Ich meine jetzt nicht damit, dass das recht spät im Jahr ist. Denn eine Woche vor Weihnachten ist es bekanntlich recht schwer, Schüler zur Mitarbeit zu motivieren. Da ist ein kleiner Ausflug zu Ingenieuren und Forschern am 17.12. schon eine nette Alternative.

Die Aktion ist dazu gedacht, um Jugendlichen der 11.-13. Klasse ein Studium der Ingenieurs- und Naturwissenschaften schmackhaft zu machen. Das ist löblich, reicht aber bei weitem nicht aus.

Ich habe selbst einige Jahre Schnupperuni-Angebote speziell für Mädchen mitbetreut und sagen wir mal so: Die Motivation der Schülerinnen hielt sich doch sehr in Grenzen. Viele Mädels ließen durchblicken, dass sie mehr oder weniger gezwungen worden sind, diese Maßnahmen mitzumachen. Die einzigen Mädchen, die Spaß und Interesse an der Sache hatten, waren die wenigen Schülerinnen, die z.B. eine Physik-AG in der Schule besuchten.

Wenn ich mich an meine Schulzeit zurückerinnere, dann deckt sich das durchaus mit meinen eigenen Erfahrungen. Die 11.-13. Klasse ist viel zu spät, um das Interesse für Naturwissenschaften zu wecken. Man kann es vertiefen – keine Frage. Aber wenn die Schüler sich nicht vorher für Naturwissenschaften interessiert haben, stehen die Chancen schlecht, dass sich die Jungs und Mädels so spät noch umentscheiden. Ich sehe noch Chancen für die 11.Klasse. Da lassen sich noch Kurse umlegen und z.B. Mathematik als Leistungskurs belegen. Das würde ich Schülern für jedes naturwissenschaftliche Studium empfehlen.

Ansonsten bekommen wir nur noch mehr Studenten an die Unis, die zwar willig sind, Naturwissenschaften zu studieren, aber nach einigen Monaten entnervt das Handtuch werfen, weil sie im Studium Formeln lernen müssen. Man wird ja nicht einfach so ins Labor gestellt und kann direkt die spannenden Sachen machen. Erst mal muss man jede Menge Grundlagen lernen und zudem findet heutzutage sehr viel Arbeit am Computer und im Kopf statt. Wer daher physikalische, chemische und mathematische Formeln als Folterwerkzeuge ansieht, kann das mit dem naturwissenschaftlichen Studium direkt vergessen. Den Zugang zu diesen Themen kann und wird die Universität einem Studenten nicht mehr vermitteln können.

Bei mir fing das Interesse an Naturwissenschaften z.B. in der 5. Klasse an, als damals ein Lehrer mehrere Schüler für “Schüler experimentieren” begeisterte – mit Experimenten an Glücksklee 😉

Das ist das Alter, indem man Schüler für Naturwissenschaften nachhaltig begeistern kann.

Ich will nicht behaupten, dass der Technologietag völlig sinnlos ist. Ich hab nur keine hohen Erwartungen, solange Schüler nur dann den Zugang zu den Naturwissenschaften finden, wenn sie familiär vorbelastet sind oder das Glück haben, einen sehr engagierten Lehrer zu haben.

Zudem sollten wir ehrlicherweise zugeben, dass der Begriff “Forscher” und “Naturwissenschaftler” für viele Menschen heutzutage nicht wirklich positiv besetzt ist: “Nerd”, “Elfenbeinturm” und “zerstreuter Professor” sind Schlagwörter, die in dem Zusammenhang fallen. Das sind nicht wirklich Vorbilder, denen Jugendliche unbedingt nacheifern möchten. Man hört und liest zwar ständig von Forschern. Was die aber den ganzen Tag eigentlich treiben, das bleibt unklar. In vielen Fällen können Schüler noch nicht mal zwischen Wissenschaftlern und Wissenschaftsjournalisten unterscheiden, wie ich bereits feststellen musste.

Weiterhin gibt es keinen richtigen Anreiz für Schüler, sich mit Naturwissenschaften auseinanderzusetzen, wenn ihnen vorgelebt wird, dass Geld verdienen und was “Praktisches” viel sinnvoller ist, als z.B. herauszufinden, was uns im Innersten zusammenhält und damit das Wissen der Menschheit zu vermehren. Denn das ist im buchstäblichen Sinne das, was Wissenschaftler tun: Wissen schaffen.

Wer das in der 13.Klasse noch nicht begriffen und schätzen gelernt hat, für den wird auch dieser kurze Ausflug in die Forscherwelt kaum etwas ändern. Aber immerhin besser als nichts.