Chimärenbild: Gemeinfrei, Urh. Marie-Lan Nguyen
Juchhu, ich bin eine Chimäre. Als solche bezeichnet man in der griechischen Antike und der modernen Medizin eine Kreatur, die aus mehreren Lebewesen zusammengebaut ist … wie ich. Im Gegensatz zu dem griechischen Namensgeber bestehe ich leider nun nicht aus Löwe, Ziege und Drache, sondern nur aus zwei verschiedenen Menschen. Sprich meine Organe, Muskel etc. pp. haben immer noch die DNS, mit der ich geboren worden bin, während mein Knochenmark und Blut die DNS und entsprechenden Charakteristika meines Stammzellenspenders trägt. Da sich diese beiden DNS aber an vielen Orten (z.b. Im Speichel) mischen bestehe ich tatsächlich für die meisten praktischen Anwendungen eben aus verschiedenen Lebewesen.
Auch wenn ich meinem Stammzellenspender unendlich dankbar für die lebensrettende Stammzellenspende bin, so muss ich mich doch noch einmal an dieser Stelle darüber beschweren, dass er leider etwas langweilig ist. Damit meine ich natürlich, dass mein Spender ein Mann mit meiner früheren Blutgruppe ist und wahrscheinlich auch in Sachen ethnischer Herkunft nicht viel Exotisches zu bieten hat. Das ist natürlich für das Anwachsen des Immunsystems super und reduziert die möglichen Probleme und Nebenwirkungen erheblich, aber es hätte ja auch genausogut eine Frau mit einer anderen Blutgruppe sein können.
Abgesehen davon, dass ich dann noch viel chimäriger wäre, als jetzt schon, wären Morde dann plötzlich wesentlich einfacher. Ich meine ich müsste einfach nur etwas von meinem Blut am Tatort zurücklassen und schwups, sucht die Polizei nach einer blonden Frau mit blauen Augen und Blutgruppe B negativ … das kann ich ja nicht sein *g*. Dazu muss ich dann noch ein paar von Corns Tips abarbeiten und tada, ich kann die Liste meiner Erzfeinde angehen. Mal gucken ob die realen Ermittler auch so viel CSI gucken, wie ich.
Einen 23andme DNS-Test werde ich aber vielleicht vorher noch machen. Vielleicht ist mein Spender ja doch nicht so langweilig, wie ich vermute und hat irgendwelche Inuit Vorfahren aus der Sahara oder so. Das würde dann direkt für die gleiche Blutgruppe wieder entschädigen. Immerhin werde ich jetzt nun niemals am eigenen Leib erfahren, ob sich mit dem Blutgruppenwechsel auch meine Persönlichkeit (entsprechend der japanischen Blutgruppendeutung) ändert.
Ansonsten ändert sich für mich nicht viel. Außer dass bei der amtlichen Chimerismusanalyse, in bester deutscher Manier, auch direkt ein Registrierungsformular für das Bundesamt für magische Wesen (BAfmW) beigelegen hat. Ich mein, besonders “magisch” fühle ich mich zur Zeit nicht, aber registrieren werde ich mich wohl schon, vielleicht kann ich ja dann in Bonn irgendwelche besonderen Parkplätze benutzen?! Idealerweise wird der neue Teil meines Körpers genau den gleichen Job übernehmen, den mein altes Immunsystem auch erfüllt hat ohne auf die bescheuerte Idee zu kommen irgendwann nur noch Krebs- und keine Blutzellen mehr zu produzieren. Aktuell bin ich noch auf Immunsuppressiva um dem Kampfeswillen des neuen Immunsystems im Zaum zu halten, aber das wird dann hoffentlich in ein paar Monaten abgesetzt werden, wenn wir uns aneinander gewöhnt haben.
Tja, also wieder einmal lange Rede, wenig Sinn. Bei mir läufts gerade recht gut. Ich brauche keine Opiate mehr und es sieht so aus, als würde sich das neue Immunsystem in meinem Körper wohl fühlen und nicht Amok laufen. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass es beim Einzug dank heftigster Bestrahlung eine ziemlich leere Bude vorgefunden hat. Das keimfreie Essen, auf dass ich zur Zeit angewiesen bin, schmeckt ziemlich bescheiden, aber solange das der einzige ernsthafte Nachteil ist … so what.
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