Aktuell bin jetzt ich an der RWTH Aachen eingeschrieben und weil unsere Professoren da auch unterrichten, helfe ich beim Unterrichten mit und leite auch Übungsgruppen. Der Inhalt und das Niveau ist das gleiche wie Köln. Kein großer Unterschied.
Wie sieht ihr Alltag aus, so Arbeitszeiten und so Sachen?
Eh ja, Arbeitszeiten gibt es keine! (lachen)
Ja, da musst du dich, wenn du Physikerin werden willst, sofort davon verabschieden. Du hast keine festen Arbeitszeiten. Physik ist eine Berufung und kein Beruf!
Ich mach dann so viel Arbeit, wie es sein muss und oft ist das wesentlich mehr als jemand in einer 40-Stunden Woche machen würde.
Das heißt, die Forschungsreaktoren laufen rund um die Uhr, 24 Stunden am Tag, komplette Woche durch, also auch am Wochenende, auch an Feiertagen, weil diese Zyklen einfach an wesentlich wichtigere Sachen gebunden sind als einen Kalender. Und deswegen macht man die Experimente dann, wenn man Zeit dafür kriegt. Wie ich eben schon erzählt habe, einer meiner Experimenttage an einem Forschungsreaktor kostet ungefähr 15 000 Euro und deswegen kann man sich nicht erlauben, davon nur irgendwas zu verschwenden. Deswegen muss dann gearbeitet werden, wenn man es macht.
Öhm, man muss natürlich ein Ausgleich finden. Jeder der Physik studiert, in der Physik promoviert und das als Job macht, der macht es aus Leidenschaft. Man verdient wesentlich weniger als in der freien Wirtschaft, ist dafür aber direkt am Puls der wissenschaftlichen Forschung und ist da wo es drauf ankommt.
Öhm … Ein normaler Tag bei mir? Den wirklich zu beschreiben ist extrem schwer, denn ich mache jeden Tag etwas anderes. Das geht von so wirklich banalen Sachen wie zum Beispiel ein Lasermesssystem für meinen nächsten Versuch zu bauen. Dabei heißt “bauen” am Computer sitzen und CAD-Zeichnungen machen, damit dann danach runter in die Werkstatt laufen und mit dem Meister absprechen kann, wie er die Dinge bauen kann, damit der das dann fräst und das Material bestellt. Währenddessen muss ich dann den Laser bestellen und so banale Sachen machen wie im Internet nach einem Laserpointer suchen, um eine Auftragsbestätigung unserer Versandabteilung zu schicken.
Ein anderer Durchschnitstag ist halt an einer Konferenz oder einem anderen Austausch mit anderen Physiker teilzunehmen. Also konkret mein Projekt und alles, was wir in diesem HBS-Projekt machen, ist immer ein großes Team, das heißt, man muss sich immer regelmäßig mit andern abstimmen: „Was machst du? Wie kann ich deine Ergebnisse für meine Bauten benutzen?“. Konkret haben wir eine Simulationsgruppe aus Aachen, die machen Computersimulationen und ich treffe mich dann mit denen zum Meeting. Die sagen mir, was ich für Parameter verwenden soll und wie groß mein Extraktionsmechanismus werden kann. Daraufhin mach ich dann die CAD-Zeichnungen und lass die von der Werkstatt anfertigen.
Das ist ein normaler Tag!
Beziehungsweise wie ich gerade schon erwähnt habe, machen wir auch Lehre. Also Professoren von uns unterrichten an der RWTH und dann betreuen wir auch Übungsgruppen. Also korrigiere ich auch die Hausaufgaben von den Studenten. Das ist auch ein normaler Tag. Aber ich sag mal nur einer von fünf Tagen.
So positive und negative Anekdoten von ihrem Beruf ?
(lachen)
Ach, da gibst Tausende!
Also die ganzen schönen Anekdoten, die beschreibe ich ja meistens auch im Blog.
Zum Beispiel war ich vor einem halben Jahr im Forschungsreaktor und hatte da größere Mengen Schwerwasser. Die hat man mir in einzelnen Flaschen gegeben, also einzelne Ein-Liter-Flaschen, insgesamt 70 Liter Schwerwasser.
Ich bin mit den ganzen Flaschen da rein gewatschelt und hab die alle einzeln aufgeschraubt und in mein großes Fass gekippt. Nachher wollte ich die Flaschen dummerweise behalten und… irgendwas in den Reaktor rein zu bringen ist absolut kein Problem, solange es nicht brennbar oder essbar ist. Rausbringen ist allerdings ein sehr großes Problem, weil man dann darauf achten muss, die Umwelt nicht zu kontaminieren und mit irgendwelchen radioaktiven Substanzen zu belasten.
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