… oder warum liegt da eigentlich HEU (highly enriched Uranium) rum? Natürliches Uran besteht zu 0,7% aus dem Isotop U235 und zu 99,3 % aus U238. Das erstere lässt sich viel leichter in einer Kettenreaktion spalten und ist daher ein notwendiger Bestandteil sowohl in Kernreaktoren als auch Atombomben. Da im natürlichen Uran nur so wenig U235 vorhanden ist, muss es bis zum nötigen Grad angereichert werden. Kernkraftwerke benötigen ca. 6% angereichertes Uran, Spezialreaktoren, wie z.B. Forschungsreaktoren zur Neutronenproduktion oder U-Boot-Reaktoren laufen mit 20% angereichertem Uran und für eine Atombombe ist es besser, je angereicherter das Uran ist.
Ab 20% spricht man eben von “Highly Enriched Uranium” und das ist in etwa auch die magische Grenze, ab der es atomwaffenfähig wird. Wobei hier “atomwaffenfähig” sehr mit Vorsicht zu genießen ist. Um ein Zitat anzubringen, das ich auf der diesjährigen DPG Tagung gehört habe: “Ich fragte diesen Kerl vom amerikanischen Atomwaffenprogramm in Los Alamos und der sagte: “Anreicherungsgrad? Das ist egal, wir können Ihnen hier aus allem U oder Pu eine Bombe bauen.”” Grundsätzlich heißt das, dass es einfacher wird, je höher der Anreicherungsgrad des Urans ist. Trotzdem bleibt 20% Anreicherung immer noch eine gute Grenze, denn es ist sehr anspruchsvoll und unter 20% werden nur die Amerikaner und Russen die technischen Fähigkeiten haben, um eine funktionierende Bombe zu konstruieren. Alle anderen Länder mit weniger Erfahrung im Kernwaffenbau brauchen HEU.
Aus dem Grund unterliegt HEU besonderer Kontrolle durch die IAEA und deshalb versuchen manche Länder, den Iran davon abzuhalten sich ein (funktionierendes) Anreicherungsprogramm zuzulegen, das solche Konzentrationen erreichen könnte.
Auf der eben schon erwähnten DPG-Tagung fragte Frank N. von Hippel (https://en.wikipedia.org/wiki/Frank_N._von_Hippel) die Anwesenden: “Wer braucht denn angereichertes Uran?” und während ich schon innerlich meine Hand zum “Hallo, hier, ich!” hob, gab er auch direkt die Antwort: “Nur Leute, die Atombomben bauen wollen, brauchen angereichertes Uran. Also wenn wir Atomwaffen auf der Welt abschaffen wollen, dann brauchen wir nur das angereicherte Uran (und Plutonium) abzuschaffen.”
Das wollte ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen, denn eine Atombombe will ich ja sicher nicht bauen, sondern nur tief in Materialien hineingucken , aber der Vortrag ging noch weiter und er zählte auf: “Wir haben mit den Navy-Ingenieuren geredet, die U-Boot Reaktoren mit HEU betreiben und sie sagten, dass es grundsätzlich möglich wäre auch kleine Reaktoren mit nur leicht angereichertem Uran zu betreiben. Außerdem haben wir mit Betreibern von Forschungsreaktoren geredet und die sagten ebenfalls, dass dies nach moderatem Umbauen bei Forschungsreaktoren ebenfalls möglich wäre.” (Dazu ergänzte die Stimme in meinem Hinterkopf “Außerdem gibt es ja noch Spallationsquellen”). Was nun? Gehöre ich als Neutronenforscher also zu den Leuten, die daran Schuld sind, dass es Atombomben auf der Welt gibt?
Ja! Auch wenn ich als Neutronenforscher nur ein kleines Rädchen in der ganzen Mechanik bin (und dazu noch in einem Bereich, der sich eigentlich nur mit den “Abfallprodukten” beschäftigt), bin ich ein Teil des Problems. Ich gehöre zum Imperium, diene der dunklen Seite, rotes Laserschwert und so… da kann man nichts relativieren.
ABER ich bewege mich in die richtige Richtung. Wie Capt’n Jean Luc Picard schon sagte bauen wir Spallationsquellen und tun alles dafür, um in der Zukunft auf Forschungreaktoren verzichten zu können und unsere Neutronen aus anderen Quellen zu bekommen.
Wird das zu einer Welt führen, die frei von atomwaffenfähigem Material ist? Leider nein, denn selbst wenn wir alles HEU der Welt verbraucht haben und kein neues mehr produzieren, dann gibt es immer noch massenweise Plutonium und das loszuwerden, ist noch mal um einiges schwieriger und einen eigenen Artikel wert.
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