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Ernüchterung auf dem re:publica-Kongress: Das Patentrezept zum Geldverdienen durch Bloggen wurde heute wieder nicht gefunden.

Für hoffnungsfrohe Autoren, die mit ihrem persönlichen Blog Geld verdienen wollen, gibt es aus Berlin schlechte Nachrichten satt. Die Blogger und Werbevermarkter, die heute hier zum Thema referierten, konnten kaum von Erfolgen berichten. Blogger Don Dahlmann, dem das ambitionierte Werbenetzwerk Adical eine Handvoll Werbekunden vermittelte, hat damit nach eigenen Angaben nur um die 400 Euro verdient. Adical insgesamt habe bisher 250.000 Euro Umsatz erwirtschaftet, sagte dessen Mitgesellschafter Sascha Lobo auf demselben Podium. Leider seien die Kunden aber fast nur am “Premium”-Blog Spreeblick und am Journalisten Stefan Niggemeier interessiert gewesen. Die Nachwuchs-Blogger tröstete Remo Uherek vom schweizer Vermarkter “Trigami” mit der Aussicht, für die Rezension eines Socken-Versandes zwischen 10 und 150 Euro Honorar zu erhalten. Für die “Kleinen” gibt es eher die 10 Euro, aber die Socken dürfen sie natürlich behalten.

Will man als Autor solche Kontakte?

Dahlmann, der früher gegen Bezahlung wochenlang einen neuen Opel fuhr und darüber bloggen musste, bereut das heute. Er würde sowas nicht nochmal machen, so Dahlmann. Die Opel-Texte empfinde er mittlerweile als “Fremdkörper in meinem Blog”. Einen Vermarkter, der seine Blogs ganz klassisch mit traditionellen Werbebannern bestücke, habe er allerdings auch noch nicht gefunden.

Einig war sich das Podium in der Einschätzung, dass sich auch mit dem so genannten Affiliate-Marketing, bei dem man an Verkäufen der Werbekunden prozentual beteiligt wird, nichts verdienen lässt. Aus dem Publikum meldete sich dazu Peter Hogenkamp vom schweizer Blogwerk zu Wort (hier bei sich selbst live gebloggt): Per Affiliate habe man für Apples “MacBook Air” geworben. Aus 300.000 Einblendungen habe sich nicht ein einziger Verkauf ergeben. Daher null Provision.

Der einzige, der dieser Art des Mikroverdienes etwas Positives abgewinnen konnte, war Robert Basic. Seine skurrile Argumentation: Wer Hartz IV-Empfänger sei und netto nur 100 Euro Bargeld zur Verfügung habe, der könne mit Bloggen bestimmt noch 50 Euro monatlich dazuverdienen und habe damit sein Barvermögen doch schon um 50 Prozent gesteigert. Willkommen im Wunderland der Verrückten Blogger!

Für diejenigen, die ihre Zukunft nicht unbedingt in Hartz IV sehen, gibt es immerhin denn doch noch einen Hoffnungsschimmer: Don Dahlmann hat über seine diversen Blog-Aktivitäten neue Kontakte machen können. Weil seine Schreibe gefiel, kamen Auftraggeber auf ihn zu, gegen Honorar bei ihnen zu schreiben. Das Blog als Referenz auf der Suche nach Auftraggebern – auch ein Geschäftsmodell!

Live-Streams von der re:publica
aus dem Hauptsaal
aus dem Workshopraum 1
aus dem Workshopraum 2

Kommentare (3)

  1. #1 Soziobloge
    April 3, 2008

    Am Anfang hat man Blogger mal als unkommerzielle und subjektive, sowie verlässliche Quelle gesehen. Eine Art Gegenpol zu den kommerziellen Medien. Was bleibt davon noch wenn dieses Medium auch kommerzialisiert wird? Das muss doch zu einer Berichterstattung führen, die auf Themen aus ist, die entsprechenden Traffic bringen und somit Einnahmen. So jedenfalls meine Vermutung. Das die Kommerzialisierung bisher gescheitert ist, sehe ich daher als Glücksfall an.

  2. #2 Fischer
    April 4, 2008

    *Das Blog als Referenz auf der Suche nach Auftraggebern – auch ein Geschäftsmodell!*

    “Auch”? Das einzige sinnvolle. Der Rest ist doch Augenwischerei, was man sehr schnell merkt, wenn man sich selbst mal in Gedanken mit 50.000 Euro Werbebudget ausstattet. Ich sehe schlicht kein Argument, weshalb ich einen Teil davon in Blogs stecken sollte. Das ist einfach die harte Wahrheit.

    Trigami finde ich aber durchaus positiv, wenn man nicht davon abhängig ist. Ich habe bis jetzt ca. drei Dutzend Aufträge abgelehnt und dafür zwei gemacht, auf die ich Bock hatte. Spaß gehabt, Geld dafür bekommen, was will man mehr?

  3. #3 Stefan Jacobasch
    April 4, 2008

    Niemand sollte zwanghaft versuchen, mit seinem Blog Geld zu verdienen. So habe ich die gestrige Diskussion auch nicht verstanden. Es ging nur darum, potenzielle Möglichkeiten aufzuzeigen, WENN jemand beschließt, mit seinem Blog Einnahmen zu erzielen. Und diese Möglichkeiten sind eben gering für jene, die “nur” ein privates Blog mit ihren persönlichen Gedanken füllen. Die Chancen steigen, wenn in fachbezogenen Blogs zu fest umrissenen Themen gebloggt wird.

    Für Wissenschaftler ist ein Blog dagegen eine ideale Möglichkeit der Eigen-PR. Über die eigene Arbeit bzw. das eigene Fachgebiet zu bloggen, kann einen in der wissenschaftlichen Community bekannter machen. Es ist sicher keine allzu gewagte Vorhersage, von einer wachsenden Zahl bloggender Wissenschaftler in den nächsten Jahren auszugehen. Bisher zählten fast ausschließlich die Veröffentlichungen in Fachpublikationen. Das dürfte sich ändern.