Es ist Wasser in einer verdreckten Wasserstoff-Helium-Atmosphaere NASA/ESA/STScI
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Eliza M. R. Kempton, Nature  513,  493–494,(25 September 2014), doi:10.1038/513493a

Und genau das war das Problem bei vorherigen Versuchen in die Atmosphären von Neptun-Exoplaneten zu blicken. Die Messungen ergaben eine langweilige flache Linie. Gnarf. Ok, es sind Wolken da, das ist auch ein Ergebnis. Aber wenigstens so ein Loch in der Wolkendecke wäre ganz nett gewesen.

Endlich mal keine Wolken!

HAT-P-11b

Es sind Spuren von Wasserdampf in einer verdreckten Wasserstoff-Helium-Gasplaneten-Atmosphäre
NASA/ESA/STScI

Jonathan Fraine und seine Kolleginnen haben es nun endlich geschafft, entweder genau so eine Lücke in der Wolkendecke zu erhaschen oder es sind einfach in der oberen Atmosphäre keine Wolken da.(1)  Jedenfalls gibt es da Struktur im Transmissions-Spektrum: Es ist relativ sicher etwas Wasserdampf in der oberen Atmosphäre (wir blicken hier bis auf etwa 1 mbar bzw. 100 Pa ‘hinunter’, siehe Bild unten). Aber immerhin schwirrt hier genügend Zeugs rum, das es mit dem durchdringenden Sternenlicht beim Transit interagiert und genau so etwas brauchen wir, um endlich, endlich mal die Atmosphäre bei nem kleineren Planeten festnageln zu können (Also kleiner als so ein Jupiter-Gasriese.)

Nur so zum Vergleich, die Wolken bei Jupiter. Jupiter ist allerdings um einige hundert Grad kühler als HAT-P-11b. Die Art von Wolken können es also nicht sein. Seiff, Alvin; Kirk, Don B.; Knight, Tony C.D. et.al. (1998). “Thermal structure of Jupiter’s atmosphere near the edge of a 5-μm hot spot in the north equatorial belt”. Journal of Geophysical Research 103: 22,857–22,889. DOI:10.1029/98JE01766.

Genauer gesagt schluckt die HAT-P-11b-Atmosphäre Licht um 1.4 Mikrometer, wo es bekannt ist, dass Wasserdampf schluckt. Hat mensch im Labor gemessen oder/und simuliert und wir sehen es eben auch bei uns vor Ort. Zum Glück sind solche Absorptionssignale ziemlich eindeutig und fungieren als “Fingerabdrücke” des Moleküls. Zum Glück misst die WC3 Kamera auf dem Hubble-Teleskop in dem Bereich. Und das simultan in verschiedenen Wellenlängen in dem Bereich, was sehr wichtig ist. Dazu später mehr.

Die Form des Wasserdampf-Schluck-Signals sagt: Verdreckter Gasplanet

Um aber dieses Wasserdampf-Lichtschluck-Signal zu produzieren, ist eine Atmosphäre nötig, die vor allem durch leichte Elemente dominiert wird. Das kriegen die Forscherinnen aus dem Vergleich mit Modellen mit der Form des Signals heraus, die einiges über Temperatur und Druck vor Ort verrät. Also der Kontext, in dem da Wasserdampf Licht schluckt, verrät uns das. Man muss sich vorstellen, dass so ein Wassermolekül beim Strahlen bzw. Schlucken ständig von der umgebenden Luft angerempelt wird und das stört bzw. bestimmt dann auch die Form des Signals. Ach ja und natürlich auch die Temperatur des Moleküls. Auf den kleinen Größenordnungen heißt Temperatur immer Eigenbewegung des Moleküls. (2) Und hier kommt es dann wirklich auf die reine Masse und Häufigkeit an, also auf das, was zum größten Teil die Atmosphäre ausmacht. Die bestimmt den Außendruck und Temperatur vor Ort. Bei HAT-P-11b kann das schon mal kein reiner Wasserdampf sein. Es ist vermutlich eine Atmosphäre, die v.a. aus Wasserstoff und Helium besteht. Allerdings mit wesentlich mehr “Dreck” aus bei unseren Gasiesen vor der Haustür. Wobei ‘Dreck’ oder ‘Metall’ für Astronomen alles das ist, was nicht Helium und Wasserstoff ist.

Das war jetzt nicht unerwartet, wir haben ja aufgrund der niedrigen mittleren Dichte eine Gasplanetenzusammensetzung erwartet. Ok, der Anteil Dreck ist schon recht hoch, aber auch das ist nicht sooo ungewöhnlich. Dann war halt die protoplanetare Staubscheibe, aus der sich die Planeten herausklumpten dort deutlich verschmutzter aus bei uns im Sonnensystem (etwa 700 mal so dreckig :-).

Wichtig ist allerdings hier: Wir können auch bei kleineren Planeten als Jupiter Größe zumindest ein wenig in die Atmosphäre linsen. Und es kam halt ungefähr das raus, was wir erwartet haben. Wasser ist nämlich immer irgendwo in ner Planetenatmosphäre drin, egal ob Fels-oder Gasplanet, es wäre eher sehr seltsam, wenn da keines wäre.

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Kommentare (5)

  1. #1 MartinB
    September 26, 2014

    Großartiger Lesespaß, danke.

  2. #2 Steffmann
    September 27, 2014

    @Ludmila:

    Das war das Beste, was ich jemals zu diesem Thema gelesen habe. Danke dafür !

  3. #3 Michael Wölk
    September 30, 2014

    “Transmission Spektroskopie, der heiße Scheiß in der Exo-Atmosphärenforschung”

    😀 Ich lach’ mich kaputt! Super Artikel!!

  4. #4 Jan Panier
    Oktober 8, 2014

    Vielen Dank für den Artikel, der meiner Meinung nach wissenschaftliches Vorgehen sehr gut als das verdeutlicht, was es ist.

  5. #5 tim
    va
    Oktober 9, 2014

    Ein toller Beitrag!
    Vielen Dank