Bier verlängert jetzt das Leben. Genauer: Es wird künftig das Leben verlängern können. Noch genauer: Studenten hoffen, Bier werde dies eines Tages tun. Oder so ähnlich…

Auf “heise.de” lese ich gerade “Gerstensaft mit Anti-Aging-Wirkung”. Im Teaser heißt es

“Studenten haben im Rahmen eines Wettbewerbs eine Biersorte geschaffen, deren Hefe den potenziell lebensverlängernden Stoff Resveratrol absondert.”

Klickt man aber die komplette Meldung an, liest man über die Studenten:

“Sie versuchen, eine Hefe zu erzeugen, die den im Rotwein enthaltenen Wirkstoff Resveratrol, dem die Alterung verlangsamende Fähigkeiten nachgesagt werden, auch in den Gerstensaft holt.”

Zwischen “haben … geschaffen” und “versuchen” besteht ein gewisser Unterschied. Die Tatsache aus dem Teaser verwandelt sich im Text in eine Absicht, eine Hoffnung, eine bloße Ankündigung, etwas erreichen zu wollen. Schade, dass die Redaktion dies nicht zu unterscheiden weiß.

Die eigentliche Langfassung bei “Technology Review”, dem Magazin für den tapferen Techno-Optimismus, liest sich aber auch zu euphorisch. Sie nimmt das angestrebte Ziel bereits vorweg: “Das Ergebnis nennt sich “BioBeer” – das Bier mit der gesundheitsfördernden Wirkung.” Was an dem geplanten Gebräu “Bio” sein könnte, das fragt die Autorin nicht. Aber so kleinlich darf man heutzutage, in den Zeiten des Journalismus 2.0, wohl nicht mehr sein.

Die wohl wichtigste Aussage steht etwas beiläufig eingeflochten etwa mittig im Artikel:

“Die Idee eines Resveratrol-Biers sei potenziell gut, meint Leonard Guarente, Professor am MIT, der Experte für den Wirkstoff ist. Das BioBeer-Team müsse allerdings beweisen, dass er tatsächlich bioaktiv sei.”

Ja, so ein Beweis wäre wohl nett. Und dann würde daraus vielleicht auch eine Nachricht.

Kommentare (8)

  1. #1 Chris
    November 18, 2008

    Das erinnert mich an eine unserer Idee (aus den Inkubationspausen), GFP in Hefen zu klonieren und dann cooles, “leuchtendes” Bier zu brauen.
    Vielleicht macht heise da auch ne Meldung draus?

    [Ja, es leuchtet nur unter UV und ja, GVOs dürfen nicht konsumiert werden und brauchen ein S1 Labor, deswegen war es ja nur ne Idee]

  2. #2 Argent23
    November 18, 2008

    Das meldenswerte an dieser Story ist eigentlich nicht die Machbarkeit der Idee, sondern eher wer das machen will und in welchem Rahmen.
    Seit ein paar Jahren wird der Wettbewerb zur synthetischen Biologie iGEM (International Genetically Engineered Machine competition) durchgeführt, bei dem Teams mit Ingenieurslösungen biologische Maschinen bauen sollen, zusammengesetzt aus definierten biologischen Genbausteinen (BioBricks und die Registry of Standard Biological Parts). Das tolle daran ist, dass immer mehr Teams mitmachen (dieses Jahr 1200 Leute in 84 Teams) und dass die Teilnehmer keine etablierten Forschergruppen sind, sondern meistens Studenten und Schüler (!). Zwei der diesjährigen Preise gewann ein Team von Schülern der Abraham Lincoln High School in San Francisco unter Betreuung der Uni San Francisco.

  3. #3 Peter Artmann
    November 18, 2008

    Jetzt also das Bier …

    Da dürfte es doch nicht mehr lange dauern, bis wir von Masterfood den Resveratrol angereicherten Snickers-Riegel bekommen

    oder von

    Chio

    die Resveratrol angereicherten Chips

    oder vom Bäcker nebenan

    die Reveratrol angereicherte Schwarzwälder Kirschtorte

    oder

    den Resveratrol angereicherten Jägermeister …

    und alles macht jung und gesund

    … da mach ich mir doch fast in die Windel!

  4. #4 Stefan Jacobasch
    November 18, 2008

    “… da mach ich mir doch fast in die Windel!”

    Aber nicht doch, gegen Inkontinenz gibt´s bestimmt auch schon ein Getränk! 😉

  5. #5 Tobias
    November 18, 2008

    @Argent23
    Merci, jetzt muss ich schon nichts mehr dazu schreiben. Habs vor mir her geschoben, und im Fischblog war auch schon ein Artikel.
    Finde die Biobricks Technik ja eigentlich überschätzt. So schön synthetische Biologie oder “echtes” Bioengineering auch klingt.

  6. #6 Anhaltiner
    November 19, 2008

    @Tobias

    habe mir deinen Link mal angeschaut und in der Liste der “Open-Source-Genetik” etwas gestöbert. Das erinnert mich irgendwie an die Zeit als ich mit Basic-Handbüchern erste Computerprogramme geschrieben habe. Und was aus einfachen DOS-Programmen im Laufe der Zeit geworden ist, ist ja schon gigantisch. wenn die Biobricks eine ähnliche Entwicklung nehmen, dann unterschätzt du sie gewaltig. Vieleicht sind ja die Schüler die heute daran arbeiten die Nobelpreisträger von morgen. Die Zukunft und viel Forschung wird es zeigen.

  7. #7 Argent23
    November 19, 2008

    @ Tobias
    Ja, für nen Molekularbiologen sind die synthetische Biologie und BioBricks nicht so herausfordernd. Der Gedanke von Drew Endy vom MIT (super Interview mit ihm beim Futures in Biotech Podcast) ist aber, dass es eigentlich keinen Ingenieurszweig der Gentechnik gibt. Bisher muss jeder Ansatz von Grund auf neu überlegt werden und braucht Spezialisten für die Durchführung. Er bringt da auch ein ähnliches Beispiel wie Anhaltiner hier: Die Elektronik hat in den letzten 50 Jahren vor allem deshalb so abgehoben, weil Bastler in ihrer Garage auf separat funktionierende, definierte Bauteile zurückgreifen konnten. Und genau das soll mit der Registry of Standard Biological Parts für Gene gemacht werden. Obs da auch mal was mit Bastlern in ihrer Garage geben wird weiß ich nicht, aber wie der iGEM Wettbewerb zeigt, ist eine umfassende molekularbiologische Vorbildung schon heute nicht mehr nötig.

    @Peter Artmann
    So blöd und nervig das auch ist, aber wenn Leute wie Leo Guarente eine Lebensverlängerung von 20-30 Jahren versprechen, dann muss jeder Lebensmittelproduzent Resveratrol in seine Produkte hauen. Das wird unvermeidlich sein.

  8. #8 Tobias
    November 19, 2008

    Ja, ich sehe ja auch die Parallelen zur Elektrotechnik. Ist auch ein echt schöner Gedanke. Standard parts list, biologische Funktionen am Computer zusammenklicken, das richtige “Chasis” (also host Organismus) wählen, und fertig ist der Designorganismus.
    Biologie aber eben nur bedingt technisch und es sind viel mehr Faktoren die eine Rolle spielen als nur ein paar genetische Schaltkreise.

    So einheitlich ist die standard parts list dann übrigens auch nicht. Das zeigt zum Beispiel, das viele Teams der iGEM ihre eigene Standard parts list benutzen, Biobricks ist nur eine von vielen. Eben weil es nicht so einfach ist, vereinheitlichte Parts zu generieren und zur Verfügung zu stellen.

    Weiter hat Biobricks Qualitätsprobleme und mit dem Geld sieht es wohl auch nicht gerade gut aus. Aber stimmt, Drew Endy gibt gute Interviews.