Ich habe gerade einen neuen (alten) Detektor für meine Messungen in Betrieb genommen und da ich ja hier schon einmal des öfteren versprochen hatte, auch über professionelle Detektoren zu berichten, möchte ich die Gelegenheit nutzen, dies an diesem (noch eher einfachen) Exemplar einmal durchzuexerzieren.

Grundsätzlich handelt es sich um einen Neutronen-Detektor. Es ist also darauf ausgelegt, idealerweise nur Neutronen und keine Alpha-, Beta- oder Gamma-Strahlung nachzuweisen. Er basiert auf dem Zählrohr-Prinzip. Das heißt, wir haben eine Kammer, welche mit einem Gas gefüllt ist und die ein Signal abgibt, wenn ionisierende Strahlung auf dieses Gas trifft und dort eben einen Teil des Gases ionisiert. Da diesen Effekt grundsätzlich alle Arten von ionisierender Strahlung hervorrufen können, wir uns aber nur für Neutronen interessieren, benutzen wir als Gas das Helium-3-Isotop. Dieses zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass es eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit besitzt, freie Neutronen einzufangen.

Die Information “hier ist ein Neutron” bekomme ich von der Tatsache, dass dieses eingefangen wurde und ein elektrisches Signal erzeugt hat. Wenn ich nun noch wissen will, welche Energie dieses Neutron hatte, muss ich leider etwas Akrobatik betreiben. Denn egal welche Energie die absorbierten Neutronen haben, sie werden nur ein elektrisches Rechtecksignal auslösen, welches für alle Neutronen die gleiche Impulshöhe hat und diese so nicht voneinander zu unterscheiden sind.

Der Detektor, den ich nun gebaut (bzw. wieder in Betrieb genommen) habe, tut dies gleichzeitig auf zwei verschiedene Arten, TOF und kohärente Bragg-Streuung, welche grundsätzlich voneinander unabhängig sind und so gegeneinander kalibriert werden können. Dabei nutzt TOF (Time of Flight), also die Eigenschaft eines Neutron aus, dass es abhängig von seiner Energie unterschiedliche Geschwindigkeiten hat (im Bereich meiner nicht relativistischen Neutronen simpel nach E=½ m v^2). Das heißt, wenn ich meinen weißen Neutronenstrahl mit einem Chopper in kleine Pulse zerhacke (oder direkt eine gepulste Neutronenquelle benutze), dann kommen Neutronen mit unterschiedlichen Energien zu unterschiedlichen Zeitpunkten an meinen Detektoren an und ich kann direkt von der Zeit, die sie gebraucht haben, um von dem Chopper zum Detektor zu kommen auf ihre Energie zurück schließen.

Methode Nummer 2 nutzt eine besondere quantenmechanischen Eigenschaft der Neutronen, welche dafür sorgt, dass in periodischen Strukturen (Kristallen) Neutronen mit einer bestimmten Energie unter einem bestimmten Winkel reflektiert werden und konstruktiv interferieren. Diese Bragg-Streuung (https://de.wikipedia.org/wiki/Bragg-Gleichung) ist in der Festkörperphysik recht wichtig, weshalb ich da sicher noch mal ins Detail gehen werde, aber an dieser Stelle ist erstmal nur wichtig, dass diskrete, klar definierte Energien unter einem bestimmten Winkel herausreflektiert werden. Ein Kristall, der auf eine solche Art “filtert”, wird Monochromator genannt, da er eine bestimmte Farbe (=Energie) aus dem weißen Neutronenspektrum herausfiltert und wenn ich nun den Monochromator um einen gewissen Winkel drehe, kann ich eine ganze Reihe an verschiedenen Neutronen herausfiltern und abhängig von ihrer Energie nachweisen.

He3Detektor

Wenn man beide Methoden in einem Aufbau kombiniert, sieht das ungefähr so aus. In der realen Ausführung gibt es natürlich noch ein Menge Details zu beachten, aber auch wenn ich versprochen habe, detaillierter zu werden geht doch die Einstellung und Diskriminierung der Zählrohre bis zur digitalen Signalverarbeitung weit über den Umfang dieses Blogs hinaus.

Im Vergleich zu Detektoren (und den entsprechenden Techniken), die an den Großgeräten wie dem Forschungsreaktor Garching FRM-II oder dem CERN eingesetzt werden, ist dieses He-3-Array verhältnismäßig einfach gestrickt und repräsentiert einen Stand der Technik, der vor 10 Jahren zwar veraltet war, aber noch mit dem aktuellen SOTA hätte mithalten können. Heute würde man für eine High-End-Anwendung etwas anderes benutzen, aber für meinen Bedarf ist es nicht nur vollkommen ausreichend, sonden genau das, was ich brauche. Das Preisschild an einem solchen Detektor befindet sich im mittleren fünfstelligen Bereich, wobei man anmerken muss, dass solche Detektoren nicht von der Stange gekauft werden können, sondern einzeln (meist für gezielte Anwendungen) gebaut werden. Hier in diesem konkreten Fall wird der Preis zu einem großen Teil vom sehr teuren He 3 bestimmt, über das ich aber hier auch sicher noch mal ein paar Worte in einem einzelnen Beitrag verlieren werde. (Stichwort: Mondnazis und amerikanische 9/11 Paranoia)

Alle meine Artikel zu Detektoren gibt er hier.

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Kommentare (3)

  1. #1 Robert
    10. Oktober 2016

    Hallo Tobias,
    mich interessiert, ob es bei der Neutronenstrahlung auch so etwas wie den Nulleffekt gibt. Anders gesagt , gibt es natürliche Neutronenstrahlungsquellen.
    Zweitens, lassen sich Neutronenstrahlen im Nachhinein feststellen. Ich denke da an die Bestrahlung von Gewürzen.

  2. #2 roel
    *******
    10. Oktober 2016

    @Robert Lebensmittel werden mit Elektronenstrahlung, Röntgenstrahlung oder Gammastrahlung behandelt.

    https://www.bvl.bund.de/DE/01_Lebensmittel/01_Aufgaben/02_AmtlicheLebensmittelueberwachung/09_BestrahlteLM/lm_bestrahlung_basepage.html?nn=1402010#Start :

    “Ob ein Lebensmittel bestrahlt wurde, kann man mit Hilfe der photostimulierten Lumineszenz feststellen.”

    Siehe auch: https://www.bvl.bund.de/DE/01_Lebensmittel/03_Verbraucher/10_LMBestrahlen/lm_LM_Bestrahlen_node.html;jsessionid=BD18B9D493E97D50F92278B2A3BCE608.2_cid332#doc1402008bodyText4

  3. #3 Tobias Cronert
    10. Oktober 2016

    Es gibt ca. 20 n/h m^2 aus kosmischer Strahlung. Die sind aber meist so hochenergetisch, dass sie nicht ins Gewicht fallen, da sie eine geringe Nachweiswarscheinlichkeit in den Detektoren haben.

    Der Untergrund bei Neutronenmessungen kommt haptsächlich von Gammas und el. Störsignalen.

    Wenn mann den vorher und nachher Zustand kennt, kann man per Aktivierungsanalyse auf die Neutronenbestrahlung zurückrechnen. Wenn man nur den nachher Zustand kennt muss man den vorher Zustand aus der nat. Verteilung extrapolieren. Dann kann man zwar auch eine Aussage treffen, hat aber einen wesentlich größeren Fehler.

    Was Nahrungsmittel angeht, siehe roel. Mir wäre unbekannt dass Gewürze mit Neutronen bestrahlt werden (ich kenne das nur von Kohle und anderen Bergbauprodukten) könnte aber irgendwo existieren.