So, da war ich also letzte Woche in Recklinghausen auf der Sternwarte. Dummerweise stellte sich mir da ein ganz irdisches Hindernis in den Weg. Vollsperrung der A43 ab Wuppertal und ich mitten drin.

Aber zum Glück gibt es GPS. Einmal eingeben, den Stau zu umfahren, und los geht’s.

Damit GPS funktioniert, braucht man mindestens 4 Satelliten, ein bisschen Gehirnschmalz und vor allem die richtige Physik.

Da wäre zum einen die spezielle Relativitätstheorie:
Ein GPS-Satellit bewegt sich in Bezug zu uns sehr schnell. Er rast mit etwa 3800 m/s um die Erde. Von uns aus gesehen, die wir auf dem Boden stehen, ticken die Uhren auf den GPS-Satelliten langsamer. Die GPS-Uhren sollten demnach nachgehen. Das kann man ganz gut mit dem Beispiel der Lichtuhr erklären.

Unterschiedliche Zeiten zwischen Erde und Erdorbit sind allerdings ein kleines Problem, wenn man die Position eines Autos aus dem All bestimmen möchte. Denn aus der Laufzeit des Funksignals vom Sender (Satellit) zum Empfänger (GPS) wird die Distanz zu den einzelnen Satelliten bestimmt. Dafür muss man aber wissen, wann das Signal relativ zum Empfänger losgeschickt wurde.

Glücklicherweise lässt sich der Effekt berechnen:

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Bild: Soeren Fleischer, Vortrag zur Funktionsweise des GPS.

Um diesen Faktor gehen Uhren langsamer. Im Falle von GPS ist der Faktor: 1,00000000008. Die Abweichung ist gering, aber so gering auch wieder nicht.

Verschlimmert wird das Ganze jetzt durch Effekte, welche die allgemeine Relativitätstheorie vorhersagt:
Uhren in einem Gravitationsfeld gehen langsamer als Uhren im Weltall. Die GPS-Uhren sollten demnach schneller ticken bzw. vorgehen.

Auch dieser Effekt lässt sich berechnen:

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Bild: Soeren Fleischer, Vortrag zur Funktionsweise des GPS.

Beide Abweichungen wirken also entgegengesetzt, heben sich aber nicht auf. Insgesamt gehen auf den GPS-Satelliten die Uhren vor, weil der Gravitationseffekt auf die Uhren hier stärker ist. Dieser Effekt ist zwar sehr klein, summiert sich aber auf. Nach einer Stunde geht die Uhr auf dem Satelliten so weit vor, dass man sich auf der Erde um über 500 Meter verschätzen würde. Straßengenaue Navigation wäre dann kaum möglich.

Die technische Lösung des Problems war mir allerdings neu, das habe ich auch aus diesem Vortrag gelernt: Die Uhren werden so eingestellt, dass sie ein kleines bisschen langsamer ticken. Damit gleicht man die relativistischen Zeiteffekte aus.

Jedes Mal also, wenn ein Auto durch GPS an sein Ziel geleitet wird, werden beide Relativitätstheorien bestätigt. Von wegen – “nur” eine Theorie.

Kommentare (7)

  1. #1 Chris
    Januar 21, 2009

    Hm, eigentlich sollten doch schon 3 Satelliten ausreichen, um eine genaue Position zu bestimmen?

  2. #2 Ludmila
    Januar 21, 2009

    @Chris: Wenn Dein Weg annähernd eine Strecke über eine 2-dimensionale Ebene darstellt und keine Höheninformationen brauchst, dann ja, dann reichen 3 Satelliten. Für die meisten Autofahrer wird das auch reichen.

    Willst Du aber eine weite Strecke fahren oder brauchst die Höhenangabe, dann brauchst Du noch einen 4. Satelliten um die Höhe festzunageln. Für viele kommerzielle und wissenschaftliche Zwecke braucht man also 4 Satelliten.

    Immer einen mehr als Deine Koordinate Dimensionen hat.

  3. #3 Ronny
    Januar 21, 2009

    Soweit ich weiß nimmt man (sofern vorhanden) noch weitere Satelliten in die Berechung rein um das Ergebnis genauer zu bekommen, da GPS Empfänger nicht eine so genaue Zeitbasis haben.

  4. #4 Chris
    Januar 21, 2009

    So, jetzt weiß ich wieder, was ich mir dumpf im Hinterkopf umherschwirrte…

    Für die genaue Position sind nur die 3 Satelliten notwendig, weil die einen eindeutigen Schnittpunkt erzeugen (eigentlich 2 Schnittpunkte, aber der andere liegt gewöhnlich seeehr weit weg). Der vierte Satellit ist zu Deiner erwähnten Zeitkorrektur und Fehlerminimierung notwendig…

  5. #5 Anhaltiner
    Januar 21, 2009

    Schon ne feine Sache, das GPS. Aber wenn die nette Stimme sagt in 150m links abbiegen, nich sofort die Linksabbiegerspur nehmen – es kann auch die Nebenstaße kurz hinter der Kreuzung gemeint sein. “Neuberechnung im Gang…” 🙁

  6. #6 Karl Mistelberger
    Januar 23, 2009

    Dies ist eine Gelegenheit auf zwei Artikel von Clifford Will hinzuweisen, der das Vergnügen hatte die Implementation des GPS-Algorithmus zu überprüfen:

    Relativity at the centenary und The Confrontation between General Relativity
    and Experiment

  7. #7 Stefan
    Januar 24, 2009

    Apropos Living Reviews: Da gibt’s auch den schönen Artikel Relativity in the Global Positioning System von Neil Ashby.