Mit Schutz vor Strahlung habe ich grundsätzlich in zwei Varianten zu tun. Die erste ist der Selbstschutz beim Umgang mit ionisierender Strahlung. Ich mache meinen Job zwar sehr gerne, möchte aber sicher nicht meine Gesundheit gefährden und daher fließt ein signifikanter Teil des Arbeitsaufwandes (zurecht) in den Selbstschutz. Die zweite Arbeitsstelle ist die Abschirmung für Detektoren und andere Messelektronik zum einen vor Strahlenschäden und zum anderen vor ungewolltem Hintergrundrauschen. Da beide Arten recht ähnlich funktionieren, kann ich sie hier gut zusammenwerfen und brauche keine großen Unterscheidungen zu machen.
Grundsätzlich spricht man im Strahlenschutz von drei Mechanismen: Abstand, Zeit und Abschirmung.
Abstand: Die einfachste und effektivste Möglichtkeit, etwas vor Strahlung zu schützen, ist Abstand zur Quelle. Die Intensität nimmt quadratisch mit dem Abstand ab, das heißt, wenn ich die Entfernung zur Quelle verdopple, dann beträgt die Intensität nur noch ein Viertel (bzw. wenn ich sie vervierfache nur noch ein Sechzehntel usw.). Also wenn es technisch möglich ist, die Entfernung zu verändern, dann ist dies auf jeden Fall das erste, was man machen sollte. In der Neutronenforschung ist durch die Entwickung von Neutronenleitern für kalte Neutronen sehr viel Gutes getan worden, da man sich die Neutronen exakt dahin holen konnte, wo man sie benötigt.
Zeit: Die Dosis erhöht sich linear mit der Zeit, die ich mich in einem bestimmten Strahlenfeld aufhalte. Wenn ich mich z.B. an einem Ort aufhalte, wo 3µSv/h herrschen habe ich nach einer halben Stunde 1,5 µSv (also 15 Bananen) abbekommen und nach 2 Stunden Aufenthalt eben 60 Bananen. Sowohl die Liquidatoren in Tschernobyl, als auch die Arbeiter in Fukushima durften sich teilweise nur Minuten in gewissen Gebieten aufhalten, bis sie eine bestimmte Dosis überschritten hatten und das Gebiet verlassen mussten (vgl. Abstand), aber das Prinzip ist das gleiche, auch bei kleinen Dosen.
Abschirmung: Erst wenn Abstand und Zeit bestmöglich erfüllt sind, sollte man zu Abschirmung greifen. Je nachdem vor welcher Strahlung man etwas abschirmen will, muss man andere Materialien und Techniken verwenden, weshalb ich dazu eben eine ganze Reihe an Artikeln schreibe. Von Alufolie über Bleiplatten, bis zu Bor-PE und abgereichertem Uran haben die meisten Materialien durchaus ihre Daseinsberechtigung und werden ihren Platz hier finden.
Auch wenn ich in der Überschrift nur von ionisierender Strahlung gesprochen habe, gelten die Grundlegenden drei Prinzipien auch für sog. “Handystrahlung” , Strommasten und in gewissem Maße sogar für Schall und ähnliche Dinge, die mit Strahlung dann wirklich kaum noch was zu tun haben. Das quadratische Verhältniss beim Abstand gilt bei gewissen Antennenformen nicht mehr unbedingt (sie z.B. Abstrahlcharakteristik einer Dipolantenne) aber das grundlegende Prinzip ist das gleiche. Für viele Leute sind Schutzfolien und andere Abschirmungen das erste Mittel der Wahl um etwas vor Handy-, WLAN- oder ähnlicher Strahlung zu schützen. Dabei wird das Pferd allerdings von hinten aufgezäumt und ohne jetzt in Sinn- oder Unsinn von “Angst vor Handystrahlung” einzusteigen, sollten die grundlegenden Schutzmechanismen die gleichen sein wie im allgemeinen Strahlenschutz. Sprich, bevor etwas in Richtung Abschirmung getan wird, sollte man Abstand und Zeit optimieren. Wer Angst vor Handystrahlung hat, sollte das Handy eben nicht in der Hosentasche, sondern im Rucksack tragen, eine Freisprecheinrichtung (mit Kabel) benutzen, um das Ding nicht an den Kopf halten zu müssen und darauf verzichten, wenn es nicht gebraucht wird (Zeit). Diese einfachen Schutzmechanismen helfen wesentlich besser als irgendwelche Abschirmung, egal welcher Art.
PS: Übermorgen kommt: Abschirmung II – Wie schütze ich etwas vor Neutronen?
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