Es ist Wasser in einer verdreckten Wasserstoff-Helium-Atmosphaere NASA/ESA/STScI

Die heutige Nature wartet mit einer wichtigen Meldung für die Exoplaneten-Atmosphären-Forscher auf: Ja, es ist möglich nicht nur bei Jupiter-Gasriesen, sondern auch bei kleineren-  etwa Neptun-großen – Planeten in die Atmosphäre reinzuschauen… wenn mensch denn alles richtig macht. Jonathan Fraine und co haben jedenfalls sehr viel richtig gemacht, um tatsächlich etwas von der Atmosphäre des Neptun-großen HAT-P-11b zu erhaschen. Genauer gesagt können sie nun sagen: Da ist v.a. Wasserstoff und Helium, aber auch etwas Wasserdampf drin.

Gerade für Leute wie mich, die versuchen irgendetwas über Atmosphären von noch kleineren felsigen Exoplaneten herauszufinden, ist das eine sehr gute Nachricht. Sprich: Die Wahrscheinlichkeit in der Richtung Forschungsgelder zu bekommen, ist gerade stark angestiegen 😉 Denn tatsächlich hatten wir da in der Hinsicht so einige Probleme.

Diese doofen Wolken! Grmpf!

Das wird auch schön in dem kommentierenden Nature Artikel vom Eliza Kempton erklärt. Andere Leute haben schon früher versucht Neptunartige Exoplaneten-Atmosphären zu untersuchen. Nur dummerweise haben ihnen da diese gottverdammten Wolken die Sicht versperrt. Wir sprechen hier übrigens nicht über Wasserwolken, sondern über anderes Zeugs. HAT-P-11b z.B. ist ganz, ganz nah dran an seinem Stern. Er braucht gerade einmal 4.9 Tage für einen vollen Umlauf. Solange dauert das “Jahr” auf dem Planeten und mit einer mittleren Temperatur von etwa 880 Kelvin (also 600 Grad Celsius) ist es dort einfach etwas zu warm für Wasserwolken, die entweder aus Wassereis-Kristallen oder feinen Wassertropfen bestehen. Woraus bestehen also diese Wolken? Sagen wir mal so: Das wird gerade noch diskutiert. Aber um zu wissen, was da Wolken bildet, wäre es durchaus erst mal hilfreich zu wissen, woraus eigentlich dieses Luftmeer besteht, in dem die Wolken oben raufschwimmen. Wir haben allerdings ne recht gute Idee, was Hat-P-11b und andere ähnliche Planeten angeht. Das ist ein Planet, der einen Transit macht, so dass wir also seinen Radius kennen. Und seine Masse ist auch bekannt. Daher wissen wir in erster Näherung die Dichte das Planeten und die sagt uns: Gasplanet. Vermutlich v.a. Wasserstoff und Helium wie bei all den Gasplaneten in unserem Sonnensystem. Aber besser wäre es natürlich, es zu wissen und nicht einfach nur davon ausgehen zu müssen, dass die Planetenbildung und damit deren Zusammensetzung so ähnlich abgelaufen sein muss wie bei uns.

Wolken sind da für Astronominnen einfach hinderlich. Unsere Teleskope kommen da nicht durch. Der Planet Venus z.B. ist von einer derart dichten Wolkenschicht verhangen, die nur Mikrowellen und Radarwellen durchdringen oder eben Raumsonden. Das sind aber alles Optionen, für die mensch bei der derzeitigen Technik sehr nah dran am Planeten sein muss. Das ist aber für Exoplaneten nicht drin. Sie sind einfach zu weit weg. Wir sind also darauf angewiesen, dass die Atmosphären von Exoplaneten von den Wellen durchdringen werden können, die wir aus großer Entfernung relativ ungestört empfangen können. V.a. Infrarot und sichtbares Licht.

Die Methode, die dann für Exoplaneten zur Anwendung kommt, nennt sich “Transmissions Spectroscopie”. Wenn Ihr an Exoplaneten-Atmosphären interessiert seid, dann merkt Euch die Methode. Denn sie ist gerade das beste Instrument für deren Untersuchung.

Transmission Spektroskopie, der heiße Scheiß in der Exo-Atmosphärenforschung: Wie funktioniert’s?

Als erstes braucht es einen Transit. D.h. der Planet mit Atmosphäre muss von uns aus gesehen vor seinem Stern herziehen. Der Planet verdunkelt den Stern ein wenig. Das kann mensch zwar nicht direkt sehen, aber indirekt fällt auf, dass das empfangene Sternen-Licht in einer ganz charakteristischen Weise etwas weniger wird.

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So sieht ein Transit aus, wenn mensch ganz genau mit einem Teleskop die Helligkeit aufzeichnet.

So ein Transit-Signal ist zum Glück sehr eindeutig und es gibt nichts auf dem Stern, was das auch hervorrufen könnte; schon gar nicht periodisch und sich so pünktlich wiederholend. Den Kepler’schen Gesetzen folgend eben. Wenn mensch nun so einen Transit in verschiedenen Wellenlängen (also Farben) ansieht, dann fällt (hoffentlich) auf, dass der Transit nicht überall gleich tief ist. Das liegt daran, dass es Wellenlängen gibt, die unterschiedlich tief in die Planetenatmosphäre eindringen. Je nachdem, wie dick die Atmosphäre ist und woraus sie besteht. Unsere Erdatmosphäre z.B. ist ziemlich durchlässig für Licht im sichtbaren Spektrum. Sonst könnten wir ja am Boden des Luftmeeres nichts sehen. Sonnenlicht in diesem Bereich würde bei einem Transit, der von einem Alien beobachtet wird, erst an der Erdoberfläche geblockt. Für Infrarot-Strahlung dagegen ist die Atmosphäre ziemlich undurchlässig. Das liegt daran, dass Zeugs in unserer Atmosphäre herumschwirrt, welches das Licht in dem Bereich gerne verschluckt. V.a. Wasserdampf und Kohlendioxid. Sonnenlicht in dem Bereich wird bereits weiter oben abgeblockt und ein Erd-Transit ist in diesem Licht betrachtet für einen Außerirdischen flacher. Der Planet erscheint ‘aufgebläht’. Und dabei ist Wasserdampf und Kohlendioxid nur in geringen Mengen in der Luft. Unsere Atmosphäre besteht v.a. aus Stickstoff, aber die macht erst einmal recht wenig mit dem Sonnenlicht. Hier kommt es also nicht auf die Menge an, sondern auf die Wirkung. Wenn mensch jetzt die Transit-Tiefe für verschiedene Wellenlängen aufzeichnet, dann können wir schon allerhand über die Atmosphäre herausfinden.  Wenn denn eben keine Wolken im Weg sind.

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Kommentare (5)

  1. #1 MartinB
    September 26, 2014

    Großartiger Lesespaß, danke.

  2. #2 Steffmann
    September 27, 2014

    @Ludmila:

    Das war das Beste, was ich jemals zu diesem Thema gelesen habe. Danke dafür !

  3. #3 Michael Wölk
    September 30, 2014

    “Transmission Spektroskopie, der heiße Scheiß in der Exo-Atmosphärenforschung”

    😀 Ich lach’ mich kaputt! Super Artikel!!

  4. #4 Jan Panier
    Oktober 8, 2014

    Vielen Dank für den Artikel, der meiner Meinung nach wissenschaftliches Vorgehen sehr gut als das verdeutlicht, was es ist.

  5. #5 tim
    va
    Oktober 9, 2014

    Ein toller Beitrag!
    Vielen Dank