Endlich mal ein Abend, wie die Skeptiker es sich so vorstellen. Ich sag nur Lachshäppchen. Montag abend hatte ich noch keinen festen Plan, mit wem ich denn nun essen gehen sollte. Am besten erledigt man diese Planung (mit wem, wann, wo essengehen) auf der AGU am ersten Tag, sonst steht man nachher dumm rum. Glücklicherweise traf ich aber in der Masse der aus den Konferenz-Center herausströmenden Geophysiker auf meinen japanischen Kollegen Kabayashi (Name wurde von der Redaktion geändert). Der hatte nämlich im Gegensatz zu mir eine tollen Plan für den Abend. Picarro, eine aufstrebende Silicon Valley Firma, die IR Spektrometer baut und zusammen mit der Firma Los Gatos (ebenfalls hier auf der AGU vetreten) die Welt der Gas- und Isotopenmessungen revolutioniert, hatte nämlich zum Diner geladen. Der momentane Preis eines Picarro-Spektrometers zur Messung von beispielsweise CO2 oder meiner geliebten Wasserisotope (H218O/H216O) liegt bei um die 35000 Euro, wobei der schwächelnde Dollar auch noch hilft. Die Picarros funktionieren “fast” nach dem Motto plug and play und so kann jeder bei sich in der Küche bald sein CO2 messen, die zugehörige Isotopenmessung gibt’s gerne als Zuschlag dabei. Wir haben soeben zwei Maschinen gekauft und es sollen wohl auch nicht die letzten werden. Picarro lud also zu einem kleinen Diner ein und Kabayashi schleuste mich einfach mit rein. Während Picarro also die neue Produktstrategie vorstellte fielen 50 aufgekratzte Isotopengeochemiker über die Champagerbestände her. Und ja, ich hatte tatsächlich Lachs zum Hauptgang. Die Skeptiker haben also recht behalten.
Bild 1: Da kann man gar nicht in Ruhe essen. In den USA wird auch beim stilvollen Diner eisern weiter präsentiert. Ich sass übrigens ganz vorne.
Bei den Amis gehen ja die Vorträge beim Essen gnadenlos weiter und so stellte Jim Ehleringer (University of Utah) seine besten Stories aus seinem Isotopenlabor in Salt Lake City vor. Er misst in allen möglichen Substanzen Isotope wie 18O, 13C oder 15N. Die Anwendungen variieren von der Forensik bis zur Lebensmittelkontrolle. Der forensische Teil ist natürlich ein echter Hammer. Jim analysiert Kokain isotopisch um seine Herkunft besser bestimmen zu können (ja, er hat auch einen vom FBI bezahlten Safe im Labor), Falschgeld oder gar Haare von Leichen, um eine Idee zu bekommen, welches Wasser das meist unidentifizierte Opfer in den letzten Monaten getrunken hatte.
Bild 2: Jim Ehleringer legt den Bierpanschern das Handwerk. Die Hälfte aller amerikanischen Biere wird auf Mais Basis “gebraut”. Prost.
Bei meinem ersten AGU Posting hat ja das amerikanische Bier, seine Vorzüge und seine Ähnlichkeit zu Malzbonbons, bei weitem das meiste Interesse erregt. Ich sage nur: Vivat, vivat, vivat deutsches Reinheitsgebot! Jim analysierte nämlich eine Reihe verschiedener Biere auf ihren 13C Gehalt und da Hopfen eine sogenannte C3-Pflanze ist, sollte der 13C Gehalt des Biers relativ nah an diesem Wert dran sein. Nur zur Erläuterung: Man unterscheidet zwischen C3 und C4 Pflanzen, da diese beiden Pflanzentypen fundamental unterschiedliche Strategien entwickelt haben, um das CO2 aufzunehmen und schliesslich mittels eines Moleküls namens Rubisco (C3) beziehungsweise PEP-Carboxylase (C4) der ATP Produktion im Calvin Zyklus (alle mal die Biounterlagen rauskramen) zuzufüheren. Diese beiden unterschiedlichen “Strategien” führen zu einem unterschiedlichen 13C Isotopengehalt im Pflanzengewebe und sollte bei einem Getränk auf reiner C3 Basis (zum Beispiel Hopfen) eben schliesslich auch im Bier zu finden sein. Tja, Jims traurige Bilanz: Bei der Hälfte aller amerikanischen Biere liegt eindeutig ein anteiliger oder gar vollständiger Beitrag von C4 Pflanzen vor. Mit anderen Worten, man trinkt hier in den USA eine Maissuppe und nennt das dann Bier.
Auf den Schrecken gab es zum Abschluss noch einen kleinen Cognac, der den wirklich gelungenen 1ten AGU Tag abrundete. Wir kaufen natürlich noch einen Picarro.
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