Behauptungen über angeblich unerklärliche Fähigkeiten gibt es immer wieder. Egal ob Wunderheiler, Wasserpendler oder Astrologe – meist lässt sich sehr schnell aufdecken, dass in Wirklichkeit an diesen Behauptungen nichts dran ist. Was würde aber geschehen, wenn sich irgendwann mal so eine Behauptung tatsächlich als wahr entpuppt?
Kommunikation mit Außerirdischen, Telekinese oder Aura-Massage: Es gibt keinen Unfug, der so absurd ist, dass ihn niemand glauben würde. Ich bin sicher – ich werde es niemals erleben, dass sich irgendeine dieser Behauptungen bei näherer Untersuchung als wahr herausstellt. Doch prinzipiell wäre es doch denkbar, dass irgendwann mal einer von diesen Wundergläubigen tatsächlich recht hat. Was wäre, wenn jemand versehentlich wirklich einen neuen physikalischen Effekt entdeckt hat, der für uns zunächst wie ein esoterischer Taschenspielerei aussieht?
Randi und Dawkins
James Randi hat eine Million Dollar ausgeschrieben – für denjenigen, dem es gelingt, ein paranormales Phänomen unter wissenschaftlich sauberen Bedingungen zu demonstrieren. In einer Podiumsdiskussion beim Amazing Meeting 2005 wandte Richard Dawkins dazu ein: Es könnte doch sein, dass jemand ein paranormales Phänomen nachweist, das uns nur paranormal erscheint – und nach seiner Entdeckung zum Bestandteil der Physik wird. Dawkins meinte, Randi sollte in diesem Fall seine Million nicht auszahlen müssen. James Randi hielt dagegen: Wenn das tatsächlich geschehen sollte, hätte man etwas Wundervolles, Neues gefunden – und das sei eine Million Dollar sicher wert. Das wirft jedenfalls die Frage auf: Wodurch unterscheiden sich Zauberei und Wissenschaft? Wäre wissenschaftlich bewiesene Zauberei denkbar?
Herr Engard und sein Zauberkristall
Auf www.naklar.at erzähle ich dazu die völlig hypothetische Geschichte von Hans Erngard und seinem Zauberkristall. Die Grundaussage ist simpel: Würde man einen unerklärlich und übernatürlich erscheinenden Effekt nachweisen, könnte man ihn auch untersuchen. Man würde vielleicht zunächst seine Ursache nicht herausfinden, aber man könnte testen, wie statistisch zuverlässig er ist, unter welchen Umständen er auftritt, wodurch er sich verstärken und abschwächen lässt. Mein hypothetischer Herr Erngard besitzt einen Zauberkristall, mit dem er auf mysteriöse Weise Metall aufspüren kann. Angenommen er hat recht: Auch wenn wir keine Ahnung haben, wie dieser Effekt zustande kommt öffnen sich sofort unzählige Forschungsmöglichkeiten, mit denen man den Effekt untersuchen könnte. Was ist es für ein Kristall? Funktioniert es auch mit anderen Kristallen, mit anderen Metallen, mit anderen Personen? Wenn man eine größere Zahl solcher Fragen beantwortet, hat man bereits ein neues Wissenschaftsgebiet eröffnet – und schon ist der Zauberkristall Teil der akzeptierten Wissenschaft. Eines Tages wird dann vielleicht auch der physikalische Grund für seine Wirkungsweise gefunden, und die Zauberkristall-Wissenschaft wird damit Teil der „gewöhnlichen” Physik. Aber das ist gar nicht so wichtig: Einer Beobachtung aus der Biologie, die man (vorerst noch) nicht auf Chemie oder Physik zurückführen kann, wird man die wissenschaftliche Bedeutung auch nicht absprechen, wenn sie sauber beobachtet und dokumentiert wurde.
Wissenschaft gewinnt
Esoterische Behauptungen, die überraschenderweise doch einer kritischen Überprüfung standhalten, müssen zwangsläufig selbst zur Wissenschaft werden. Das liegt am Aufbau der Wissenschaft: Sie ist kein abgeschlossenes System, sie ist darauf ausgelegt, sich ständig zu erweitern und neue Erkenntnisse in sich aufzunehmen. Bei jeder Auseinandersetzung zwischen Wissenschaft und Esoterik ist die Wissenschaft in Wirklichkeit in einer Win-Win-Situation: Entweder die esoterische Behauptung wird widerlegt und die Wissenschaft setzt sich durch – oder die esoterische Behauptung wird überraschenderweise bestätigt – dann wird diese Behauptung ihrerseits zur Wissenschaft.
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