Ich schreibe einen Blog über ionisierende Strahlung und Radioaktivität mit Artikeln zu Uranmunition, Kernreaktoren, Atommüll(katzen) und Strahlentherapie. Das sollte eigentlich genug Angriffsfläche für wilde Internetdiskussionen mit Atomkraftleuten und elektrosensiblen Aluhutträgern geben, aber nein, die wildesten Diskussionen entstehen beim Thema Bärlappsporen zum Feuerspucken im Kinderzirkus und wenn ich mal von Zeit zu Zeit in einem Artikel das generische Femininum benutze.
Das verwirrt mich ein wenig. Nicht, weil ich es nicht nachvollziehen könnte, sondern vor allem weil ich es nur immer mal wieder sporadisch benutze, wenn mir danach ist und ich eben keine politische Absicht verfolge. Dadurch entstand bei mir das Bedürfnis mich zu rechtfertigen, was eigentlich auch wieder fundamental falsch ist, denn für mein Geschreibsel hier bin ich eigentlich niemandem Rechenschaft schuldig (unbezahltes Hobby und so). Dennoch bin ich etwas sensibel, was Ausdrucksformen angeht. Ich bin der Meinung, dass ich meinen Lesern eine vernünftige Lesbarkeit schuldig bin und ein wenig Zeit in die Überarbeitung meiner Texte, jenseits der Autokorrektur, stecken sollte. Einfach der Höflichkeit und vernünftiger gesellschaftlicher Umgangsformen wegen … und zum Thema Lesbarkeit gehört das generische Femininum eindeutig dazu. Daher werde ich an dieser Stelle einen Disclaimer verfassen, wie und warum ich (manchmal) auf diese Weise hier schreibe, um bei zukünftigen Diskussionen einfach verlinken zu können.
Ich kann die BinnenIs und Sternchen nicht ausstehen. Sie stören meinen Lesefluss und sehen hässlich aus. Gleichzeitig muss ich anerkennen, dass unsere Sprache(n) nur allzu häufig ungerecht ist/sind, wenn es um die Verwendung von Geschlechtern geht. Dazu muss man nicht erst den Hauptmann oder “all men are created equal” bemühen. Ich bin mir auch durchaus bewusst, dass biologisches, identitäres und grammatikalisches Geschlecht durchaus verschiedene Dinge sind und sie nicht unbedingt auf die jeweils anderen schließen lassen. Da ich politisch aber der fundamentalen Meinung bin, dass alle Menschen dieselben Rechte haben sollten, unabhängig von ihrer Frisur, Körpergröße oder ihres Geschlechtes, sehe ich schon ein wenig Handlungsbedarf. Ich haben keinen Anspruch, etwas großartig in diesem Bereich zu verändern (in anderen Bereichen des Lebens sehr wohl, hier nicht), aber ich möchte eben Teil der Lösung sein und nicht Teil des Problems.
Daher bin ich für mich zu dem Schluss gekommen, dass ich von Zeit zu Zeit im generischen Femininum schreibe, bzw. einer Form, die ich für interessant und lustig halte. Meine Argumentation ist, wenn Frauen sich beim generischen Maskulinum angesprochen fühlen (sollen), dann dürfen sich Männer doch auch beim generischen Femininum angesprochen fühlen. Also wende und spreche ich bei allen meinen Texten immer über alle Geschlechter, egal, welche Form ich benutze, es sei denn, ich schreib etwas explizit dazu. Dabei bezeichne ich mich und andere Männer auch ggf. mit dem generischen Femininum z.B. als Doktorandin, ein Begriff, der mich (nach meinen Verständnis) ausdrücklich mit einschließt, es sei denn der Autor behauptet etwas anderes.
Ich bin übrigends sehr gegen diesen ganzen “Gender-Quatsch”. Also Binnen Sternchen, Striche, Is etc. pp. werden mir auf absehbare Zeit nicht ins Haus kommen. Genauso, wie ich mich weigere einen Text nur im Passiv zu schreiben oder konsequent “Schülerinnen und Schüler” zu schreiben. Das finde ich einfach nur abgrundtief hässlich und unpraktisch. Genausowenig Liebe habe ich allerdings dafür, “alles beim Alten” zu belassen, weil “es schon immer so” war. Das generische Femininum finde ich witzig und es gefällt mir, deswegen werde ich es manchmal benutzen, wenn mir danach ist.
Einen positiven Einfluss hat meine Schreibweise jedenfalls schon gehabt… auf mich. Ich hatte letzte Woche bei der Koordination des Mentorin-Programmes TANDEM – Karriereentwicklung für promovierte Natur- und Ingenieurswissenschaftlerinnen, angerufen und nachgefragt, ob ich mich für das Programm bewerben könne und was ich exakt bei einer speziellen Sache machen müsse. Da wurde mir dann gesagt, dass meine spezielle Frage zwar kein Problem darstellt, aber dass ich mich trotzdem nicht bewerben könne, weil es nur für Frauen sei. Ich hatte mich daraufhin entschuldigt und gemeint, dass ich wohl überlesen hätte, aber bei späterer Lektüre ist mir aufgefallen, dass dort nigendswo im Text steht, dass es nur für Frauen ist. Das wurde wohl nur durch die Verwendung des Femininums vorausgesetzt. Worte verändern Denken … und so.
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