Ach ja, das Gliese-System und seine Planeten. Sie sind und bleiben immer wieder für ein kleines Drama gut. Aber noch mal von vorne:
Glliese 581 ist ein kleiner rötlicher Stern in etwa 20 Lichtjahren Entfernung von unserer Sonne. Er wird auch auf jeden Fall von Exoplaneten umkreist. Nur wieviele? Das wird in den letzten Jahren immer wieder heiß diskutiert.

Gesichert ist die Existenz von mindestens zwei Planeten: 2005 wurde mit Gliese 581 b ein Neptun-Planeten entdeckt, 2007 folgte die Entdeckung von Gliese 581 c, der mit einer fünf-fachen Erdmasse eine Super-Erde oder ein Mini-Neptun ist. Leider kennen wir von Gliese 581 c seine genaue Natur nicht, weil die Planeten ‘nur’ durch die so genannte Radialgeschwindigkeitsmethode entdeckt wurden. Damit ist die Planetenmasse und sein Abstand zum Zentralstern bekannt, das war es aber auch schon.

Tja und jetzt wird es haarig. 2007 wurde auch scheinbar ein weiterer 8-Erdmassen-Planeten, Gliese 581 d, entdeckt. 2009 folgte die Entdeckung von Gliese 581 e, der gerade mal 2 Erdmassen groß ist. Der Planet besteht also ziemlich sicher aus ähnlichem Material wie unsere Erde, er umkreist aber seinen Stern in einer sehr engen Umlaufbahn, für die Gliese 581 e gerade mal etwas mehr als drei Erdtage braucht. 2010 wurde dann angeblich Gliese 581 f und g entdeckt. Gliese 581 g sollte sogar ein nur 3 Erdmassen-schwerer Planet in der habitablen Zone des Sterns zu sein. Leider stellten sich beide “Planeten” letztendlich als Artefakte heraus.
Das war ein Drama!

Das Super-Erden Teil 1
Das Super-Erden Teil 2
Das Super-Erden Teil 3
Das Super-Erden Teil 4
Das Super-Erden Teil 5

Es ist nämlich gar nicht so einfach mit der Radialgeschwindigkeitsmethode mehrere Planeten zu entdecken, vor allem wenn man nach kleinen erdgroßen Planeten sucht.

radialgeschwindigkeit_NASA

Denn die Methode funktioniert nur, wenn wir die Anziehungskräfte der vermuteten Planeten auf den Zentralstern messen. Hier hatte ich es noch mal genauer erklärt. Aber wenn da mehrere Planeten sind, wirken die Anziehungskräfte aller Planeten gleichzeitig und überlagern sich. Da ist es nicht weiter verwunderlich, wenn zusätzliche Messdaten mit einem anderen Gerät oder/und eine neue Auswertung der Daten zum “Verschwinden” von Planeten führt.

Seit letztem Jahr steht nun auch die Existenz von Gliese 581 d zur Disposition -aber nicht, weil es kein Signal gibt – da ist schon was, da sind sich alle ExpertInnen einig. Aber Paul Robertson und seine KollegInnen haben sich die Aktivität des Zentralsterns genauer angehen. Jeder Stern – auch unsere Sonne – flackert etwas, alleine aufgrund der Prozesse, die in der äußeren Sternenschale stattfinden. SDO schaut sich das ganze sehr genau bei unserer Sonne an:

Dazu kommt, dass der Stern Gliese 581 selbst mit etwa 130 Tagen um seine eigene Achse rotiert. Wenn wir das mit der Orbitperiode von Gliese 581 d  mit 66 Tagen vergleichen, dann ist das recht nach an der Hälfte der Sternrotation. Das wäre schon ein recht außergewöhnlicher Zufall und ich hab zumindest gelernt, dass bei genauen Vielfachen in einer Periodenanalyse alle Alarmglocken klingeln sollten. Fairerweise muss man sagen, dass die ursprünglichen Entdecker nicht genau wussten, welche Rotationsperiode der Stern hat. Sie wussten nur, dass sie sehr langsam ist. Jetzt im Nachhinein ist es natürlich leicht zu sagen “Könnte, würde, hätte”.

Am 6.3. 2015 gab es dann eine Antwort auf die Arbeit von Paul Robertson und co: Guillem Anglada-Escudé und Mikko Tuomi machen die durchaus nicht von der Hand zu weisende Bemerkung, dass Robertson und seine Kolleginnen die Sternenaktivität von der Planetenaktivität abgezogen haben und dann mit der Differenz weitergearbeitet haben und dass das aber nur dann Sinn macht, wenn man die Sternenaktvität auch genau versteht. Und das ist tatsächlich ein großer Knackpunkt – nicht nur bei dem vorliegenden Fall sondern allgemein, wenn wir sehr kleine Exoplaneten untersuchen wollen, oder die Atmosphäre von Exoplaneten. Die Sternaktivität macht uns da die Arbeit nicht gerade leicht.

Wir sind im Moment jedenfalls in einer Situation, in der nicht die Ungenauigkeit der Messinstrument, sondern die Ungenauigkeit der Modelle der Sternenphysik eine weitere Erforschung von Exoplaneten schwierig macht. Das ist aber auch jedem in der Exoplaneten-Forschung bewusst und es wird auch einiges in der Hinsicht unternommen. Neue Modelle, neue Beobachtungsstrategien. In der Zwischenzeit geht es halt ein bisschen rund 😉

Apropos rund! Robertson und co hatten auch eine Antwort auf den Kommentar zu ihrer ursprünglichen Arbeit: Die Autoren geben zu, dass Guillem Anglada-Escudé und Mikko Tuomi grundsätzlich Recht haben und dass im Moment alle daran arbeiten, die Sternenvariation besser in den Griff zu kriegen. Sie sagen aber auch, dass sie im Grunde ähnliche Methoden verwendet haben, die ursprünglich zur Entdeckung von Gliese 581 d geführt haben. Was natürlich auch stimmt. Letztendlich finden sie aber immer noch, dass es wahrscheinlicher ist, dass das Signal kein Planet ist. Wie gesagt: Die Hälfte der Rotationsperiode des Sterns ist schon arg verdächtig. Gliese 581 d existiert also vermutlich nicht.

Aber wir werden sehen. Ich bin mir relativ sicher, dass das nicht das letzte Wort zu den Planeten von Gliese 581 war. Tja, das ist nun mal Forschung am Rande des Machbaren. Aber das macht für mich auch den Reiz in der Exoplaneten-Forschung aus: No risk, no fun 😉

 

 

Kommentare (3)

  1. #1 SRM
    April 2, 2015

    Zitat: Leider kennen wir von Gliese 581 c seine genaue Natur nicht, weil die Planeten ‘nur’ durch die so genannte Radialgeschwindigkeitsmethode entdeckt wurden. Damit ist die Planetenmasse und sein Abstand zum Zentralstern bekannt, das war es aber auch schon.

    Das ist falsch, man kennt nur die Minimalmasse, nicht annährend die tatsächliche Masse.
    Das wissen Sie sicherlich, aber darauf sollte man, mMn, hinweisen.

    Für die Anderen: die “bekannte Masse” ist in wirklichkeit nur die Masse*sin_i wobei i die Inklination des Planetenorbit ist, welche unbekannt ist. Somit ist praktisch jeder Wert oberhalb der angegebenen Masse vorstellbar.

  2. #2 Ludmila Carone
    April 3, 2015

    @SRM: Sie betrachten das Ganze wohl als eine “das Glas ist halbvoll”-Situation, hmm? Na ja, praktisch jeder Masse-Wert ist in diesem Fall auch nicht vorstellbar. Wir wissen schon ein wenig mehr von dem System als Mp*sin i.

    1) Die Viecher um Gliese 581 können zumindest keinen kleinen Sterne sein, denn die würden ja leuchten und das würden wir ja sehen, nicht? Das System ist ja nicht so weit weg. Also wären wir da schon bei ner Obergrenze von etwa 80 Jupitermassen.

    2) Und dann gibt es weiterhin noch die Einschränkung, dass die Viecher, von denen wissen, dass sie wirklich da sind, recht dicht zusammen gepackt sind. Damit so ein System stabil bleibt, können die Massen nicht besonders hoch sein. Je größer die Masse, desto eher die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Planeten so gegenseitig stören, dass es keine stabilen Bahnen mehr gibt.

    Hier ist z.B. ne Arbeit dazu. https://www.aanda.org/articles/aa/abs/2008/07/aa8794-07/aa8794-07.html

    Hier haben sie die Bahnneigung aus dynamischen Gründen auf minimal 20 Grad eingeschränkt.

    3) Schau’n wir uns doch mal an, wie sich die wahre Masse mit Bahnneigung verändert, wenn der Messwert 8 Erdmassen betrifft – hier ist die Bahnneigung in Radians und nicht in Grad angegeben. Bei nem Wert zwischen 90 und 20 Grad hätten wir dann so etwa eine Spanne von 8 -24 Erdmassen. Das finde ich jetzt nicht sooo schlecht, wenn man bedenkt, dass wir das alles “nur” indirekt schließen können 😉

    https://www.wolframalpha.com/input/?i=plot%28+8%2F%28sin+x%29%2C+x%3Dpi%2F2+%2Cpi%29

    Wenn wir annehmen, dass die Bahnneigungen aller Planetensystem zu uns gleichverteilt ist, müssten wir schon ziemliches Pech haben, um diese Planeten hochkant zu sehen.

  3. […] ist Wissenschaft harte Arbeit und oft genug sehr verwirrend. Deswegen schreibe ich auch über sich widersprechende Planeten-Angaben im Exoplaneten-System Gliese 561. Weil genau so wissenschaftliche Arbeit auch aussieht – und das ist auch gut so. Man kann […]