Wer gelegentlich das Magazin “brand eins” liest, der sollte mal in die aktuelle Januar-Ausgabe schauen: Zwei prominente Kritiker der Lebensmittelindustrie, der “Foodwatch”-Chef Thilo Bode und der Chemiker Udo Pollmer, treffen sich dort zu einem Doppelinterview. Viel Kontroverse darf man nicht erwarten, sind sich doch die beiden Gesprächsteilnehmer inhaltlich viel zu nahe, um aufeinander loszugehen. Aber dafür ergänzen sie sich schön in ihrer Kritik an den Produktions- und Marktbedingungen für Lebensmittel.

Bode schießt sich auf den europäischen Fleischmarkt ein, der “derart intransparent (ist), dass es hier keiner kriminellen Energie bedarf, um zu betrügen. Gleichzeitig ist es sehr schwer, erwischt zu werden, weil die Anbieter von Gammelfleisch sich mit ihren Abnehmern einig sind – schließlich profitieren beide. (…) Aufgedeckt werden solche Fälle daher nur, wenn mal der Lastwagenfahrer oder der Lehrling petzt.” Pollmer assistiert, die regional organisierte Lebensmittelüberwachung sei eine Fehlkonstruktion, weil für die Lokalpolitik im Zweifelsfall der Erhalt örtlicher Arbeitsplätze Priorität habe.

Gute Noten bekommt der schweizer Einzelhandel. Bode: “Der Coop-Konzern hat dort fast sein gesamtes Sortiment mit einem Farbsystem ausgestattet: Grün steht für Bio, Blau ist die Coop-Eigenmarke, Rot Schweizer Qualität, und Rosa ist Discount-Qualität, bei der alles erlaubt ist, was nicht verboten ist. Man kann dort also ein Kilo Hähnchenschenkel für 20 FRanken genauso wie für acht Franken kaufen – weiß aber, welche Qualität sich jeweils dahinter verbirgt.” Das klingt nach eine Orientierungshilfe, die ich mir für deutsche Supermärkte auch wünschen würde.

Das Gespräch ist bei “brand eins” online noch nicht freigeschaltet. Das dürfte irgendwann nach Erscheinen der Februar-Ausgabe passieren. Wahlweise kann man natürlich auch 7,60 Euro investieren und die gedruckte Ausgabe kaufen. Darin gibt es, nebenbei bemerkt, auch ein Interview mit dem Berliner Kriminologen Frank Robertz über Gewalttäter. Was der Forscher auf vier Seiten so detailliert wie nüchtern zu berichten weiß, hat mehr Gehalt als die gesamte deutsche Polit-Debatte der letzten Wochen. Aber das wäre jetzt ein ganz anderes Thema.