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Wer noch einen Grund suchte, beim Einkauf zum Öko-Ei zu greifen, der bekommt ihn jetzt: In Ökohaltung gefundene Bakterienstämme sind viel seltener resistent gegen Antibiotika als jene aus konventioneller Haltung.

“Bio-Hühner” beim Sandbad. Foto: Carmen Fahn / TUM

Tierhygieniker der Technischen Universität München (TUM) waren der Frage nachgegangen, ob Hennen und Eier vom Biohof keimbelasteter sind als die aus konventionellen Betrieben. Immerhin unterliegt der Arzneimitteleinsatz in der Ökohaltung starken Beschränkungen. Konventionelle Eier-Erzeuger warnen daher gern vor einem angeblich größeren bakteriellen Risiko der Bio-Konkurrenz.

Die Forscher besuchten je zehn verschiedene Biobetriebe und zehn konventionelle jeweils viermal, im Abstand von vier Monaten. Per Wattestäbchen nahmen sie jeweils einen Kloakenabstrich von zehn Legehennen und sammelten zusätzlich zehn Eier nach dem Zufallsprinzip ein. Die Untersuchung der 800 Tupfer und 800 Eier zeigte eine nur geringe Belastung durch Salmonellen und Listerien – und zwar bei Öko- und konventionellen Betrieben gleichermaßen. Kein einziges Ei war im Inneren mit Salmonellen verseucht.

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Von links nach rechts: Salmonellen, Campylobacter und Listerien auf Nähragar (oben) und unter dem Mikroskop (unten) . Foto: Barbara Dörr / TUM

Untersucht wurde auch die Resistenz der Bakterienstämme gegen 31 verschiedene Antibiotika aus der Tier- und der Humanmedizin. Das Ergebnis, veröffentlicht in “Zoonoses and Public Health”: In Öko-Betrieben lag der Anteil antibiotikaresistenter Bakterien signifikant niedriger als in konventionellen Betrieben.

Fazit der Forscher in ihrer Pressemitteilung (PDF) : “Somit leistet die ökologische Tierhaltung nicht nur einen Beitrag zum Tierschutz, sondern trägt darüber hinaus auch wesentlich zur Sicherung der weiteren Wirksamkeit von Antibiotika bei Mensch und Tier bei.”

Update: Die folgenden Tabellen beziehen sich auf die Diskussion unten.

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Kommentare (7)

  1. #1 Fischer
    Mai 19, 2009

    Hi Stefan,

    wurde bei der Studie auch die Betriebsgröße berücksichtigt? Und: Was genau heißt “Bio” hier?

    Lars

  2. #2 MSmith
    Mai 19, 2009

    Waren die konventionell produzierten Eier aus Käfig-, Boden- oder Freilandhaltung?
    Dass nur die Eier von jeweils zehn Betriebe untersucht wurden, erscheint mir überhaupt als etwas wenig.

  3. #3 Stefan Jacobasch
    Mai 19, 2009

    Die TUM hat mir folgende Details mitgeteilt (aus technischen Gründen habe ich die entsprechenden Tabellen oben in den Beitrag eingebaut):

    Die Auswahl der ökologischen Legehennenhaltungsbetriebe erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Wirtschaftslehre des Landbaues der TU in Freising-Weihenstephan. Es wurden 9 ökologisch wirtschaftende Legehennenhaltungsbetriebe in den Regierungsbezirken Oberbayern, Schwaben und Niederbayern aufgrund ihrer Zugehörigkeiten zu einem der genannten Anbauverbände (Bio-Suisse, Bioland oder Naturland) und einer Betriebsgröße von mehr als 1000 Hühnern ausgewählt. Als 10. ökologischer Betrieb und zugleich Referenzbetrieb für die ökologische Legehennenhaltung diente das Versuchsgut Viehausen der TU München. Eine Übersicht über Landkreis, Größe und Haltungsform der teilnehmenden ökologischen Legehennenhaltungsbetriebe gibt Tabelle 1.

    Die Auswahl der konventionellen Legehennenhaltungsbetriebe erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Tiergesundheitsdienst Bayern e.V.. Ausgewählt wurden vom Tiergesundheitsdienst Bayern betreute Betriebe mit Boden-, Volieren-, Käfig- und Freilandhaltung im Raum Oberbayern, Niederbayern und Schwaben, hinzu kamen die Legehennenhaltungen der Versuchsstation Thalhausen der TU München sowie des Lehrstuhl für Tierschutz, Verhaltenskunde, Tierhygiene und Tierhaltung der Tierärztlichen Fakultät der LMU München.
    Bei den teilnehmenden konventionellen Haltungsbetrieben wurde der Betrieb 7 aufgrund seiner Umstellung von konventionellem auf ökologisches Wirtschaften für den Probennahme-Zyklus III und IV durch den Betrieb 12 ersetzt. Für Betrieb 9 wurde zur Untersuchung im Probennahme-Zyklus II als Ersatz Probenmaterial des Betriebs 11 verwendet. Eine Zusammenstellung der teilnehmenden konventionellen Betriebe zeigt Tabelle 2.

  4. #4 Fischer
    Mai 19, 2009

    Hm, Danke. Ich wundere mich fast ein bisschen, dass die Bio-Höfe systematisch größer zu sein scheinen als die konventionellen Anlagen.

  5. #5 Alexander
    Mai 20, 2009

    Erstmal finde ich das natürlich immer super, wenn wir die Verwendung von Antibiotika ganz allgemein soweit wie möglich vermeiden können. Eben vor allem weil dadurch das Entstehen resistenter Bakterienstämme vermieden wird.
    Bei dieser Studie hätte ich dann aber doch ganz gern gewusst, wie groß denn der Unterschied zwischen den beiden Haltesystemen ist. Sowohl die Pressemeldung als auch der Abstract des Papers vermelden leider nur, dass bei Biohaltung signifikant weniger resistente Bakterien gefunden wurden, der Abstract gibt auch den p-Wert an. Aber wieviel weniger wars genau? Um ehrlich zu sein: Bei einem großen Unterschied wären die Zahlen wohl im Abstract gestanden, ich tippe also eher auf einen nur kleinen (trotzdem signifikanten) Unterschied. Leider kann ich das nicht nachprüfen, ich komm an den Volltext nicht ran. Kann da jemand anderes reinlesen? Stefan, kannst du das eventuell über den Kontakt zur TUM rausfinden?

  6. #6 Stefan Jacobasch
    Mai 20, 2009

    @Alexander: Die Veröffentlichung geht im Wesentlichen auf eine Dissertation zurück, die Du über den Server der Deutschen Nationalbibliothek abrufen kannst (PDF). Darin sind die Resistenzen für alle 31 Antibiotika bis ins Detail aufgeschlüsselt. In der Mehrheit schnitten die Öko-Proben besser ab, in Einzelfällen aber auch (wie zu erwarten) schlechter. In einigen Fällen weist die Autorin darauf hin, dass die geringe Zahl von Proben keine statistischen Aussagen erlaubt. Diese Kleinteiligkeit in einem kurzen Text auszubreiten, erscheint mir schwer möglich. Das Fazit der Arbeit aber ist insgesamt nachvollziehbar und richtig.

  7. #7 Alexander
    Mai 20, 2009

    @Stefan: Super, danke für den Link zur Doktorarbeit! Da wurden ja mehrfach sehr große Unterschiede in den Resistenzen festgestellt. Oftmals von ~20% auf unter 10%. So ein Resultat ist doch eigentlich sehr gut, warum hat man das nicht in den Abstract gestellt? Das war einfach meine Befürchtung – zu der eigentlich unwichtigeren Aussage, dass überall vergleichbar wenige Bakterienbelastungen zu finden sind, gibt es Prozentzahlen, bei der spannenden Beobachtung, dass es bei Biohaltung weniger resistente Bakterien gibt aber nur die p-Werte? Du verstehst hoffentlich, warum bei mir da die Alarmglocken angehen. Ich hatte da einfach mit (immer noch signifikant unterschiedlichen) sehr kleinen Unterschieden gerechnet. Ich hätte jedenfalls gerade bei solch guten Zahlen eher das in den Abstract aufgenommen.

    Und ich gebe dir auch vollkommen Recht (noch wollte ich das anzweifeln), die Arbeit an sich ist sicher nicht fehlerhaft, sie ist für eine Doktorarbeit sogar sehr ausführlich.