Es ist Wasser in einer verdreckten Wasserstoff-Helium-Atmosphaere NASA/ESA/STScI

Bonus: Für alle, die noch was Geduld haben bzw. mehr in die Details gehen möchten.

Transmissions-Spektroskopie hat derzeit mit einigen Problemen zu kämpfen.

April, April, Dein  Instrument hat Dich vera*!

1) Bei dem kleinen Signal, das wir messen wollen, müssen wir das Instrument verdammt genau kennen. Letztens erst kam eine Arbeit heraus zum Atmosphärensignal von HD 209458b. Das ist einer der beststudierten Exoplaneten überhaupt. Der Jupiter-Planet ist schon recht lange bekannt, macht einen Transit, der Stern strahlt sehr hell und da sind auch keine Wolken im Weg. Also haben da auch Forscherinnen mit dem besten hingesehen, was sie zur Verfügung hatten und das war u.a. Spitzer so etwa 2007-2009 bis die Kühlung ausging. Damals haben die Kolleginnen geschlussfolgert: Ok, normalerweise wird die Atmosphäre mit zunehmender Höhe kühler, hier aber nicht. Da gibt es zwischendurch eine anormal warme Schicht. Sowas kommt nur zustande, wenn da ein Molekuel unter den Druck-Temperatur-Verhältnissen auf einmal anfängt, Licht zu schlucken und damit die Umgebung aufheizt. Bei uns auf der Erde ist das z.B. die Ozonschicht in der Stratosphäre. HD 209458b ist allerdings auch recht nah an seinem Stern und von daher sehr heiß, so dass eigentlich nur noch so exotisches Zeugs wie Titanium- oder/und Vanadiumoxid übrig blieb. Wobei das nur für Planeten exotisch ist, bei bestimmten Sternen wissen wir, dass diese Moleküle sehr wichtig werden können. Auch hier braucht es nicht viel an Menge, es muss nur entsprechend gut wirken.

Na ja, jedenfalls haben Forscherinnen um Hannah Diamond-Lowe die “alten” Spitzer-Daten untersucht. Sie hatten den Vorteil, dass sie heute das Instrument und damit systematische Effekte besser kennen. Damals war Spitzer ja brandneu und ein Prototyp. Und siehe da: Die Struktur der Planeten-Atmosphäre hat sich drastisch geändert. Die anormal heiße Schicht ist weg. Was übrigens auch nicht so schlecht ist. Titanium- oder/und Vanadiumoxid hätte eigentlich unter Atmosphärenbedingungen die Tendenz herabzusinken. Es ist also gar nicht so einfach das Zeugs da hinzukriegen, wo es angeblich hätte absorbieren sollen. Jetzt ist es vermutlich gar nicht da. “Problem”gelöst. Die Atmosphäre wird einfach ganz langweilig immer kühler je weiter es nach oben geht. Für den Nature-Artikel von heute ist das übrigens nicht zu erwarten. Hubble ist ‘alt’ genug, so dass systematische Effekte recht gut untersucht sind. Blöd gelaufen, aber so ist das nun mal wenn Neuland betreten wird. Mensch tut sein Bestes und dann überprüfen andere es wieder und dann hält es stand – oder eben nicht. Wissenschaft eben! Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Exoplaneten-Forscher sehen verschwommen

2) Es gibt bislang nur wenige Instrumente, die genau für den Zweck gebaut wurden, um Atmosphären von Exoplaneten zu durchleuchten. Die Hubble Kamera ist zwar schon super, aber da wollen viele mit messen. Und sie sieht eben nur die eine Wasserdampf-Linie “scharf”. Mehr wäre schon schöner. Exoplaneten-Forscherinnen sind Zaungäste und müssen das benutzen, was da ist. Was meistens bedeutet, dass wir nicht einen engen Wellenlängenbereich sehen, sondern ein breites Band, in dem aber alles mögliche in einer kühlen Planetenatmosphäre absorbieren und auch emittieren kann. Für die Untersuchung von heißen und v.a. fernen Sternen, sind die Instrumente aber gerade richtig. Klar, dafür wurden sie auch gebaut. Exoplaneten-Leute sehen also meistens unscharf. Allerdings werden gerade Messungen wie die hier vorgestellte mit dazu beitragen, dass sich das noch schneller ändert.

Der Stern flackert

3) Wir sind darauf angewiesen, den Planeten vor dem Stern zu sehen. Der flackert aber und teilweise richtig heftig. Er pulsiert, dehnt sich aus und schrumpft wieder. Mensch könnte sagen, so ein Stern atmet. Für Planeten-Forscher ist das Mist. Denn dabei verändert sich die Sternen-Helligkeit. Woher sollen wir also wissen, dass ein Planet 10 Tage später in einer bestimmten Farbe nicht alleine deswegen kleiner erscheint, weil der Stern selbst inzwischen heller geworden ist? Messungen zur gleichen Zeit wie die in dem heutigen Nature-Paper haben da den Vorteil, dass das Signal in sich konsistent ist. Die Form der Wasserlinie kann durch Sternenpulsationen nicht verfälscht worden sein. In der Tiefe könnte es sich ein bisschen nach oben oder unten verschieben, aber das ist nicht so tragisch. Die meisten Transmissions-Spektra setzen sich aber aus Messungen zusammen, die zu einem anderen Zeitpunkt gemacht wurden. Und da könnte es zu echten Problemen kommen.

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Kommentare (5)

  1. #1 MartinB
    September 26, 2014

    Großartiger Lesespaß, danke.

  2. #2 Steffmann
    September 27, 2014

    @Ludmila:

    Das war das Beste, was ich jemals zu diesem Thema gelesen habe. Danke dafür !

  3. #3 Michael Wölk
    September 30, 2014

    “Transmission Spektroskopie, der heiße Scheiß in der Exo-Atmosphärenforschung”

    😀 Ich lach’ mich kaputt! Super Artikel!!

  4. #4 Jan Panier
    Oktober 8, 2014

    Vielen Dank für den Artikel, der meiner Meinung nach wissenschaftliches Vorgehen sehr gut als das verdeutlicht, was es ist.

  5. #5 tim
    va
    Oktober 9, 2014

    Ein toller Beitrag!
    Vielen Dank