Ich bin Ingenieur.
Ich bin gerne Ingenieur.
Immer macht es mir Spaß, Dinge zu bauen, die irgendwo vielleicht ganz nützlich sind.
Dem Ingenieur ist nichts zu schwere – er lacht und spricht: “Wenn dieses nicht, so geht doch das!” – das ist die erste Zeile aus dem Ingenieurlied von Heinrich Seidel (siehe hier für die Melodie) und mit diesen Worten beginnt auch meine eigene Abschlussarbeit. Ich bin durchaus wegen eines gewissen Idealismus Ingenieur geworden – oder sagen wir besser: Auch deswegen. Natürlich war auch mir von Anfang an klar, dass das Gras auf diesem Feld schon ziemlich grün ist. Und ich würde lügen, würde ich behaupten, das wäre nicht auch ein Grund gewesen.
Meine Biographie ist nicht glatt. Sie ist durchzogen von markanten Brüchen.
Ich bin Handwerker, genauer gesagt: Mess- und Regler und wenn man es ganz genau nimmt: Prozessleitelektroniker. Wie viele Ingenieure habe ich vor dem Studium tatsächlich mal was gelernt und die Kenntnisse und Fertigkeiten aus meiner Lehre erweisen sich für meine tägliche Arbeit als unglaublich wertvoll. Ich möchte duale Studiengänge nicht schlechtreden, aber ich bin durch meinen eigenen Werdegang leider etwas voreingenommen und so denke ich, dass zuerst Ausbildung, dann Studium der bessere Weg ist. Ich hab schon damals gerne Dinge gebaut.
Ich bin ein Kind des zweiten Bildungswegs. Ich war drei Jahre auf einem Kolleg, habe mein Abitur nachgemacht, habe viele interessante Menschen kennen gelernt. Ich wollte Physik studieren und habe tatsächlich in Heidelberg damit angefangen.
Ich bin geschwommen, habe gestrauchelt, habe vieles nicht schnell genug verstanden, war frustriert vom Fach, von meinem Fortschritt, von meinen Mitstudenten. Ich habe unheimlich viel gelernt, habe einen Blick auf die Welt und was sich drin bewegt erhalten, der mir sonst verwehrt geblieben wäre. Ich war nicht erfolglos, aber im Grunde war es nicht das Richtige für mich.
Aber ich habe dort meine Frau kennen gelernt. Allein das war die Sache wert.
Ich habe Elektrotechnik in Mannheim studiert, traf dort mit vielen Menschen zusammen, die eine ganz ähnliche Biographie hatten wie ich. Ich fühlte mich an der FH wohl und habe dort auch abgeschlossen. Ich habe gelernt, wie man Maschinen konstruiert (oder besser: ich habe an der Oberfläche gekratzt und mir dabei ein paar Kniffe angeeignet). Ich war bei einem Netzbetreiber und habe viel über Energienetze gelernt – durchaus auch über Rohrnetze, nicht nur über Elektrizität.
Aber auch das war irgendwann zu Ende und damit begann mein zweiter Einstieg ins Berufsleben. Obwohl von Seiten des Studiums Energietechniker interessierten sich potentielle Arbeitgeber interessanterweise mehr für meine Ausbildung. Ich komme aus einer Region mit sehr starker Chemieindustrie, da ist es kein Wunder, das Fachleute für Prozessleittechnik gefragt sind.
Ich war drei Monate bei einer Montagefirma: Rumsitzen und nichts tun liegt mir nicht. Außerdem wollte ich keinen weißen Fleck im Lebenslauf und während die Bewerbungen liefen, hab ich so gutes Geld verdient. Die Firma hätte mich gerne in ihre Planung übernommen, aber sie konnte mir leider nicht das bieten, was mir andere geboten hatten. So oder so tat und tut mir gelegentlicher Kontakt mit der Wirklichkeit aber immer wieder gut. Vom Schreibtisch aus gesehen ist die Welt einfach anders als aus der Warte der Monteure, Prüfer und Inbetriebnehmer vor Ort.
Die Prozessleittechnik ist nun wieder mein täglich Brot – nur aus einer anderen Warte. Ich gehöre zur Anlagenplanung. Wir bauen Chemieanlagen. Meiner Kollegen und meine Arbeit ist die Elektro-, Mess- und Regeltechnische Ausrüstung, d.h. alle Geräte, alle Leit- und Sicherheitssysteme, aber auch so scheinbar triviale Dinge wie für ausreichende Beleuchtung und genügend Steckdosen zu sorgen. Bei meiner täglichen Arbeit lerne ich immer wieder Dinge kennen, die eigentlich kein Geheimwissen sind, die aber außerhalb des kleinen Kreises der Fachleute so gut wie überhaupt niemand kennt. Kaum jemand macht sich Gedanken darüber, wie genau man mit Risiken umgeht. Praktisch nirgendwo im wahren Leben hört man etwas von Radiometrischen Messungen.
Ich finde Technik spannend. Nicht nur, weil sie unser aller Leben und meinen beruflichen Alltag prägt, sondern auch, weil ein Blick auf die Technik, die von einer Gesellschaft benutzt oder abgelehnt wird, etwas über die Geisteshaltung dieser Gesellschaft sagt.
Oft ist Technik eine Glaubensfrage. Ich finde das, abgesehen von ganz wenigen, besonderen Ausnahmen, auch nicht verwerflich. Viele Wege führen nach Rom. Ich habe zwar wenig Verständnis für techniknutzende Technikfeinde, für vollständig geimpfte Impfgegner zum Beispiel. Dagegen habe ich z.B. kein grundsätzliches Problem mit Bio-Landwirtschaft, mit der Ablehnung der Massentierhaltung und Ähnlichem. Ich glaube nicht an den Gegensatz natürlich-technisch – Jeder Fetzen Kleidung an meinem Körper ist ein Kampf gegen den natürlichen Zustand. Und auch Bio-Tomaten und handgewebte Baumwolle aus klimaneutraler Produktion sind letztlich Kunstprodukte, die die Natur so wie wir sie wollen nicht darstellt.
Technik durchwirkt auch meine Hobbies. Ich bin ein Steampunk. Ich baue antike Kriegsmaschinen en miniature nach und schleudere damit Kieselsteine in den Altrhein. Und wenn man so will, dann sind die Renovierungsarbeiten bei mir daheim, bei denen ich mich durchaus ein bisschen verkünstle, ja auch so was wie ein Hobby.
Was ich bisher noch nie gemacht habe, ist zu bloggen. Natürlich hab ich schon hin und wieder irgendwo im Netz meine Kommentare hinterlassen und der eine oder andere Leser der Scienceblogs erkennt mich vielleicht sogar unter dem Nick Orci wieder, aber selbst eigenverantwortlich und hoffentlich einigermaßen regelmäßig für andere zu schreiben und ihnen etwas zu erzählen, was möglicherweise ganz interessant sein könnte, das ist für mich neu. Und ich freue mich darauf!
Last but not least möchte ich mich bei Florian (den ich zuerst angeschrieben hatte) und vor allem Jürgen für die Möglichkeit bedanken, bei den Scienceblogs mitzumachen! Ein Teil von etwas zu sein, das ich schon so viele Jahre regelmäßig besuche und nutze macht mich schon ein bisschen Stolz. Ich hoffe, ich kann die Seite mit ein paar Eindrücken aus meiner kleinen Warte bereichern.
Bis dahin in diesem Sinne.
Viel Spaß beim Lesen.
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