Eine Faustregel im Strahlenschutz ist “Wir warten einfach 10 Halbwertzeiten und dann ist die Radioaktivität abgeklungen.” Das ist natürlich eine grobe Vereinfachung (wie jede Faustregel), hat aber durchaus seine Daseinsberechtigung und hilft immer als erste Abschätzung sehr gut mit aktiviertem Material umzugehen.

Die Idee dahinter ist natürlich, dass die Aktivität nach einer Halbwertszeit auf die Hälfte abgesunken ist, nach zwei Halbwertszeiten auf ein Viertel und nach 10 eben auf 1/2^10 = 1/1024. Natürlich ist die Reduzierung auf ein Tausendstel nicht “weg”, aber für die meisten praktischen Anwendungen ist dadurch die Aktivität unter die entsprechenden Freigrenzen gefallen und damit das Material “vor dem Gesetz” nicht mehr radioaktiv. Falls eine Substanz so aktiv ist, dass auch nach 10 Halbwertszeiten immer noch genug Radioaktivität vorhanden ist (sei es dadurch, dass die Anfangsaktivität sehr hoch war, oder die Zerfallsprodukte wiederum aktiv sind) muss man sowieso eine ausführliche Berechnung machen.

Beispiele: Bei einem Versuch hatten wir uns die Kupferspulen eines Transformators aktiviert (weil er in der Nähe des Neutronenstrahls gestanden hatte), so dass der Trafo zu sehr strahlte und wir ihn nicht mit aus dem Kontrollbereich heraus nehmen durften. Die (infrage kommenden) instabilen Kupfer Isotope haben eine Halbwertszeit von ca. 3,5 und 12 Stunden, so dass nach der Faustformel 5 Tage “Abklingzeit” im Bleikeller nötig waren um ihn freigeben und aus dem Kontrollbereich ausschleusen zu können.

 

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Kommentare (6)

  1. #1 Uli
    19. April 2016

    Wie ist eigentlich die Lage in Fukushima?

    Man liest fast gar nichts mehr darüber. Hat die japanische Regierung jetzt den totalen Informations-Blackout verhängt?

  2. #3 PDDOW
    19. April 2016

    Bleikeller?
    Kellerraum mit Blei drum herum?

  3. #4 Tobias Cronert
    19. April 2016

    @Uli: In Japan gibt es mittlerweile mehrere interaktive Karten mit Realtime-Messwerten. Eine sehr interessante Sache, über die ich sicherlich auch noch mal bald was schreiben werde. https://ramap.jmc.or.jp/map/eng/

    @PDDOW: Na aus Bleibeton statt Stahlbeton *g*. Ne Quatsch (obwohl es das auch gibt)Bleikeller ist so ein Science-Slang Begriff für die alten Teile von Gebäuden, wo das Bier, die stahlenden Stoffe oder die frechen Studenten gelagernt werden. Da haben Physiker dann genug Platz um sich aus Bleiziegeln einen kleinen Bunker zu bauen. Ich hab das auch schon mal Biologen sagen hören, aber da bedeutet das wohl etwas anderes und bezieht sich auf biolog. Gefahrenstoffe.

  4. #5 Turi
    20. April 2016

    Ist denn Blei für solche Zwecke noch frei gegeben oder sind das dann Altbestände? Blei unterliegt ja einem generellem Bann, wo bei es für diverse Anwendungen Ausnahmegenehmigungen gibt.

  5. #6 Tobias Cronert
    20. April 2016

    Es gibt einen generellen Bann für Blei? Was denn für einen? Das ist mir total neu. Für mich ist Blei ein ganz normales Arbeitsmittel, mit dem ich fast täglich (na gut wöchentlich) herumhantiere.
    Ich leck jetzt nicht dran und benutze Handschuhe oder wasche mir nachher die Hände, aber generell ist Blei auf meiner Gefährlichkeits-Hitliste echt weit hinten.