Sonnenlicht einfangen, in Wärme umwandeln und die Wärmeabstrahlung, soweit es geht, verhindern. Für einen Klimawissenschaftler hört sich das irgendwie bekannt an, stimmts? So könnte man den Treibhauseffekt kurz zusammenfassen. Ein Artikel aus dem Economist hatte diesen ironischen Twist für mich. Aber der Reihe nach.
Die Sonnenenergie ist ja der Umweltbewegung ihr Liebling (Ruhrgebiet-Genitiv). Ich konnte und kann mich eigentlich dafür bislang nicht so recht begeistern. Viele Gründe dafür finden sich in dem hervorragenden Buch “Sustainable Energy – Without the hot air” von David JC MacKay (vollständig online verfügbar). Insbesondere für Photovoltaik gilt: Hoher Flächenverbrauch, hohe Produktionskosten, Umweltprobleme bei der Produktion und der Beschaffung der nötigen seltenen Erden, zu kurze Lebenszeit. Das heisst natürlich nicht, dass es nicht eines Tages alles besser aussieht, als es das bislang tut.
Um aus der Sonnenenergie Strom herzustellen, hat man im Prinzip bislang zwei Möglichkeiten. (1) Man kann die einfallende Strahlung konzentrieren, Wasser erhitzen und dann “klassisch” per Turbinen Strom erzeugen. Hier in der Nähe von Sevilla, genauer in Sanlucar Mayor, gibt es eines der ersten Solarkraftwerke diesen Typs. Die hier in Andalusien ja nun reichlich vorhandene Sonne wird von ein paar hundert Spiegeln gebündelt und auf den oberen Teil eines Turms konzentriert (siehe Bild 1), in dem ein steter Wasserfluss bis zur Verdampfung erhitzt wird. Danach geht es klassisch weiter mit Turbinen und schliesslich Strom für die Einwohner von Sanlucar. Bei meinen Radtouren hier in der Umgebung kann ich das strahlende Licht der beiden Türme immer zur Orientierung benutzen. Bei Gelegenheit werde ich mal zu den beiden Türmen fahren, selber ein paar Fotos machen und, wenn sich etwa an einem Tag der offenen Tür die Gelegenheit bietet, mit den dortigen Ingenieuren sprechen. Positiv an der Konstruktion in Sanlucar ist, dass im Prinzip das gesamte einfallende Sonnenlichtspektrum genutzt wird. Negativ, und zwar so negativ, dass meines Wissens nach die Anlage nicht wirklich oekonomisch funktioniert, sind die permanenten mechanischen Probleme. Hört sich einfach an, wurde aber anscheinend bisher nicht zufriedenstellend gelöst. Sanlucar blieb selbst hier in Andalusien bislang eine Versuchsanlage.
(2) Die andere Möglichkeit, Energie aus der einfallenden Sonnenstrahlung zu produzieren, ist natürlich die Photovoltaik. Die Effizienz liegt bei kommerziell üblichen Modellen um die 25%, vor allem deshalb, weil nur ein beschränkter Teil des Spektrums wirklich zum Herauskicken der Elektronen aus den P-N Bindungen in klassischen Halbleiterelemente genutzt wird. Mal abgesehen davon, dass sich die Produktion von etwas aus Gallium-Arsen Mischungen nicht gerade gesund anhört, gibt es ein Problem mit der Effizienz dieser PN Bindungen, deren theoretisches oberes Limit bei 31% liegt, dem sogenannten Shockley-Queisser Limit. Das Grundproblem besteht darin, dass der stromerzeugende Halbleiter eben gleichzeitig der Absorber ist. Als Absorber nimmt er das gesamte solare Spektrum auf, als Halbleiter kann er aber nur einen Teil des Spektrums benutzen.
Bild 1: Sonnenkraftwerk in Sanlucar La Mayor, 30 km von Sevilla entfernt. Foto: Solúcar [GFDL, CC-BY-SA-3.0 or CC BY 2.5], from Wikimedia Commons
Toll wäre daher die beiden Prozesse zu trennen. Erst so gut es geht Wärme aufnehmen, dann mit dieser Hitze einen Emitter betreiben, der möglichst im gewünschten Spektralbereich IR Photonen abgibt, die schliesslich wieder Elektronen kicken und Strom erzeugen. Geil! Und das Ganze hat natürlich schon einen Namen: thermophotovoltaic systems (TPV). Einziges aber leider bislang ziemlich tödliches Problem. Um halbwegs effektiv thermisch (i.e. als strahlender Schwarzkörper) Photonen zu emittieren braucht es ca. 1000°C und die kann man nicht erreichen, wenn man seine Anlage einfach so in die Sonne stellt.
Warum eigentlich nicht? Na, weil schon bei viel niedrigeren Temperaturen und bei unserer Sonnenstrahlung (~ein paar 100W/m2) genau soviel Energie abgestrahlt wird, wie selbst von einem perfekten Absorber aufgenommen werden könnte. Ist das also das thermodynamische dead end dieser Idee? Da war doch was, murmelt der Klimaforscher. Wenn man nun ein System bauen könnte, das fast das ganze kurzwellige Sonnenlicht aufnimmt und dann eine Art “Treibhaus” über der sich erhitzenden Oberfläche aufbauen würde, so dass die produzierte IR Strahlung eben nicht, oder doch zumindest grösztenteils nicht wieder entweichen wuerde…
Bild 2: Von Bremel und Kollegen vorgeschlagenes Design eines TPV Moduls . Die jeweils besonders behandelte (geritzte, bzw mit Mikrogruben versehene) Oberfläche des Moduls optimiert die Absorption und konzentriert die langwellige Emission in einem Frequenzbereich, der zur anschliessenden Stromerzeugung in einem Indium-Gallium-Arsen Halbleiter besonders interessant ist. Die von Bremel berechnete Effizienz übersteigt die klassischer Photovoltaik Zellen deutlich.
Genau das haben nun Peter Bermel und Kollegen vom MIT theoretisch entworfen und vorgeschlagen. Der Economist Artikel erklärt es an sich sehr schön. Eine im Mikron-Bereich mit Ritzen/Gruben/Rillen (pits) versehene Oberfläche absorbiert das kurzwellige Sonnenlicht und erhitzt so den absorbierenden unteren “Grubenbereich”, der aus Tungsten Wolfram besteht. Dies erhitzt sich natürlich und strahlt wiederum nach Planck ab. Da aber am Grunde einer Grube gelegen, wird die freigesetzte IR Strahlung eben meist nicht genau aus der Grube heraus-reflektiert, sondern mit grosser Wahrscheinlicheit wiederum von den Grubenwänden absorbiert. Dieser Prozess von IR Abstrahlung und Absorption findet mehrere Male statt, so dass das schliessliche Temperaturgleichgewicht bei einer weit höheren Temperatur liegt. Das ganze erhitzt sich so deutlich mehr, nämlich um den am freien Abstrahlen gehinderten IR Anteil mehr, als es ein einfacher Absorber/Emitter getan hätte. Danach geht es für die TVP Idee relativ klassisch weiter: Das nun sehr heisse Tungsten Wolfram emittiert Photonen (bevorzugt in bestimmten IR Bereichen, was man mit einigen Tricks wohl auch hinbekommt), die dann von einem Indium-Gallium-Arsen Kristal absorbiert und – Halleluja – direkt in Strom per Elektronen-Kicking umgewandelt wird. Bermel berechnete wohl theoretisch mögliche, sensationelle 37% des Sonnenlichts in Energie umzuwandeln. Das wäre deutlich über dem Shockley-Queisser Limit!
Ist das die Lösung der Energieprobleme des Planeten? Natürlich kann man dazu nach einer theoretischen, nichtmals echten Machbarkeitsstudie nicht viel sagen. Aber es hätte einen oder sogar mehrere ironische Twists, die mir wirklich gefallen.
1) Das Treibhausproblem lösen durch ein Energiegewinnungsverfahren, was irgendwie wie nach Treibhaus klingt.
2) Und wo das ganze Tungsten Wolfram hernehmen? Na aus den verbotenen Glühbirnen! So kommen alle zu ihrem Recht.
PS Nein, ich behaupte nicht, dass der atmosphärische Treibhauseffekt irgendwie wirklich das Gleiche wäre wie das, was Bermel und Kollegen mit einem Tungsten Wolfram Kristall machen wollen. Nur auf einer sehr abstrakten Ebene hat es gewissen Ähnlichkeiten, die mich motiviert haben, diesen kleinen Artikel zu schreiben. Für Kenner von Halbleitertechnologie ist natürlich unbedingt die Lektüre des Original-Artikels zu empfehlen.
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