„Dieses Wasser jedenfalls ist belebt, das zeigt sich in seiner Kristallform. Es speichert all die positiven Informationen aus diesem Tunnel und wirkt daher auch gegen Krankheiten.“
Das will man mit einem Experiment im Altersheim der nahe gelegenen Stadt Zenica bewiesen haben. Die Bewohner hätten mehrere Wochen lang Tunnelwasser statt des Wassers aus der Stadt („das ist tot“) bekommen und hätten sich merklich besser gefühlt, steht auf einer Schautafel neben dem Teich.
Über eine Kontrollgruppe oder Ähnliches steht kein Wort.
Ein Wiener namens Andreas behauptet auf der Homepage der „Pyramiden“-Stiftung gar, das Wasser habe seinen Prostata-Tumor geheilt.
„Ihr könnt das Wasser auch im Souvenirshop kaufen“, sagt Dženana. „Wir füllen es in schwarzen Flaschen ab, damit es sich fühlt wie in seiner natürlichen Umgebung im Tunnel. Damit vergisst es seine Informationen nicht so schnell.“
Es übertrage auch seine Informationen auf anderes Wasser. „Man muss nur einen Tropfen dazu gießen und schon teilt das gesamte Wasser seine positiven Eigenschaften.“
Also nicht ganz so magisch wie Grander-Wasser, schießt es mir durch den Kopf. Dort reicht’s, wenn es vorbeifließt.
Nach zwei Stunden kommen wir ins Freie. Die halbe Reisegruppe stürzt in den Souvenirshop.
Ich suche Alen. Er ist mein Reiseführer für den Rest der Tour und hat mich aus Sarajevo hergefahren.
Auf dem Weg zum Auto komm ich an den Ständen in der Nähe des Tunneleingangs vorbei. Kristalle werden hier verkauft, energetisch oder nicht, Schaffelle und Lederwaren aus der bekannten Lederindustrie von Visoko und Holztafeln mit Bildern von Maja-Stufenpyramiden drauf.
So sollen laut Sam Osmanagić die „Pyramiden“ von Visoko früher ausgesehen haben.
Bevor er die „Pyramiden“ „entdeckte“, hat sich Osmanagić jahrelang mit Maja-Mythologie beschäftigt. Zwei Jahre vor dem „Fund“ von Visoko veröffentlichte er in Bosnien auch ein Buch mit dem Titel „Die Welt der Maja“.
Hält einen Standbetreiber nicht davon ab, sein Geschäft „Kod Faraona“ zu nennen. „Beim Pharao“. Hotels und Restaurants in der Gegend verwenden lieber Bilder der Pyramide von Gizeh oder auch mal ein Konterfei Tut-Anch-Amuns.
Als ich ein Foto von einem Souvenirhändler mache, setzt der sich einen Hut auf, bevor ich abdrücken darf. Ganz wie Osmanagić, der nie ohne Hut auftritt. Vermutlich nicht zufällig erinnert sein Auftritt an Indiana Jones.
„Wie hat’s dir gefallen“, fragt mich Alen. „Nicht uninteressant. Aber viel Esoterik“, sage ich wahrheitsgemäß.
„Ja, da hast du Recht. In den letzten Jahren hat sich Osmanagić sehr viel mit diesen Leuten abgegeben. Es kommen immer mehr von denen hierher. Das ist schade. Das hat doch nichts damit zu tun. Es macht alles kaputt, was er entdeckt hat.“
Diese Kritik hört man auch von Sympathisanten nicht nur vereinzelt.
Dabei lebt die kärgliche Tourismusindustrie rund um Visoko vor allem von den Esos. Archäologen, Geologen und Historiker und historisch ernsthaft Interessierte kommen seit einem Jahrzehnt kaum mehr.
Für die Wissenschaft ist Osmanagićs These von den „Pyramiden“ eindeutig widerlegt. Den Esoterikern ist das egal.
Nur kommen selbst die nicht so zahlreich wie Osmanagić und Fans hoffen. Geld lassen sie auch wenig hier. Einmal Mittagessen in Visoko, Souvenirs um fünf oder zehn Euro und ein, zwei Übernachtungen im nahe gelegenen Sarajevo. Und wieder heim. Mehr gibt’s hier auch nicht zu tun.
Der deutsche Psychologe und Journalist Sebastian Bartoschek geht davon aus, dass die „Pyramiden“ der Region weniger Geld einbringen als erhofft. „Viele Touren, die etwa von Sarajevo aus nach Visoko führen sollen, finden gar nicht statt, weil es zu wenige Teilnehmer gibt“, schildert er seine Erfahrungen.
Der Einzige, der profitiert, ist Osmanagić. Die Karte für die Führung durch die Tunnel kostet 20 bosnische Mark. Das sind zehn Euro, für Bosnien ein stolzer Preis. Offiziell fließt das Geld in eine gemeinnützige Stiftung, die weitere Grabungen finanzieren soll.
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