Das ist ein riesiger Vorteil des Drehstrommotors! Die Arbeitsmaschine und das Netz werden in jedem Betriebspunkt nicht nur symmtrisch, sondern auch gleichmäßig belastet. Arbeitsmaschinen im MW-Bereich könnten ohne diese Voraussetzung nie die heutigen Blockgrößen und Betriebszeiten erreichen.
Außerdem folgt aus der Symmetrie zwanglos die Möglichkeit, ohne zusätzlichen Transformator 2 definierte Spannungsebenen zur Verfügung zu haben, nämlich die Spannung zwischen den Außenleitern selbst und die Spannung zwischen einem Außenleiter und dem gemeinsamen Sternpunkt. Außerdem braucht man nur drei Außenleiter für die elektrische Energieübertragung.
All diese Vorteile hat Tesla nicht erkannt, obwohl sie durch Experiment offengelegt werden konnten und nicht nur zu seinen Leb-, sondern sogar zu seinen Wirkzeiten wurden. Er hat nie auch nur Ansätze gezeigt, auf Dreiphasen-Wechselstrom umzusatteln.
Dolivo-Dobrowolskis fast zeitgleich zu Tesla konstruierte Asynchronmaschine mit Käfigläufer ist mehr als hundert Jahre später immer noch der Elektromotor für den industriellen Einsatz schlechthin und seit ihrer Entwicklung nicht mehr grundsätzlich verbessert worden.
Er hätte es sehen müssen
Mit Wechselstrom betriebene Energienetze haben Verluste, die nicht nur durch den ohm’schen Widerstand bestimmt werden, sondern auch durch die frequenzabhängigen Blindwiderstände. Der Blindwiderstand ist ein Phänomen, dass dadurch entsteht, dass beim Wechselstrom elektrische- und magnetische Felder in rascher Folge auf- und abgebaut werden und die dazu notwendige Energie auch durch einen sogenannten Blindstrom bereitgestellt werden muss. Der Gesamtstrom in einem Wechselstromkreis ist die geometrische Summe aus dem Blindstrom und dem Wirkstrom, der die in mechanische Arbeit umsetzbare Energie repräsentiert. Auch Blindströme, obwohl sie nicht in mechanische Arbeit umgesetzt werden können, sind physikalische Ströme und verursachen Wirkverluste, weil sie den Leiter erwärmen. Blindströme sind frequenzabhängig – je höher die Frequenz, desto größer der Widerstand in Leitern, Transformatoren, etc. Im einfachsten Fall steigen deshalb nur die Baugrößen der Betriebsmittel, aber selbst das führt ja schon zu genügend Problemen. Die 50 Hz in Europa oder 60 Hz in Amerika sind ein guter Kompromiss, viel höher sollte man nicht gehen.
Will man Energie Drahtlos versenden, wie es Tesla zumindest in seinen letzten aktiven Jahren versuchte, muss man sie fokussieren. Antennen müssen dazu einen sehr hohen Antennengewinn haben, der praktisch kaum zu erreichen ist. Damit sind nicht nur die verluste enorm teuer, sie gefährden auch alles im näheren Umkreis von Sender oder Empfänger. Tesla hat auch nicht den prinzipiellen Unterschied von Nahfeld und Fernfeld gesehen, obwohl er zu seiner Zeit schon bekannt und mathematisch zumindest teilweise beschrieben war. Er hat von den Nahfeldeffekten auf Anwendungen geschlossen, für die das Fernfeld eine Rolle spielt. Warum Experimente, die im Kleinen klappten, im Großen gar nicht funktionieren konnten, hätte er sehen müssen.
Einer Anekdote nach habe er Edison vorgeworfen, er sei zu sehr Experimentator und zu wenig Wissenschaftler – dass er mit ein bisschen Rechnen viele Experimente hätte sparen können. Falls das stimmt, ist es umso seltsamer, was Tesla alles nicht gesehen hat, obwohl er es hätte errechnen können. All diese prinzipiellen und nach hundert Jahren immer noch gültigen Vorteile des Dreiphasen-Wechselstroms gehören heute zum Grundwissen, das an Universitäten und Fachhochschulen vermittelt wird.
Nach 1905 hat er sich zumindest kurzzeitig intensiv mit der SRT befasst, allerdings auf eine eher unrühmliche Weise. Seine Kritik an der SRT kommt, wie heute nicht anders, im Wesentlichen ohne Mathematik aus, bemüht dafür aber den sogenannten gesunden Menschenverstand, Alltagserfahrungen und spirituelle Motive. In den letzten jahres seines Lebens scheint er überhaupt zunehmend den Kontakt zur Wirklichkeit verloren haben. Seine Schriften wurden visionär, um nicht zu sagen phantastisch. Auf dem Gebiet der Elektrotechnik gearbeitet hat er, obschon noch längst kein alter Mann, ab etwa 1910 gar nicht mehr.
1917 wurde er von einer Kommission der amerikanischen Marine befragt, wie man getauchte Unterseeboote mit elektronischen Mitteln aufspüren könne. Er war der Meinung, dass dies mit mit einer Technologie, die man heute Radar nennen würde und die er bereitzustellen gedenke, möglich sei und im weiteren Verlauf nicht davon zu überzeugen, dass die Wasseroberfläche für die damals technisch mögliche elektromagnetische Strahlung undurchdringlich ist. Während des kalten Krieges bauten Amerikaner und Sowjets ELF-Sendeanlagen zur Kommunikation mit getauchten U-Booten. Aber heute wie damals wäre die Technik nie dazu geeignet, Objekte zu identifizieren und verfolgen.
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