Dann kommt die Frage, Ob alle Ventile in einer zentralen Ventilinsel beieinandersitzen und das Wasser von dort verteilt wird oder die Ventile direkt vor ihren Regnern sitzen, ich alle irgendwie verrohren und elektrisch anschließen, neben dem Rohr also auch noch jede Menge Kabel verlegen muss. Das ist auch eine so grundsätzliche Frage, dass man sie während der Basisplanung klären muss. Beide Möglichkeiten haben Vor- und Nachteile und in Chemieanlagen findet man je nach Bedarf beide realisiert. Für meine Gartenbewässerung muss ich mich entscheiden.

Bei einer zentralen Ventilinsel sind alle Magnetventile auf kleinem Raum angeordnet, was die Wartung und Montage vereinfacht. Außerdem kann ich sie aus Messingteilen vormontieren und dann irgendwo passend an die Wand schrauben – das sieht auch noch cool aus, wenn man darauf steht. Und die Insel zu erweitern ist ein Klacks, wenn man sie geschickt aufbaut. Dafür muss ich in meinem Garten sehr viel Kunststoff-Rohr in die Erde verlegen, denn ich muss ja jeden Regner von der Ventilinsel einzeln anfahren. Das verteuert an dieser Stelle die Beschaffungs- und Montagekosten. Die Wasserverteilung im Garten selbst ist deutlich einfacher und kostengünstiger, wenn die Ventile direkt beim Regner sitzen. Aber ist Messing dann noch das Mittel der Wahl oder sollte ich nicht doch komplett auf Kunststoff wechseln? Die Vorteile Kunststoff hin oder her: Wenn ich aus Versehen mit dem Spaten ein Ventil erwische, ist es hinüber. Außerdem ist der elektrische Anschluss sehr viel aufwändiger! Ich müsste für jede Wasserlinie ein Kabel durchs Erdreich legen und hätte bei jeder Anlagenänderung viel Mühe… Lange Rede kurz: Nach sorgfältiger Abwägung entscheide ich mich für eine Ventilinsel aus 3/4″-Messingrohr und Magnetventilen aus Messing. Von dort fahre ich die einzelnen Regner mit erdverlegbarem PE-Kunststoffrohr an.

Und so geht es weiter – noch Hundert andere Fragen. So kommt man Schritt für Schritt der Lösung näher. Von diesen ganzen Entscheidungen sieht der Außenstehende natürlich nichts. Man beachte bitte auch, dass das R&I-Bild zwar die Struktur der ganzen Anlage enthält, aber an sich noch nichts über die tatsächliche Anordnung der ganzen Rohrleitungen und Ventile in der Anlage aussagt! Es ist zwar ausreichend, um eine funktionierende Anlage irgendwie zu bauen, aber man muss den ganzen Entstehungsprozess begleitet haben, um es perfekt umzusetzen. An der Erstellung des R&I-Bildes nehmen deswegen alle Gewerke teil, nicht nur die Verfahrenstechnik. Auch die Bautechnik, die EMSR-Planung, die Feuerwehr und die EHS-Experten müssen sich einbringen und gleichwohl informiert sein. Nur wenn alle Projektbeteiligten dieselbe Sprache sprechen kommt man zum Ziel.

Das kann man auch noch mit einem anderen Beispiel verdeutlichen: Selbst, wenn eine ausreichend große Gruppe alle notwendigen Pläne und alles Material zum Bau einer Saturn-V-Rakete hätte und ihr Mittel zur Verfügung stünden, wie in der Hochzeit der US-amerikanischen Raumfahrt, würde der Bau heute deutlich länger dauern, weil keiner der Beteiligten damals bei den wichtigen Entscheidungen am Tisch saß und den Projektfortschritt verfolgen konnte.

Mit Erstellung des R&I-Bildes ist die Verfahrenstechnische Basisplanung meiner Gartenbewässerung abgeschlossen. Und ganz ehrlich: detaillierter könnte ich diese Phase auch nicht erklären. Ich bin Mess- und Regler mit einem gewissen Einblick in die Tätigkeiten der anderen Gewerke, aber eben kein Experte für Verfahrenstechnik. Fachleute hätten zur Verfahrenstechnischen Basisplanung sicher noch eine Menge mehr zu sagen.

 

Die EMSR-Basisplanung

Mit dieser Phase kenne ich mich besser aus. Und deswegen werden wir darüber auch ein bisschen ausführlicher Reden. Aber damit starten wir dann nächstes Mal.

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Kommentare (3)

  1. #1 anderer Michael
    4. Mai 2017

    Das habe ich nicht verstanden. Bei der Saturnrakete saß keiner der Beteiligten bei wichtigen Entdcheidungen mit am Tisch und deswegen war die Bauzeit kürzer. Bedeutet es nun, heutzutage wird alles zerredet und verdebattiert bzw viele Köche verderben den Brei?

  2. #2 Oliver Gabath
    4. Mai 2017

    Keiner der hypothetischen heutigen Beteiligten wäre damals mit am Tisch gesessen und hätte den Projektfortschritt miterlebt. So war das “damals” zu verstehen. Wer nur anhand von Plänen die genaue Funktion von etwas so kompliziertem, wie einer Rakete oder einer Chemieanlage nachvollziehen muss, wird zwangsläufig immer wieder auf Dinge stoßen, die zunächst unverständlich sind und erst nach langem Überlegen und evtl. vielen Versuchen Sinn machen. Einfach etwas nachbauen, ohne zu verstehen, warum man dieses oder jenes macht – das ist funktioniert vielleicht gut, wenn man nur einfache Technik kopieren will oder damit leben kann, dass der Nachbau nie die Leistungsfähigkeit des Originals erreich wird. Das gilt eigentlich für alle Dinge.

  3. #3 anderer Michael
    4. Mai 2017

    Oliver
    Danke , verstanden, wenn auch beim zweiten Lesen. Bin eben etwas älter und komplizierter, da geht es nun mal langsamer. Freue mich auf die nächste Folge zum Thema.