Sowohl wissenschaftlich als auch künstlerisch orientierte Menschen fühlen sich von so einem „Alles und Nichts“ wohl kaum angezogen. Ob für astrologisch-esoterisch orientierte Menschen genug „Inhalt“ dabei ist und ob es in Linz genügend Interessenten aus diesem Metier gibt, muss sich wohl weisen.
Das AEC ist eine von der Stadt Linz, dem Land Oberösterreich und dem Bund finanzierte Einrichtung. Gerade bei öffentlichen Geldern besteht eine besondere Verantwortung für deren Verwendung. Ich bin der festen Meinung, dass Themen wie Astrologie und Esoterik in einer öffentlichen Einrichtung nichts verloren haben, vor allem, wenn sie so unkritisch präsentiert werden. Um solch unerfreulichen Entwicklungen einen Riegel vorzuschieben, kann ich dem AEC nur raten, sich bald einen wissenschaftlichen Beirat zuzulegen, der die geplanten Aktivitäten auf ihre wissenschaftliche Sinnhaftigkeit prüft und im Fall des Falles eine Veranstaltung aus dem Programm nimmt.
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