Bei aller gespielten und authentischen Abgebrühtheit, die Rettungsdienstler oft gerne an den Tag legen und allem Lamentieren über den Job, die Arbeitszeiten, die Situationen und die Patienten sind die meisten Frauen und Männer im Rettungsdienst vor allem gut ausgebildete, hochqualifizierte und motivierte Helfer in der Not einerseits und ganze normale Menschen, die ihren Job gut machen wollen andererseits. Und diesen Leuten bringt man jetzt bei, wie man fachgerecht beim richtigen Patienten einen riesen Katalog an richtigen Maßnahmen ausführt, wie man in Notfallsituationen schnell und kompetent Hilfe leistet, wie man Aufgaben des Notarztes übernimmt, damit dieser für die wirklich lebensbedrohlichen Notfälle frei ist – und liefert sie dann dem Wohlwollen ihres jeweiligen Ärztlichen Leiters aus, der ihnen erlauben kann, ihre Fähigkeiten einzusetzen oder auch nicht. Und da der Ärztliche Leiter die Maßnahmen, die er seinen Notfallsanitätern erlaubt, rechtlich vertreten muss, ist auch zu verstehen, dass viele davor zurückschrecken, ihren Leuten zu viel zu erlauben, für das sie selbst später eventuell zur Verantwortung gezogen werden. Wie auch ich in meiner beruflichen Praxis immer wieder merke, macht es einen riesigen Unterschied ob man für eine Sache verantwortlich ist oder daran schuld. Ich muss auch immer wieder für Sachen gerade stehen, die andere verbockt haben. Es klingt zwar seltsam, aber es ist tatsächlich sehr viel unbefriedigender, wenn ich für eine Sache Schläge kassiere, für die ich gar nichts kann, als wenn ich weiss, dass der Fehler bei mir selber lag.
So kommt es dann zu diesen Situationen, in denen auf der Trage ein Patient mit Schmerzen liegt oder mit einem 240er Blutdruck oder sonst etwas und der Notfallsanitäter sitzt daneben und kann nur sagen: “Tja.”
So kommt es dann, dass motivierte junge Leute wie Du, Peter, frustriert über die Realität eines Berufes der ihnen offensichtlich viel bedeutet, sich selbst mit ätzendem Sarkasmus als Krankenwagenbelademeister bezeichnen.
Lieber Peter, ich bin total bei Dir. Ich weiss nicht, ob Dir das gesagt von einem Ehrenamtler in irgendeiner Weise weiterhilft, aber ich schließe mich Doc Caro an: Du bist kein Krankenwagenbelademeister. Deine Kompetenz steckt schon in Deinem Namen: Du bist Notfallsanitäter.
Notfallsanitäter.
Und vielleicht hilft Dein Aufruf auch dabei, an dem gegenwärtigen Zustand etwas zu ändern. Die ersten Schritte sind gemacht, denn der Bundesrat hat im Oktober 2019 beschlossen, sich des Problems anzunehmen und vorzuschlagen, den Notfallsanitäter im Rahmen seiner Kompetenz in gewissen Fällen zur Ausübung der Heilkunde zu berechtigen. Damit wären zwar immer noch nicht alle Spatzen gefangen, denn es bleiben einige Punkte ungeklärt, aber die gegenwärtige Situation wäre deutlich verbessert, es wäre ein Signal für die Professionalisierung des nichtärztlichen Rettungsdienstes und ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Eine kurze Internetrecherche sagt mir, dass Ärzteverbände wie der Hartmannbund sich mehrheitlich gegen eine diesbezügliche Änderung des Gesetzes stellen. Mit seiner Forderung steht der Bundesrat aber auch nicht allein da. Schützenhilfe gibt es z.B. von Seiten der Johanniter und vielleicht ringt sich mein eigener Laden, der mit den großen roten Additionszeichen, auch noch zu einer Stellungnahme im Sinne des Gesetzentwurfs durch.
Lieber Peter, Deine Frustration ist verständlich, Dein Zeichen ist richtig und wichtig. Du bist nicht allein.
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