In einer Studie in Nature Neuroscience hat John-Dylan Haynes vom Berliner Bernstein Center for Computational Neuroscience nachgewiesen, dass Entscheidungen für das Knöpfchendrücken im Kernspintomografen (MRT) nicht ganz “frei” geschehen und sich in 60 Prozent aller Fälle vorhersagen lassen.
Das heißt also, die Forscher konnten im Hirnscan ihrer Probanden deren Entscheidung für eine bestimmte Taste erkennen, noch bevor die Testperson von sich aus behaupteten, eine bewusste Entscheidung getroffen zu haben.
Das Experiment ist belanglos und selbstreferentiell, dennoch haben sich alle Leitmedien (Spiegel, Süddeutsche, Focus, Stern, etc.) auf das Ergebnis gestürzt und sofort freudestrahlend den freien Willen beerdigt.
Aber glaubt von den Autoren eigentlich irgendjemand, was er schreibt?
Gerne wird in solchen Fällen auch auf die “bahnbrechenden” Experimente von Benjamin Libet verwiesen, die angeblich schon lange belegen, dass es keinen freien Willen gibt.
Das hört sich dann immer ganz toll belesen an, aber stimmen tut es dadurch natürlich immer noch nicht.
Benjamin Libet hat in seinem Buch Mind Time klargestellt, dass er gar nicht behauptet, es gäbe keinen freien Willen.
Seiner Ansicht nach existiert sehr wohl ein freier Wille, allerdings eher im Sinne eines späten Vetos (nach dem Verstreichen der sogenannten Mind Time).
Man kann sich das so vorstellen, dass Menschen impulsiv eine Entscheidung fällen und diese im entscheidenden Moment (vor der Ausführung) ändern können.
(Tatsächlich werden ja auch nicht alle naslang Schwiegermütter, Ehefrauen, Ehemänner und nörgelnde Chefs erschlagen – obwohl die Fantasien dazu existieren).
Libets Mind Time macht unsere Entscheidungen zwar weniger “frei”, als man es sich wünscht, gleichwohl führt sie vor Augen, dass Menschen von Tieren abstammen, die auch ohne “freien Willen” ganz gut funktionieren.
Dennoch wird dieser zweite Teil von Libet immer wieder unterschlagen. Auch dieses Mal.
Aber warum eigentlich?
Wer profitiert davon und inwiefern wird die Welt besser, wenn man – wider besserem Wissen – einen freien Willen leugnet?
Streichelt es das Ego von Leuten wie Wolf Singer und Gerhard Roth, wenn sie sich auf einem Podium aufbauen können und ihren Zuhörern (die allesamt autonom entschieden haben herzukommen) erklären, sie hätten gar keine andere Wahl gehabt?
Fühlen sich die Referenten dann überlegen, wie ein Arzt der seinen Patienten fragt: Na, wie geht es uns denn heute? Oder fühlen sie sich sogar wie die Psychoanalytiker, die jeden Einwand gegen ihre Lehre als Bestätigung ihrer Zeitverschwendung auffassen (“Sehen sie, er überträgt”).
Brauchen wir die Ideen solcher Leute?
Oder gibt es reale Probleme auf der Welt, die zu lösen sind?
Ist überhaupt irgendetwas an der These “Menschen hätten keinen freien Willen” interessant, lehr- oder hilfreich?
Zwar ist es durchaus möglich, dass Menschen wie Gerhard Roth keinen freien Willen haben. Vielleicht erklärt das auch, weshalb Roth sein Forschungsinstitut in Delmenhorst angesiedelt hat (ein Ort, an den kein begnadeter Jungforscher mit freiem Willen hinziehen würde). Doch den meisten anderen Menschen sollte man einen freien Willen zutrauen.
Sicherlich treffen wir nicht jede Entscheidung unseres Lebens bewusst, doch als Chef über unseren wertvollen Körper, sollten wir immer unseren Geist walten lassen.
Und wenn jetzt erfahrene Neurophysiologen behaupten, dass es so etwas gar nicht geben kann, zumindest noch kein Versuch gezeigt hätte, dass der Geist einen Einfluss auf die Gehirnphysiologie hat … oder anders ausgedrückt:
„Wenn wir darüber hinaus noch etwas Immaterielles, Geistiges annehmen, das den neuronalen Prozessen vorgängig ist und auf das Materielle einwirkt, dann haben wir ein Problem mit den Energieerhaltungssätzen. Das würde die ganze Physik auf den Kopf stellen.” Wolf Singer im Interview mit der SZ vom 25.04.2006)
… dann verweise ich einfach mal auf diesen Versuch im PLOS One.
Eine MRT-Studie von Richard Davidson, die zeigt, dass das Praktizieren einer liebenden Güte Meditation die Gehirnbereiche für das Empfinden von Empathie verändern kann.
Die Versuche wurden mit 16 tibetischen Mönchen und mit 16 zuvor meditationsunerfahrenen Amerikanern durchgeführt.(Ja und das auf dem Foto ist der Dalai Lama, der einzige geistliche Führer, der sich ernsthaft für Neurowissenschaft interessiert – Fotos vom Davidson Versuch 2001 von (c) Jeff Miller).
Die Ergebnisse zeigten, das angeleitetete Meditationen zu einem veränderten Gehirnzustand führten, was die Forscher mit physikalischen Methoden und empirisch bestätigen.
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