Natürlich nicht! Dass in unserer Welt alles mit allem zusammenhängt ist schließlich nicht neu. Ständig haben wir mit störenden Kräften zu tun, die sich unserem Einfluss entziehen – und die Wissenschaft funktioniert trotzdem. Jeder weit entfernte Stern übt durch seine Gravitation eine Kraft auf uns aus. Würde ich die Bewegung von einzelnen Atomen in einem Gas hier auf der Erde über lange Zeit präzise vorhersagen wollen, müsste ich unermesslich viele störende Einflussgrößen mitberücksichtigen – vom Magnetismus einer Stromleitung in China bis zum Rotation von fernen Monden um ihre Planeten. Natürlich ist das nicht möglich. Und – stört uns das?
Chaos, Chaos überall!
Die Chaostheorie erklärt uns, dass wir mit unserem beschränkten Wissen über die Welt nicht beliebig weit in die Zukunft vorausblicken können. Winzig kleine Einflüsse von außen können dazu führen, dass sich ein kompliziertes System (wie zum Beispiel das Wetter) nach einer gewissen Zeit völlig anders verhält als es sich ohne diese äußeren Einflüsse verhalten hätte. Trotzdem versuchen wir mit großem Erfolg einzelne Objekte zu studieren und dabei äußere Einflüsse zu ignorieren. Wenn ich ausrechnen will, wie lange der Bremsweg eines Autos ist, kümmern mich die Jupitermonde wenig – auch wenn sie einen winzig kleinen Einfluss haben. Ich muss nur wissen, welche Fragen durch Vereinfachungen beantwortet werden können und welche Fragen aufgrund von unvorhersehbaren Störungen unbeantwortet bleiben müssen.
In der Quantenphysik ist es genauso: Verschränkungen zerstören nicht die Vorhersagekraft der Quantentheorie, wir müssen nur etwas vorsichtig sein, wenn wir überlegen, welche Fragen wir beantworten können und welche nicht. Philosophisch betrachtet ist die Quantentheorie aber sicher keine Bedrohung für die wissenschaftliche Methode des Vereinfachens und des isolierten Betrachtens einzelner Objekte.
Die Quantentheorie ist sicher ein ganz besonders faszinierendes Gebiet. Den Ruf, etwas philosophisch ganz grundlegend Neues zu sein, hat sie aus meiner Sicht aber zu unrecht. Sie kommt uns vielleicht seltsamer vor als andere Theorien, doch das liegt nur daran, dass wir nicht durch Alltagserfahrung an sie gewöhnt sind. Keinesfalls möchte ich der Quantentheorie hier ihren Glanz nehmen – im Gegenteil: Eben dadurch, dass man sie verstehen und in Formeln fassen kann, wird sie erst recht faszinierend. Wäre sie bloß eine Sammlung von schwammigen Aussagen über Ganzheitlichkeit, Verbundenheit und Bewusstsein wäre sie vergleichsweise langweilig – und hätte unsere Technologie und unser Leben niemals so verändert wie das in den letzten Jahrzehnten gelungen ist.
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