Beim aktuellen Medizinthemenvergleich hat diese Woche der Focus die Nase vorn.


Während es im Spiegel noch nicht mal einen Arzscht der Woche gibt, erfahren wir im aktuellen Focus, dass solche Fälle in Zukunft weniger wahrscheinlich werden, weil viele Mediziner das Weite suchen.

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Und zwar in zweifacher Hinsicht:
Erstens, weil sie als Hausärzte nicht mehr auf dem Land praktizieren wollen (Landflucht S. 12).
Zweitens, weil viele Ärzte aus dem “Zwangssystem der Kassenärztlichen Versorgung” ausbrechen wollen (S. 34-35).
 
(Als dummer Kassenpatient kann man zwar gar nicht richtig einschätzen, wie schwer das Leben eines Mediziners ist. Doch wer glaubt, das würde an den schwer einzuprägenden Schlüsselnummern für die abzurechnenden Leistungen liegen, tippt falsch. Die meisten Mediziner beklagen nachträglich gewährten Rabatt von Krankenkassen für bereits geleistete Behandlungen.)

Der zweite Fall erstaunt jedoch etwas, weil der Ausbruch aus dem “Zwangssystem der Kassenärztlichen Versorgung” (dieses Zitat aus dem Artikel muss ich einfach noch mal verwenden) ausgerechnet von der mitgliederstärksten Kasse der BRD initiiert wird: der AOK und zwar von Christopher Hermann, der den Landesverband Baden-Würtemberg anführt.

Aus Patientensicht muss man die Versuche skeptisch beäugen. Selbst wenn daraus positive Neuerungen wie Abendsprechstunden entstehen können, geht es den ausstiegsinteressierten Medizinern in erster Linie nur um mehr Geld.
Geld, das in die Praxis hineinkommen soll, durch eine Gleichstellung von Privatpatient und Kassenpatient (gleiche Rechnungshöhe) oder einen zusätzlichen Aufschlag für qualitativ hochwertige Behandlungen (dafür dann auch der an anderer Stelle viel zitierte Ärzte-TÜV).

Ob solche Etiketten wirklich zu besseren Behandlungsmethoden führen (nehmen sich Ärzte bei besserer Bezahlung mehr Zeit, als die obligatorischen acht Minuten, auf die man häufig mehr als eine Stunde warten muss?) bleibt abzuwarten.

Sollten tatsächlich viele Ärzte aus dem System ausbrechen, würde man als Erstes eine Einschränkung des Behandlungsangebots bemerken, da viele Ärzte für Kassenpatienten nicht mehr zur Verfügung stehen würden (ausgenommen natürlich die Patienten, deren Kassen eine Sondervereinbarung mit den entsprechenden Medizinern getroffen hat).

Ob eine solche Entwicklung wünschenswert ist, sei mal zur Diskussion gestellt.

Genau wie man sich über das „Zwangssystem der Kassenärztlichen Versorgung“ unterhalten kann. Sicherlich sind diese auf Länderebene agierenden Organisationen schwerfällig, selbstgerecht und extrem unbeweglich aber – nichtsdestotrotz sind sie die Basis unseres deutschen Gesundheitssystems und der Garant dafür, dass sich hierzulande nicht nur reiche Menschen Operationen leisten können.

Zuletzt zur Meldung über die Unglückspillen (S. 100-101)
 – Neu ist das nicht.
Der Bericht behandelt einen Fall von Selbsttötung, den der hinterbliebene Ehemannes auf die Verschreibung von Zoloft zurückführt.
Zoloft ist ein angstlösendes Antidepressivum, das zur Klasse der SSRI-Medikamente gehört und das bereits seit 1991 auf dem amerikanischen Markt erhältlich ist.
Den Zusammenhang zwischen erhöhter Selbsttötungsneigung und Zoloft haben britische Psychiater bereits im Jahr 2003 beobachtet. Damals ging es jedoch um insgesamt sieben Wirkstoffe, von denen seitdem sechs nicht mehr an unter 18-jährige verschrieben werden dürfen.

Tatsächlich haben viele Antidepressiva ein erhöhtes Suizidrisiko. Die Ursache liegt in der Antriebsschwäche von vielen Depressiven, die lebensmüde sind, jedoch glücklicherweise nicht die Kraft haben, um ihr verqueres Denken umzusetzen.
Wenn in einer solchen Phase das falsche Antidepressivum verschrieben wird, kann das fatale Folgen haben.

Ein gewiss sehr trauriges Thema, aber leider bislang nicht zu vermeiden. Zwar haben manche Antidepressiva in dieser Beziehung ein geringeres Risiko. Aber so sicher, dass man ihren Namen nennen kann, sind sie nicht – wenngleich genau in diesem Zusammenhang – die Bebilderung des Artikels bezüglich zweier Fotos total misslungen ist.