Eigentlich wollte ich nicht das RTL-Nachtjournal sehen, sondern die nachfolgende Wiederholung von “Dr. House”.

So kam ich in den Genuss eines “Beitrags”, den man genauso gut mit Dauerwerbesendung hätte kennzeichnen müssen. Ständig wurden Preise für Pauschalreisen nach Kenia in den Beitrag gestreut, weil die jetzt so günstig sind. Bilder von Pools und Bars komplettierten den Reisekatalog. Das Ganze garniert mit der Information, dass das arme Land Kenia am Tropf des Tourismus hängt, der natürlich nach den Unruhen derzeit nicht so Recht anläuft.

Die Quintessenz dieses Beitrages lautete: Tue Gutes und fahre im Sommerurlaub nach Kenia. Auch Du kannst Dir das leisten.

Obschon dieser Beitrag stark nach Sponsoring riecht: Kurzfristig gesehen haben die Journalisten gar nicht mal so Unrecht. Es hilft dem Land jetzt im Moment tatsächlich.

Pauschaltourismus ist besser als sein Ruf und bringt unbestreitbar dringend benötigte Devisen ins Land.

Tourismus kann daher Aufbauhilfe für ein Land leisten, sofern sich der Raubbau an der Natur in Grenzen hält. Aber es kann und darf nicht auf Dauer die einzige nennenswerte Einnahmequelle eines Landes sein. Wenn das reinströmende Geld nicht für bessere Bildung und für eine Wirtschaft verwendet wird, die eben nicht nur auf Geld von außen angewiesen ist und vornehmlich minderqualifizierte Jobs schafft, passiert irgendwann genau das, was jetzt in Kenia passiert.

Soziale Unruhen sind vorprogrammiert. Sicherlich ist jemand, der sonst gar keine Arbeit hätte, besser dran, wenn er wenigstens als Putzkraft was verdient. Aber wenn man in einem Land nur die Wahl zwischen Reiseführer, Zimmermädchen, Chauffeur und Bauer hat, dann ist das auf Dauer für die Bevölkerung des Landes nicht befriedigend. Insbesondere wenn sie Tag für Tag vorgeführt bekommt, in welchem vergleichsweisen Luxus “die Weißen” und die Elite des Landes leben. Viele Leute werden nach dem Einbruch des Tourismus in Kenia vermutlich sogar schlechter dastehen als vorher. Während sie sich früher als Bauern wenigstens halbwegs selbst versorgen konnten, stehen sie jetzt als Arbeitslose vor dem Nichts.

Im Übrigen ist Individualtourismus ganz ohne Regelung auf der Suche nach unberührter Natur auch keine ganz so sanfte Alternative, weil: “Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet”, wie es Torsten Kirstges, Professor für Tourismuswirtschaft an der Fachhochschule Wilhelmshaven so schön im DPA-Gespräch erläuterte. Sobald der Geheimtipp im Marco Polo Reiseführer steht, ist es schon kein Geheimtipp mehr.

Kommentare (1)

  1. #1 ali
    Mai 28, 2008

    Zum Interview mich Schicho (zweiter Link):

    Den reinen ‘ethnischen Konflikt’ gibt es meiner Meinung nach sowieso nicht. Zudem ist ‘Ethnie’ ein sehr schwer fassbares Konzept und meistens selber schon politisch definiert. Wenn aber Einkommen und Wohlstand ungleich verteilt sind (vor allem zwischen unterschiedlichen vermeintlichen ethnischen Gruppen), kann diese ethnische Wahrnehmung des Problems zur Mobilisierung der ethnischen Gruppe dienen. Die Triebfeder ist dann Neid, oder ein Gefühl benachteiligt zu sein und fokussiert auf einen Sündenbock. Ethnie ist in erster Linie ein Art politisches Werkzeug und keine brauchbare Kategorie für sich.

    Ob nun der Konflikt in einem solchen Fall als ethnisch oder ökonomisch bezeichnet wird, hat häufig auch mit der Agenda der verschiedenen Akteure zu tun und weniger mit seiner ‘Natur’. Die Art des Konfliktes gibt ein Stück weit die Intervetionsart und deren Notwendigkeit vor: Fühlt man zum Beispiel die gleiche moralische Verpflichtung in eine Bürgerkrieg einzugreifen der um Landverteilung geht als in einen ethnischen Konflikt? Ersteres wird wohl viel eher als interne Angelegenheit gesehen. Dazu kommen völkerrechtliche Implikationen (z.B. bei Kriegsverbrechen und Genozid)

    Ich merke gerade, dass wäre mal ein Post wert. *aufdielistesetz*