automatisierte Bewässerung – das ist der eigentliche Zweck der Anlage. Aus keinem anderen Grund wird sie gebaut. Wenn sie diesen Zweck nicht erfüllt, ist sie wertlos – egal wie toll sie aussehen oder funktionieren mag. Ein paar Magnetventile zu automatisieren ist zunächst einfach: Eine Zeitschaltuhr, die die Ventile ansteuert – fertig.
zentrale Steuerung – Das Leitsystem soll an einem zentralen Ort sitzen, z.B. in einem Schaltschrank. Kein Problem, eine Zeitschaltuhr kann man überall montieren. Das macht Sinn, weil ich nur sehr wenige Feldgeräte ansteuern muss und so der Aufwand am kleinsten ist. Wäre meine Anlage riesig, könnte ich mir auch mehrere Steuerung, die jeweils einen Teilbereich abdecken, vorstellen.
die Beregnung automatisch verhindern, wenn eine gewisse Zeit vorher ausreichend Regen gefallen ist – das ist ein wichtiger Punkt! Er sagt mir nämlich, dass es nicht mit dem getan ist, was die Verfahrenstechniker brauchen, um ihre Aufgabe zu erfüllen – die Regner gesteuert mit Wasser zu versorgen – sondern zusätzlich ein Regensensor nötig ist, der die Ansteuerung der Ventile verhindert. Gut, auch nicht besonders kompliziert: Der Sensor schaltet ein Zeitrelais, das bei Regen sofort abfällt, dadurch die Zuleitung der Magnetventile unterbricht und erst 24 Stunden nachdem der Regen aufgehört hat wieder anzieht.
die Bewässerungszeit während besonders heißer Zeiträume verlängern. – Jetzt wird es wirklich spannend! Ich brauche also auch einen Temperatursensor, d.h. ich muss irgendwie einen Analogwert verarbeiten! Und ich muss mir eine Logik überlegen, die die Anforderung erfüllt! Das kann unter Umständen ziemlich knifflig sein. Implizit weiss ich jetzt, dass es mit einer einfachen Zeitschaltuhr und ein paar Relais nicht getan ist. Ich brauche ein Leitsystem, das ein Programm abarbeiten kann – eine richtige Steuerung.
Dem Verfahrenstechniker, der sich alles zunächst viel einfacher vorgestellt hatte, wird das nicht gefallen, denn richtige Steuerungen sind viel teurer als Zeitschaltuhren. Aber wenn die Anforderung da ist, müssen wir sie irgendwie erfüllen. In der wirklichen Welt würde ein guter Verfahrenstechniker diese einfachen Überlegungen natürlich selbst machen, aber es gibt immer wieder Fälle, in denen er mögliche Probleme nicht sieht, weil ihm das tiefe Fachwissen der anderen Fakultäten fehlt. Dann kommt es auf die Kolleginnen und Kollegen aus der EMSR-Technik, der Maschinentechnik, der Versorgungstechnik, usw. an, die ihn darauf aufmerksam machen und entsprechend unterstützen. Natürlich ist es evtl. unschön, wenn eine EMSR-Kollegin einem VT-Kollegen eröffnet, dass seine Anlage an dieser Stelle teurer und aufwändiger wird – auf der Straße liegt das Geld schließlich nirgends – aber noch unschöner ist die Alternative, nämlich am Ende eine Anlage zu haben, die nicht das tut, was sie soll.
Das ist übrigens keine Einbahnstraße: Hin und wieder wird auch die EMSR-Technikerin mit einer Überlegung daneben liegen, weil sie aus verfahrenstechnischen Gründen nicht funktioniert, etwa weil Stoffe zu viskos sind oder chemische Reaktionen ablaufen, die ihr nicht bewusst waren. Deswegen ist der Dialog zwischen allen Fachstellen über die gesamte Projektlaufzeit so wichtig: Nur so lassen sich zumindest die offensichtlichen Probleme aus dem Weg räumen. Und nur gemeinsam gelingt das überhaupt. Weil der Verfahrenstechniker und die EMSR-Kollegin in diesem Fall mit meiner Person identisch sind, ist die Diskussion nur von kurzer dauer. Im Ergebnis und zur Dokumentation wird das R&I-Fließbild noch entsprechend angepasst und um EMSR-Stellenkreise für den Temperatursensor, den Regensensor und das Steuerprogramm ergänzt. Außerdem werden Wirklinien eingezeichnet, die den Signalfluss kenntlich machen sollen. Eine gestrichelte Linie vom Temperatursensor T101 zum Programm U100 zeigt an, dass ein analoges Signal von der Temperaturmesstelle im Programm verarbeitet wird. Eine strich-punktierte Linie vom Regensensor X101 zum U100 zeigt dasselbe für ein binäres Signal (Regen/Kein Regen). Die strich-punktierten Linien zu den Magnetventilen zeigen, dass diese von U100 gesteuert werden. Wie genau das Programm aussieht entnimmt man entsprechenden Logikplänen. Die behandeln wir zu einem etwas späteren Zeitpunkt.
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