Störzonen wohin man schaut
Am Institut für Landschaftsarchitektur ist die Geomantie fest etabliert. Diese esoterische Lehre schreibt der Erde und dem Raum energetische Kräfte zu, die auf den Körper wirken sollen – allerdings sind diese Kräfte nicht bewiesen. Geomantie ist Grundlage einiger Forschungsarbeiten von Prof. Erwin Frohmann und mancher seiner Diplomanden. Frohmann verfasste geomantische Gutachten, wie etwa 2004 für das „Haus der Zukunft in Bregenz“, gefördert vom Bundesministerium für Verkehr und Forschung. Darin wollte er „die mehrdimensionale Qualitäten des Projektgebietes“ erfassen, zur „Bewusstseinsarbeit mit geomantischen Qualtiäten im städtischen Raum“.
Gefördert vom Wiener Wirtschaftsförderungsfonds untersuchte er 2006 „Landschaftsstruktur und Geomantie am Beispiel des Stadtentwicklungsprojekts Flugfeld Aspern, Wien“. Mit dieser „Raumanalyse“ will er einen „Beitrag zur Stabilisierung und Stärkung der Lebenskraft des Projektgebietes“ leisten. Im Prospekt der Gemeinde Wien zur „Seestadt Aspern“ ist dazu zu lesen, man hätte bei der Planung „Geschichten“, u. a. Geomantie diskutiert.
Aus dem Jahr 2005 stammt Frohmanns Publikation über „Schönbrunn. Eine vertiefende Begegnung mit dem Schlossgarten“, in der vom kabbalistischen Lebensbaum die Rede ist, und davon, dass sich entlang der Hauptachse des Schlossgartens geomantisch und energetisch das Chakrensystem des Menschen offenbart.
Im Auftrag der Steiermärkischen Landesregierung untersuchte Frohmann 2007 die „Geomantie im steirischen Vulkanland“. Koautor ist der Geomant Christian Krotschek, der u. a. die Science-fiction-Medizin der „Quanten-Heilung“ lehrt. Das Buch postuliert: „Das geomantische Kosmos-, Welt- und Menschenbild überwindet die vorherrschende Programmatik, stärkt unsere Wurzeln in Mutter Erde, belebt Beziehungen und vermittelt Sinn.“
Es ist fragwürdig, dass öffentliche Gelder für solch pseudowissenschaftliche Projekte ausgegeben werden, die eher der Tourismuswerbung als neuen Erkenntnissen dienen. Esoterik erhält damit den Anstrich von Seriosität, und esoterische Ideologien können sich wie Unkraut auf dem Boden der Gesellschaft verbreiten.
Prof. Frohmann leitet gemeinsam mit seiner Frau das private „Institut für Raum und Mensch“ in Graz, wo die Radiästhesie sozusagen vergeistigt wird: Man bietet Vorträge über „Kosmogramme“ an oder über „Elementarwesen – Die Seele der Erde“. Hier werden angehende Muter darin ausgebildet das „Wahrnehmungspotenzial auf die vitalen und seelisch-geistigen Qualitäten des Lebens zu erweitern und das Verständnis für die persönlichen und erdbezogenen Lebensprozesse zu vertiefen.“ Einer der Mitarbeiter ist der New-Age-Geomant Marko Pogacnik, der durch Steinsetzungen die „Erde heilen“ will.
Solche Ideen verbreitet Frohmann auch an der Universität. Schon 2001 hatte er die Diplomarbeit „Geomantie in der Freiraumgestaltung, am Beispiel des Morzinplatzes in Wien“ unterstützt. Die Autorin hat das Areal gemutet, „die Lebensenergie des Ortes“ dokumentiert und Wahrnehmungsübungen durchgeführt. Mit „persönlichen Assoziationen, emotionalen Reaktionen, inneren Bildern und Gedanken … wird der Versuch unternommen, über die Bewusstseinsfelder des Menschen mit der seelischen und geistigen Ebene der Landschaft in Kontakt zu treten.“ Beispiel: „Im Bereich des Straßenbahnkörpers wurde von mir eine symbolisch wässrige Verbindung in Richtung Donaukanal wahrgenommen.“ Sie berichtet: Bei einer gemeinsamen Übung am Rupertusplatz nahm Prof. Frohmann „eine emotionale Belastung wahr, die er als emotionale Reste gewalttätiger Handlungen aus früherer Zeit bezeichnete.“ Doch: „Nach Übungen zur Reinigung des Platzes … stellten sich Gefühle der Freude und der Leichtigkeit ein.“ Wie schön – Gefühle als wissenschaftliche Messlatte! Heute ist die Autorin Gartendesignerin.
Bewusstseinstransformation
2011 betreute Prof. Frohmann die wunderschön bebilderte Diplomarbeit „Gestaltung rituell genutzter Landschaft“. Da ist zu lesen: „Die geomantische Wahrnehmung setzt … einen leicht kontemplativen Bewusstseinszustand voraus, in welchem die Trennung zwischen Subjekt und Objekt aufgehoben ist.“ Der Autor propagiert – frei nach Esoterik-Autor Rüdiger Dahlke – „Denken in Analogien“. Er forscht mit „assoziativer und introspektiver“ Raumwahrnehmung, lenkt dabei seine „Aufmerksamkeit auf das eigene Aura- und Emotionsfeld“ und interpretiert es. Das liest sich so: „Ich habe das Gefühl, dass sich mein Rücken öffnet und der hinter mir gelegene Raum ein Teil von mir wird. Eine Art milchige Wolke durchzieht ihn vor meinem inneren Auge…..(ich) verspüre einen Druck, ähnlich wie vor einem Vulkanausbruch.“ An anderer Stelle ist zu lesen: Zu archetypischen Bildern „kommen Einflüsse des Magnetismus, der radioaktiven Strahlung des Wassers und geologischer Besonderheiten wie Verwerfungen hinzu. Sie begünstigen eine Veränderung des Bewusstseinzustandes.“ Man ist versucht, dem Autor Recht zu geben.
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