Eigentlich haben wir es ständig mit Dingen zu tun, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Das ist unser Geschäft. Aber es tut gut, sich das ab und an ins Gedächtnis zu rufen. Dafür sind die Bilder der Merkur-Sonde Messenger ganz vorzüglich geeignet.

Einfach nur schön!

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Das erste von Messenger aufgenommene Farbbild des Merkur (1). Es können noch Details von 10 km Durchmesser aufgelöst werden. Bild: NASA / JHUAPL / CIW


Wenn man das Bild oben vergrößert, dann fallen bläuliche Flecken in der linken Hälfte auf. Diese Teile der Merkuroberfläche sind nicht wirklich blau, sondern sind blau eingefärbt, um zu zeigen, dass es sich um frische Einschlagskrater handelt.

Woher wissen wir, dass sie frisch sind?

Das Licht, das von diesen Bereichen kommt, sieht ein bisschen anders aus. Genauer gesagt, sind die Farben, aus denen sich das Licht zusammensetzt, unterschiedlich intensiv. Die Messenger-Kamera WAC hat verschiedene Farbkanäle und nimmt jeweils nur Licht einer bestimmten Farbe auf. Vergleicht man die Kanäle, so erhält man eine ganz typische Farbzusammensetzung, die uns einiges verrät.

Die Bilder erinnern stark an dem Mond. Nicht wahr? Aber es gibt entscheidende Unterschiede zwischen Merkur und dem Mond. Einen Unterschied erkennt das geübte Auge im Bild unten.

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Bild: Das erste Spektrum der Merkuroberfläche. NASA / JHUAPL / CIW / LASP

Das linke Bild zeigt, welcher Bereich von MASCS (2) abgedeckt wurde. Rechts sieht man dann das Ergebnis.

Die schwarze Kurve verdeutlicht, dass Merkur nicht in allen Farben gleich hell ist, sondern dass der Planet an dieser Stelle im roten Bereich heller leuchtet als im violetten. Er hat sozusagen einen leichten Rotstich. Der Mond dagegen ist in allen Farben annähernd gleich hell. Seine Kurve währe daher waagerecht und würde nicht so ansteigen. Der Mond ist also auch bei genauerem Hinsehen ziemlich grau.

Das sagt uns, dass Merkur unter dem Beschuss geladener Teilchen aus der Sonne “leidet” und dass dieser die Zusammensetzung der Oberfläche verändert hat. Außer an den oben erwähnten frischen Stellen natürlich. (3)

Wir haben also schon einiges durch den ersten Vorbeiflug an Erkenntnissen gewonnen. Aber es ist erst der Anfang. Es wird sicherlich Monate dauern, bis alle Daten ausgewertet sind.

Außerdem hat Messenger nicht nur Bilder aufgenommen. Das wird leider immer wieder vergessen. Bilder sind natürlich sehr schön und selbsterklärend – auch für einen Laien. Andere Daten wie z.B. Magnetfeldmessungen oder die Messungen radioaktiver Strahlung sind so abstrakt, dass sich ihre Bedeutung erst nach längerer Analyse erschließt. Sie lassen sich zudem nicht so einfach erklären. Deswegen sind sie aber noch lange nicht unwichtig, wie das Beispiel mit dem Spektrum oben zeigt.

Es kommt also noch einiges an neuem Wissen auf uns zu. Zudem wird Messenger am 6. Oktober diesen Jahres erneut an Merkur vorbeifliegen. 2011 wird die Sonde dann hoffentlich permanent den Planeten umkreisen. Irgendwann im Verlaufe der Mission werden wir vielleicht auch eine bessere Vorstellung davon bekommen, warum der Merkur unter den erdähnlichen Planeten ein solcher Sonderling ist.

Denn er ist für seine Größe außerordentlich schwer. Keiner der bekannten terrestrischen Planeten inklusive unserem Mond ist so dicht. Merkur besteht fast zur Hälfte, zu 42%, aus Eisen und zumindest die äußere Schale des Eisenkerns ist teilweise noch flüssig.

Warum das so ist, weiß keiner so genau. Die meisten Theorien gehen davon aus, dass Merkur  viel größer war, als er vor 4,5 Milliarden Jahre entstanden ist. Anschließend verlor er irgendwie einen großen Teil seiner äußeren, leichten Schalen. Vielleicht durch den Einschlag eines sehr großen Asteroiden?

Wir wissen es nicht. Zumindest noch nicht!
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(1) Tatsächlich wurden sogar Farben aufgenommen, die für das menschliche Auge unsichtbar sind.
(2) MASCS ist ein Spektrometer, welches das Licht in seine einzelnen Bestandteile
zerlegt, und zwar besser und genauer als es die einzelnen Farbkanäle von WAC könnten.
(3) Der Sonnenwind hat mit dem Wind auf der Erde eigentlich gar nichts
zu tun. Zum einen besteht der Sonnenwind aus einem Strom geladener
Teilchen, die für den ungeschützten menschlichen Körper absolut tödlich
wären, und zum anderen ist er viel, viel dünner als der Wind hier auf
der Erde. Der Sonnenwind trägt zwar daher von der Oberfläche des Merkur
etwas weg. Aber dabei handelt es sich eher um einzelne Atome und
Moleküle und nicht um Staubkörner. Man nennt das Sputtern.

Hier
auf der Erde ist der Wind stark genug, um über kurz oder lang alle
Gebirge dieser Welt abzutragen. Auf dem Merkur dagegen bleibt die Lage
von Steinen und Felsen vom Sonnenwind unberührt. Aber der Einschlag
geladener Teilchen verändert die Zusammensetzung der bodennahen
Staubschicht – und das kann man dann mit Spezialkameras oder mit einem
Spektrometer sehen.