Sein nächster Gönner war J.P. Morgan, in dessen Dienste er sich begab, um Geld für seine Hochfrquenzforschung zu erhalten. Dieses Feld beackerte er intensiv und es erwies sich als äußerst fruchtbar. Es brachte ihm Patente auf wichtige Komponenten der späteren Funktechnik ein. Allerdings blieben seine eigenen Bemühungen, eine Funkanlage zu bauen vergebens. Ebenso seine Forschungen zu dem, was später die Röntgen- und Radartechnologie werden sollten. Man könnte sagen, seine Arbeit war fruchtbar aber brotlos. In gewisser Weise ging es ihm wie einem Gärtner, der die ersten zarten Triebe dereinst mächtiger Bäume zog, mit deren Früchten er aber nichts anzufangen wusste. Sein Verdienst ist es, viele Bausteine bereitgestellt zu haben – sie zu einem funktionierenden Stück Technik hat er sich Jahre lang redlich bemüht. Morgan sah dem nicht ewig zu und trennte sich schließlich von ihm. Legenden über noch unveröffentliche Schriften und Erfindungen Teslas, ganz weit hinten in J.P. Morgans Privattressor drängen sich förmlich auf.
Ein nicht totzukriegendes Gerücht besagt, dass in 1944 der amerikanische oberste Gerichtshof festgestellt hätte, dass Tesla und nicht Marconi der Ruhm zustünde, die erste Funkübertragung über den Atlantik durchgeführt zu haben. In der Tat hat Marconi auf eine Reihe von Patenten Teslas zurückgegriffen, aber letzten Endes war die Funkanlage seine eigene Konstruktion und ihre Betriebsparameter seine eigene Entwicklung. Wie Tesla nicht aus dem Nichts kam, sondern auf Arbeiten anderer aufbaute, kam auch Marconi nicht aus dem Nichts. Genau das stellt auch jenes Urteil so fest, aber das nur nebenbei.
Teslas größte Eigenleistung dürfte die Erfindung des Resonanztransformators sein, der heute eine sehr limitierte Anwendung beim drahtlosen Laden von Kleingeräten hat, vielleicht für die Elektromobilität wichtig wird und in Form von Show-Geräten äußerst cool aussieht.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Es geht mir nicht darum, dass andere etwas vor Tesla gebaut oder herausgefunden haben. Es ist nicht wichtig, wer zu erst kommt, sondern wer die beste Lösung entwickelt. Daran scheitert das Bild von Tesla als Überfigur der elektrischen Energietechnik. Er hat zwar viele Patente auf Kraft- und Arbeitsmaschinen erhalten, aber ein Gutteil davon ist von der technischen Entwicklung in wenigen Jahren überholt worden (sein Elektromotor, die Funktechnik, etc.), ein anderer Teil bringt spezielle Vorteile, aber grundsätzliche Nachteile (die Tesla-Turbine), wieder ein anderer funktioniert schlicht nicht (Drahtlose Energieübertragung in seinem Sinne, sein Solar-Kondensator).
Ich wiederhole mich: Tesla war sicher ein guter Ingenieur, aber er war nicht das Genie, zu dem er viel zu oft gemacht wird.
Ein Denkmal vom Sockel zu stoßen ist ein innerlicher Prozess
Helden zu entzaubern tut weh. Es ist nicht nur der Verlust einer richtungsweisenden Bezugsperson, auch die schlichte Tatsache, sich bei etwas wichtigem geirrt zu haben.
Darüber gibt’s nichts zu lachen. Man mag sich sagen “Ist doch nicht schlimm” und sich dessen stets versichern, aber am Ende wundert man sich vielleicht selbst, wie sehr es schmerzt. Das eigene Leben kann doch nicht falsch gelaufen sein. Der eigene Glaube (um dieses nicht ganz richtige Wort zu verwenden) war doch sicher nicht vergebens. Und dann sind da ja die Menschen um einen herum. Werden sie meinen Abfall vom Glauben tolerieren? Oder werden sie mich, im andern Fall, auslachen, weil ich so lange einem Irrtum anhängig war?
Soziale Apkzeptanz ist für uns immens wichtig. Niemand steht gern als Dummkopf oder Naivling da. Auch darüber mag man den Kopf schütteln. Aber damit täuscht man sich nur selbst. Da weiss ich, was ich sage…
In vielen Situationen denken wir immer noch in den Dimensionen einer überschaubaren Gruppe von Individuen, mit denen wir unmittelbar in Beziehung stehen. Früher war diese Gruppe für uns lebenswichtig und so entstand ein psychologischer Prozess, der den Gruppenzusammenhalt fördert, indem Dissonanz mit der Gruppenmeinung sanktioniert und Konsonanz belohnt wird. In einfachen Worten: Ich glaube, was meine Gruppe glaubt und wenn mein Glaube erschüttert wird, dann werde ich zunächst eher versuchen, die Erschütterung zu rationalisieren, also irgendwie zu erklären, bevor ich den Gedanken zulasse, dass ich mich geirrt haben könnte. Besonders schwer ändern wir unsere Meinung, wenn wir viel Zeit in einer anderen Gruppe mit gegenteiliger Auffassung verbringen. Mit dieser anderen Gruppe liegen wir vermutlich sowieso oft im Clinch. Falls wir uns irrten, müssten wir auch noch Spott und Hohn fürchten. Dass das nicht nur dummes Zeug ist, lässt bei Sekten beobachten: Nach einer nicht eingetretenen Prophezeiung reagieren die Mitglieder in der Regel nicht mit Aufgabe des Glaubens, sondern mit verstärkter Glaubensaktivität (dazu gibt es ein lesenswertes Buch: When Prophecy Fails).
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