Wir wissen einiges, über sonnen-ähnliche Sterne: Woraus sie bestehen. (Plasma, d.h. vollständig ionisiertes Wasserstoff und Helium mit etwas Dreck Metall (1)). Was in ihrem Inneren vorgeht. (Kernfusion!)
Wie sie entstehen. (Kollaps einer Gaswolke unter Eigengravitation).
Ja, sogar wie sie enden werden. (Erst Roter Riese dann weißer Zwerg.)
Wir wissen auch ungefähr, wie lange sie etwa sonnenähnlich bleiben werden: Die Sonne z.B. hat eine Gesamtlebensdauer von 10 Milliarden Jahren. Aber wo sie genau altersmäßig in ihrer Entwicklung stehen, das ist überraschend schwierig festzustellen – falls der Stern sich nicht ganz am Anfang oder ganz am Ende seiner Entwicklung vom Proto-Stern zum Roten Riesen befindet; oder vor unserer Haustür, wie unsere Sonne.
Ich weiß noch, wie ich ganz am Anfang meiner Doktorarbeit versucht habe herauszufinden, wie alt so ein Stern ist, um den ein Exoplanet kreist. Heraus kam – wenn ich den überhaupt Werte fand – z.B. Alter: 5 Milliarden Jahre plus/minus 3 Milliarden Jahre. Wenn so ein Stern insgesamt mindestens 10 Milliarden Jahre alt werden kann (2), ist das jetzt nicht soooo eine starke Aussage.
Aber warum ist es so verdammt schwer, dem Stern sein Alter anzusehen?
Das liegt vor allem daran, dass vom Gesichtspunkt eines Sterns die Hauptreihe- so nennt sich die sonnenähnliche Phase – eine recht langweilige Phase der Sternenentwicklung ist. Der Stern fusioniert zwar stetig Wasserstoff in seinem Inneren. Es ist aber leider nicht so, dass er außen eine genaue Tankanzeige trägt, die anzeigt, wie hoch der “Füllstand” an Wasserstoff im Inneren ist. Ok, der Stern wird im Laufe der Zeit etwas größer und heller, aber das sind Zunahmen um die 10% im Verlauf mehrerer Jahrmilliarden. Die Sternenmodelle geben aber von Anfang an “nur” eine Genauigkeit von 5-10% für den Sternenradius her. Das ist schon recht genau, wenn man bedenkt, dass wir da nie hin fliegen und Maß nehmen können. Außerdem..wozu genauer hinsehen? Es passiert ja eh nicht viel in der Zeit?
Eine vom Standpunkt des Sterns langweilige Frage ist für Planeten auf einmal überlebenswichtig
Laien mögen denken, dass es zu jedem Thema irgendwo AkademikerInnen gibt, die sich ihm Vollzeit widmen. Aber erstens sind wir gar nicht so viele und zweitens leben wir auch nicht von Luft und Liebe, sondern sind darauf angewiesen, dass uns jemand Geld zum Forschen gibt. Gerade wenn es darum geht, Gelder zu einzutreiben, gewinnen natürlich die Forschungsanträge, die spektakulär klingen. Meiner persönlichen Einschätzung nach galten mittelalte sonnen-ähnliche Sterne bis Ende der 90er als ziemlich uninteressant. Das änderte sich erst so langsam, als die Exoplaneten entdeckt wurden.
Für Planeten – und vor allem mögliches Leben – sind langweilige Sterne nämlich super. Ihr wollt ganz sicher nicht einen variablen Stern (Leuchtkraft schwankt viel zu stark) oder einen blauen Riesen (lebt nicht lang und strahlt viel UV und Röntgenstrahlung) am Himmel stehen haben.
Für Leben auf einem Planeten nämlich können bereits 10% Unterschied in der Sonneneinstrahlung den Unterschied zwischen blühenden Landschaften und Tod und Vernichtung ausmachen. Tatsächlich verschiebt sich die habitable Zone im Laufe der Jahrmilliarden Jahre immer weiter vom Stern weg und wird auch enger.
Für PlanetenforscherInnen ist das Alter also verdammt wichtig. Wenn ich ein Sternensystem habe, von dem ich “nur” weiß, dass es zwischen 2 und 8 Milliarden Jahre alt ist, dann steckt ein Erd-Zwilling entweder gerade mitten im Archaikum – bildet also gerade erst Kontinente und seine (mehr oder weniger endgültige) Atmosphäre aus – oder aber wir haben einen geologisch inaktiven Planeten vor uns, ohne Plattentektonik und schützendes Magnetfeld, auf dem zu allem Übel das ganze Wasser verdunstet ist.
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