Aber erst vor kurzem wurde dieser Mechanismus tatsächlich beobachtet – in einer konzertierten Aktion mit dem japanischen HINODE-Weltraumteleskop und dem NASA IRIS-Teleskop (3). Der Blick mit zwei Teleskopen aus unterschiedlichen Blickwinkeln war nötig, da man die Bewegung des schwingenden rotierenden Sonnenplasmas in drei Dimensionen brauchte, um sie eindeutig mit den Vorhersagen aus den Simulationen vergleichen zu können. Und die Beobachtungen passten genau zu diesem Mechanismus.
Das ist das Beste, was einem Theoretiker passieren kann: Wenn er oder sie bislang unbeobachtete Phänomene vorhersagt und wenn Beobachtungen hinterher das Modell bestätigen. Wobei die Vorhersagen aus dem Modell so eindeutig sein sollten, dass sie mit nichts anderem verwechselt werden können. Es gibt noch einige andere Kandidaten für die Koronaheizung, auf die ich jetzt nicht eingehen möchte. Der Artikel ufert sonst aus, nich 😉
Ist jetzt das Rätsel der Sonnenkorona-Heizung gelöst?
Warscheinlich nicht. Der Prozess der resonanten Absorption der magnetischen Wellen wurde jetzt erst das erste Mal und damit genau einmal nachgewiesen. Jetzt muss man erst mal herausfinden, wie oft das mit den rotierenden Turbulenzen passiert und wieviel Hitze dabei jeweils erzeugt wird. Kolleginnen meinten allerdings, dass sie es für unwahrscheinlich halten, dass nur ein einziger Mechanismus die Korona anheizt. Wie bereits erwähnt, es gibt noch andere heiße Kandidaten. Aber die resonante Absorption der rotierenden Turbulenzen ist zumindest ein bestätigtes Puzzlestein. Wie wichtig er ist, wird sich in der Zukunft herausstellen.
Es ist auch ein schönes Beispiel wie Theorie und Beobachtung Hand-in-Hand arbeiten können.
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(1) Kleiner Exkurs: Für dieses Phänomen ist das so genannte hydrostatische Gleichgewicht verantwortlich: Relativ kühles Gas bleibt am Boden, während heißes Gas oder Plasma aufsteigt (wie ein Heißluftballon), es dehnt sich dabei aus und wird dabei kälter. Das expandierende Gas steigt solange auf, bis es eine Höhe erreicht, in der es ‘schwimmen’ kann – also der Auftrieb von seiner Gewichtskraft genau ausgeglichen wird. Und da Gase und Plasma sich extrem ausdehnen bei niedrigerem Druck, wird das anfangs heiße Gas in großer Höhe sogar kälter als das Gas am Boden. Letztendlich bilden sich so richtige Schichten mit unterschiedlich großer (innerer und potentiellen) Energie, wobei die Schichten mit der größten Energie am weitesten “außen” liegen, aber aufgrund des verschwindend geringen Drucks sehr kalt erscheinen. In der Atmosphärenforschung hantieren wir da gerne mit der potentiellen Temperatur, welche die Temperaturänderung aufgrund der Expansion in verschiedenen herausrechnet, sodass wir den Energiegehalt einzelner Luftschichten unabhängig von der Höhe miteinander vergleichen können. Wenn ich genau darüber nachdenke, ist es gar nicht so leicht zu erklären, warum Temperatur mit der Höhe abnehmen sollte – falls nicht etwas passiert, was Energie zuführt oder wegnimmt – wie z.B. in der irdischen Stratosphäre, wo das Ozon durch die UV-Strahlung angeheizt wird und so zu einer Temperaturanomalie führt. Letztendlich ist es eine Eigenschaft von Gasen, dass diese sich enorm stark ausdehnen, wenn der mittlere Druck sich mit der Höhe verringert und dabei die Temperatur entsprechend stark abfällt.
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