Hallo Ihr Lieben!
Ja, lange Zeit nicht geschrieben, das postdoc-Leben ist halt doch um einige Zacken stressiger als das Doktoranden-Leben. (Sorry). Es gibt aber ein kurzes Stelldichein hier, weil ich am Dienstag den 17.Oktober 2017 zwischen 12.00 und 15:00 bei Zeit-Online im Chat zu den großen Fragen der Menschheit sein werde.
Das Thema soll sein, Ursprung des Lebens.
Da ich ja eher die Exoplaneten-Klima-Atmosphären-Expertin bin, stelle ich das folgende Thema vor: Wie das Leben die Atmosphäre der frühen Erde beeinflusst hat. Zur zeitlichen Einordnung hab ich eine Grafik eingebunden (s.u.). Ich werde v.a.über den Zeitraum von vor 3,8 – 2,5 Milliarden Jahre erzählen, dem Archaikum.
Das erste Leben entstand schon sehr früh, vor etwa 4 Milliarden Jahre und hinterließ womöglich schon recht früh Spuren in der Atmosphäre und zwar andere als das heutige Leben in der heutigen Atmosphäre. Aber wie sah diese Atmosphäre eigentlich aus … äh, sagen wir mal so, wie wissen es nicht so ganz genau. Zwischen 4 – 2.5 Milliarden Jahre ist es nicht so genau sicher, wie die Erdatmosphäre aussah.
Die ersten Atmosphären der Erde- alles andere als einladend für Menschen
Die allererste Atmosphäre bestand wohl aus Wasserstoff und Helium, wie die der Gasriesen in unserem Sonnensystem. Die verzog sich aber wohl innerhalb von ein paar Millionen Jahre schnell dorthin, wo sie hergekommen war: in’s Weltall. Diese Gase waren Teile der protoplanetaren Gasstaub-Scheibe. Nur war die Gravitation der Erde zu gering und diese durch den Verklumpungsvorgang so heiß, dass der Wasserstoff sich nicht lange auf der Erde halten konnte. Das war bei den Gasriesen draußen anders. Weil die Erde recht heiß war vor etwa 4,5 bis 3,8 Milliarden Jahre nennt man diese Zeitalter auch das Hadaikum oder auch das Höllenzeitalter. In dieser Zeit bildete sich die zweiten Atmosphäre. Diese hatte die Erde förmlich ausgeschwitzt. Da wird vor allem bereits die heutige Menge an Stickstoff dabei gewesen sein. Und sonst? Zwischenzeitlich war auch wohl sehr viel Wasserdampf (bis zu 80%) in der Atmosphäre, das sich aber recht schnell abregnete, je mehr die Erde abkühlte. 40 000 Jahre sintflutartiger Regen könnte die Folge gewesen sein. Für außerirdische Forscher, die von außen in die Erdatmosphäre geblickt hätten, wäre die zweite Atmospähre zumindest sehr vielversprechend gewesen. “Dieser Planet ist zumindest grundsätzlich habitabel und wird es wohl demnächst sein, nur nicht gerade jetzt.”
Nachdem das meiste Wasser dann in den Ozeanen gelandet ist, wird wohl wieder vor allem Stickstoff in der dritten Atmosphäre zurückgeblieben sein. Das und einiges an Treibhausgasen. Letzteres nehmen wir an, weil die Erde vor etwa 3 Millarden Jahre von einer etwa 80% leuchtschwächeren Sonne beschienen wurde. D.h. 20% weniger Energie. Mit der heutigen Atmosphäre hätte sich die Erde schnell in eine Eiskugel verwandelt. Das ist aber vermutlich nicht passiert.
Das Treibhausgas, welches als erstes entsteht und welches in großen Mengen freigesetzt werden kann ist CO2. Davon wird es vor 3-4 Milliarden Jahren mehr als heute gegeben haben. Auch weil Plattentektonik, welches CO2 effizient vergräbt, wohl etwa ne halbe Milliarde Jahre später in der Gänge gab. Wieviel mehr? Wirklich schwer zu sagen. 10% der Erdatmosphäre CO2 und noch mal 2 Promille Methan wird wohl ausgereicht haben, um den Äquator etwa vor 3.8 Milliarden eisfrei zu kriegen, wie z.B. Charnay und co in Simulationen (1) ausgerechnet haben. Vor etwa 2.5 Milliarden Jahren war dann CO2 durch in die Gänge kommende Plattentektonik und Verwitterungsvorgänge, wieder zum großen Teil aus der Atmosphäre in die Erdkruste übergangen. Man braucht aber dann immer noch etwa 1% CO2 und 2 Promille Methan, weil die Erdeinstrahlung immer noch “nur” 85% des heutigen Wertes ist. Und das ist auch das, was die frühen geologischen Zeugnisse hergeben.
2 Promille Methan…weil Leben
Interessant ist, dass zumindest Charnay und Kollegen davon ausgehen, dass man doch auch was an Methan braucht, um die Erde von vor 3 -2.5 Milliarden Jahre warm genug für flüssiges Wasser zu halten. Und zwar ne relativ große Menge. Etwa das 1000fache des heutigen Wertes. Und als einzige Quelle für soviel Methan steht auf der Erde eigentlich nur folgendes zur Verfügung: Leben. Genauer gesagt, Methanbildner. D.h. hier gehen die Kollegen davon aus, dass die Entstehung von Leben dafür gesorgt hat, dass die Atmosphäre der archaischen Erde so mit dem Treibhausgas Methan angereichert war, dass die Erde auch weiterhin lebensfreundlich blieb.
Und in Ermanglung von Sauerstoff als Reinigungsmittel der Atmosphäre, wird dann vermutlich das passiert sein, was heute immer noch auf dem Titan passiert: Komplizierte photochemische Prozesse setzten Stickstoff und Methan (2) um in photochemischen orangefarbenen Dunst oder Tholine. Und wenn Ihr jetzt fragt, was Tholine sind…Tholin heißt einfach nur “schlammfarbiges Zeugs” aber auf griechisch. Klingt halt gelehrter ;-P Na ja, es handelt sich wohl um komplexe also lange Kohlenstoff-Wasserstoff-Verbindungen. Und es wird im Moment recht intensiv daran geforscht, welche das genau sein könnten. Es muss durch Photochemie in einer Planetenatmosphäre entstehen und es ist eben orange. Vielleicht sind noch andere Planeten außerhalb des Sonnensystems in orange-farbenen Dunst gehüllt, was auf einem nicht allzu kaltem Planeten – wärmer als Titan – durchaus auf Leben hindeuten könnte. Giada Arnay und Kolleginnen sind da zumindest zuversichtlich, dass sich so etwas anhand der recht charakteristischen breiten UV- Absorptions-Signatur aufspüren ließe (3).
Der Himmel lichtet sich vom orangefarbenen Dunst und wird blau – weil Leben sich weiterentwickelte
Tja, und dann erfand das Leben die effiziente oxygene Photosynthese zur Nutzung der Sonnenstrahlung als Energiequelle. Und der orange-farbene Himmel des allerersten Lebens von damals wurde nach der großen Sauerstoffkatastrophe so blau, wie wir es heute gewohnt sind. Sauerstoff und Wasserdampf entfernte den ganzen schönen orangene Dunst. Und spätestens jetzt würden etwaige außerirdische Beobachter heftig darüber spekulieren, ob soviel freier Sauerstoff in der Atmosphäre ein eindeutiges Zeichen von Leben ist oder nicht? So wie wir schon heute darüber diskutieren, obwohl wir noch keine Atmosphäre eines felsigen extrasolaren Planeten gesehen haben. Schon gar nicht die eines möglicherweise lebensfreundlichen.
Aber wenn Ihr mal in den Himmel hochschaut, vielleicht denkt Ihr daran, dass der Himmel unserer Erde ganz früher mal orange war und nicht blau. Und vielleicht sieht der Himmel ganz woanders aufgrund von Leben auch so aus – mit Sauerstoff-Maske, damit man nicht erstickt ;-P
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(2) Und woher kommt das viele Methan auf dem Titan? Interessante Frage. Hier gibt es mehr dazu: https://slideplayer.com/slide/3300478/
Es gibt wohl ein komplexes Zusammenspiel zwischen Photochemie, Atmosphäre, Regen und spezielle Eiskäfigen (Klathrate), die zusammen dafür sorgen, dass sich Methane in größeren Mengen stabil in der kalten Titan-Umgebung halten kann.
(3)
The Pale Orange Dot: The Spectrum and Habitability of Hazy Archean Earth, Arnay, Giada et al. Astrobiology, Volume 16, Issue 11, 2016, pp.873-899
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