“Truth has rarely been a friend of nuclear power”.

Mit diesen Worten beginnt das Vorwort zum World Nuclear Industry Status Report 2023, der wohl wichtigsten kritischen Bestandsaufnahme zur Kernenergie-Industrie, die in der Welt veröffentlicht wird. Die Stärke der Aussage und der Meinung, die sie ausdrückt, verwundert niemanden, der mit dem Werdegang der Autorin, Stephanie Cooke, vertraut ist, gehört Sie doch zu den meinungsstärksten Kritikerinnen der friedlichen Kernergienutzung. So ist auch der Bericht an sich, an dem neben ihr viele andere mitgewirkt haben, außerordentlich pessimistisch. Das war er schon immer, aber nachdem die Kernenergie allerorten in den letzten zwei Jahren wieder stärker diskutiert wurde, ist es mindestens bemerkenswert, für viele ganz bestimmt verwunderlich. Man muss auch nicht mit allen Schlussfolgerungen übereinstimmen, aber man kann ihm zugestehen, dass die langfristigen Trends bisher korrekt identifiziert wurden.

Mit diesem Statement leite ich ein, was möglicherweise eine kleine Serie wird, möglicherweise ein einzelner Artikel bleibt – genaueres weiss ich jetzt noch nicht; ich wurde letzte Woche zum zweiten Mal Papa und da die Schwangerschaft gegen Ende nicht ganz komplikationsfrei war (Mama und Kind geht’s nach der Geburt allerdings gut), bin ich mit meinen persönlichen Zeitplänen massiv in Verzug und kann nicht sagen, wie viel Zeit ich wofür in den nächsten Monaten werde aufwenden können.

Wer dieses Blog kennt weiss, dass die friedliche Nutzung der Kernenergie eines meiner großen Interessenfelder ist. Ich habe das ein oder andere Fachbuch studiert, das ein oder andere Vorlesungsskript durchgearbeitet, diverse populärwissenschaftliche Literatur gelesen und versuche am Puls der Zeit zu bleiben, indem ich regelmäßig auf den World Nuclear News, dem Power Reactor Information System PRIS oder beim WNISR vorbeischaue. Ich bin aber kein Experte. Ich bin kein Kerntechniker und ich habe nicht in der Kernenergie-Industrie im Speziellen gearbeitet. Ich bin und bleibe Laie. Allerdings kenne ich die Industrie an sich und ihre Abläufe und Dynamiken ziemlich gut und deswegen stelle ich mir hin und wieder- hoffentlich – qualifizierte Fragen. Welchen Weg die friedliche Nutzung der Kernenergie weltweit in den nächsten Jahrzehnten nehmen wird, steht dabei ganz oben.

Eingedenk des 70. Jahrestages der Inbetriebnahme des ersten dediziert friedlichen Zwecken dienenden Kernkraftwerks im russischen Obninsk vor ein paar Tagen lohnt es sich, diese Frage mal wieder ganz bewusst zu stellen und zur Diskussion darüber einzuladen. Vorweg ein paar zusammengewürfelte Gedanken:

Als ich 2007 anfing zu studieren waren weltweit 447 Leistungsreaktoren in Betrieb. Das gros war in den 1970er und 80er Jahren gebaut worden und gehörte schon zur 1.000-MW-Klasse, allerdings gab es auch noch einige viel kleinere Anlagen aus den ersten Jahren der Kernenergienutzung.

am 01. Juli 2024 sind 416 Leistungsreaktoren in Betrieb. Das gros dieser Anlagen hat Blockleistungen > 800 MW und was aktuell neu gebaut oder geplant wird hat sich im Bereich 1.000 MW eingependelt, mit einzelnen Einheiten größerer Leistung. Möglicherweise werden die Kraftwerke der nächsten Generation Blockleistungen im Bereich 1.500 MW haben, aber zurzeit ist das noch nicht sicher. Von den kleinen Anlagen der ersten Generation ist praktisch keine mehr am Netz und Small Modular Reactors spielen keine Rolle (Außer dem russischen Akademik Lomonossow gibt es keine Anlage, für die die Beschreibung zutreffend wäre).

Interessantes Detail: In den letzten zehn Jahren wurde eine bedeutende Zahl von Leistungsreaktoren der zweiten Generation vom Netz genommen. Zählt man folgendes nicht mit:

  • den deutschen und belgischen Kernenergieausstieg
  • die japanische Reaktorflotte (wegen der Nachwirkungen des Unfalls von Fukushima)
  • die ukrainischen Kraftwerke, die wegen des Krieges nicht laufen
  • alle Kraftwerke < 500 MW

dann weist, wenn ich mich nicht verzählt habe, das PRIS für die Jahre 2013 bis Mitte 2024 folgendes aus:

  • 9 Reaktoren in zwischen 500 und 800 MW
  • 17 Reaktoren > 800 MW

wurden permanent abgeschaltet.

  • 67 Reaktoren > 500 MW

wurden neu mit dem Netz verbunden.

Die neuen Reaktoren haben im Mittel Blockleistungen von etwa 1.100 MW. Auf den ersten Blick ist das, unter Vernachlässigung von Sondereffekten, ein großer Zubau. Allerdings tut sich mir da eine Frage auf, der zwei Beobachtungen zugrunde liegen:

1. Ein abgeschriebenes Kernkraftwerk sollte für den Betreiber eine Gelddruckmaschine sein. In allen Kalkulationen und frei zugänglichen Dokumenten wird betont, dass der bei weitem größte Teil der Stromgestehungskosten auf den Bau der Anlage entfällt. Der nächstgrößere ist der Rückbau, Betriebskosten und Brennstoff machen nur einen kleinen Teil aus. Abgeschriebene Kraftwerke sind per Definition bezahlt.

2. Kaum eine Aufsichtsbehörde auf der Welt verweigert Laufzeitverlängerungen. Es gibt mittlerweile viele Beispiele für Anlagen, die über 40 Jahre hätten weiterbetrieben werden dürfen und nur ein paar wenige, z.B. Thiange-1 und Doel-1 und -2 in Belgien (aber die Klammern wir aus, weil Belgien den Kernenergieausstieg beschlossen hat und oben deswegen nicht mit betrachtet wurde), bei denen die Behörde den Weiterbetrieb verweigert oder bei denen es, wie bei Diablo-Canyon-1 und -2 in den USA zu größeren Diskussionen zwischen Betreiber und Behörde kam (bevor die Verlängerung bewilligt wurde).

Von den großen Anlagen, die in den letzten zehn Jahren vom Netz genommen wurden, hatten einige noch nicht die 40 Jahre erreicht. Warum werden Anlagen in kernergiefreundlichen Ländern vom Netz genommen, die zumindest prinzipiell weiterbetrieben werden könnten?

Anderes Detail: Das PRIS liefert für die letzten 20 Jahre für die Neubauten folgendes Bild: Bis 2010 steigt deren Zahl pro Jahr an. Dann, nach der Katastrophe von Fukushima, sinkt sie rapide ab, steigt bis 20213 wieder an; es folgt ein Auf und Ab bis 2020 und seitdem ist sie wieder gesunken. Was könnte das bedeuten?

Seit rund zehn Jahren gibt es das Konzept der Small Modular Reactors, aber wirklich viel passiert ist seither nicht und ich mache keinen Hehl daraus, dass ich nicht so recht an ihren Siegeszug glauben kann. das Ponton-Kraftwerk Akademik Lomonossow ist zurzeit das einzige seiner Art auf der Welt, das ich so bezeichnen würde und auch das wurde nicht als SMR geplant, sondern wird im Nachhinein so genannt, weil es sehr nahe am ursprünglichen Konzept ist. Manche Anlagen, wie der chinesische HTR-PM, werden oft dazugezählt, aber in meinen Augen ist die Bezeichnung von Kraftwerken der 300-MW-Klasse als SMR vor allem ein Werbeversprechen. Sie sind nicht modularer oder weniger modular als große Leistungsreaktoren, nur kleiner. Technisch modern, aber konzeptionell nicht unähnlich den Reaktoren der späten ersten und frühen zweiten Generation, die Ende der 1950er bzw. 1960er Jahre gebaut wurden. Vom eigentlichen Ziel der fabrikmäßigen Produktion einer Standard-Anlage im Sinne einer Package Unit sind sie weit entfernt. Wie wird es an dieser Front weitergehen?

Eng mit der SMR-Entwicklung verknüpft ist das wieder aufblühende Interesse an Konzepten wie Thorium-Nutzung, Flüssigmetallkühlung, Salzschmelze-Reaktoren und gesteigerten Temperaturen. das Advanced Reactor Information System ARIS der IAEA weist neben den Druck- und Siedewasser-Reaktoren neun fortschrittliche Konzepte aus. Allesamt interessant, aber allesamt auch schon mal dagewesen und mit ihren ganz eigenen Herausforderungen behaftet. Zurzeit dominiert aus guten Gründen bei Neubauten mit weitem Abstand der Druckwasser-Reaktor. Wird sich daran in der nahen Zukunft (bis ca. 2035) etwas ändern?

Im Zuge der immer sichtbarer werdenden Konsequenzen des Klimawandels und vor allem im Kielwasser des russisch-ukrainischen Krieges und der Sorge um die Energieversorgung ist das Interesse an Kernkraftwerken in vielen Ländern deutlich gestiegen. Das Vereinigte Königreich und Frankreich haben unter den Europäischen Nationen die größten Ankündigungen gemacht und sie stehen damit beileibe nicht allein. An Ankündigungen ist die Geschichte der Kernenergie allerdings deutlich reicher als an realisierten Anlagen. Was wird, eingedenk der realen Kosten- und Terminüberschreitungen von Flamanville, Olkiluoto und Hinkley Point C, in zehn Jahren wirklich neu auf den Weg gebracht worden sein?

Das sind fünf Fragen innerhalb dieses riesigen Themenkomplexes, die mich zurzeit besonders bewegen. Ich bin gespannt, welchen Input wir dazu hier werden lesen können.

Kommentare (59)

  1. #1 rolak
    1. Juli 2024

    2024 sind 416 Leistungsreaktoren in Betrieb

    ^^das hätte ich weit höher beziffert – allerdings ausschließlich auf der Datenbasis ‘gefühlt’ 😉

    Ich bin gespannt

    Dito. Und ich hoffe, daß sich die angekündigt ‘kleine Serie’ selber nicht allzu sehr im Umfang einschränkt.

    • #2 Oliver Gabath
      3. Juli 2024

      Das ist interessant, nicht wahr? Gefühlt scheint die Welt etwas völlig anderes zu machen als Deutschland, in der Wirklichkeit ist die Kernenergie zwar nicht tot, hängt aber schon seit Jahrzehnten am Tropf.

    • #3 rolak
      3. Juli 2024

      Was mir heute auf Arbeit einfiel: wenn denn schon die an Land stehende Masse so klein ist, schlagen doch die bisher von mir garnicht mitgedachten Reaktoren auf Flugzeugträgern und SS*N recht stark zu Buche – mit bummelig 100MW sind die ja nicht gerade leistungsarm…

    • #4 Oliver Gabath
      9. Juli 2024

      Das ist richtig, aber auch da liegen die geburtenstarken Jahrgänge lange zurück und vor allem muss ein Kernreaktor für ein Schiff nicht kostendeckend elektrische Energie für Haushalte und Industrie bereitstellen. Wo wir’s aber davon haben: Admiral Rickovers Memo zu ‘Paper Reactors’ ist immer wieder lesenswert.

  2. #5 Naja
    1. Juli 2024

    Eine realistische Betrachtung der Kosten der Stromerzeugung ist nicht möglich, da die Kosten für die Endlagerung nicht abschätzbar sind.

    • #6 Oliver Gabath
      3. Juli 2024

      Das Argument mag stimmen oder nicht, spielt aber in der Praxis keine Rolle. Keine kernenergie treibende Nation hat sich darum je wirklich Sorgen gemacht.

  3. #7 Staphylococcus rex
    2. Juli 2024

    Ich bin in dieser Frage innerlich zerrissen. Als Brückentechnologie macht Kernenergie Sinn. Angesichts der langen Planungs- und Laufzeiten bedeutet dies, dass in erster Linie die Laufzeit von bestehenden AKW verlängert werden sollte und auf den Neubau von AKW, die nicht innerhalb der nächsten 5 Jahre in Betrieb gehen, grundsätzlich verzichtet werden sollte.

    Ungelöst bleiben dabei zwei grundsätzliche technologische Schwächen: Erstens die Endlagerung über geologische Zeiträume (von Millionen Jahren) und zweitens die Kühlwasserproblematik und Nachzerfallswärme. Selbst bei einer kompletten Abschaltung muss ein großes AKW über Jahre hinaus aktiv gekühlt werden. Ausreichende Mengen an Kühlwasser gibt es am Meer oder an großen Flüssen. Leider sind große Teile der Meeresküsten Subduktionszonen (=pazifischer Feuerring) und viele Flüsse befinden sich im Bereich geologisch aktiver Bruchzonen. Bei Erdbeben und Tsunamis (und Vulkanausbrüchen) stößt die menschliche Technologie schnell an ihre Grenzen (Beispiel Fukushima).

    Wir haben hier einen grundsätzlichen Interessenskonflikt, die Regionen, wo viele Menschen mit einem hohen Energiebedarf leben und wo ausreichend Kühlwasser vorhanden wäre, sind genau die Regionen, wo aus geologischen Gründen ein AKW auf keinen Fall gebaut werden dürfte.

  4. #8 N
    2. Juli 2024

    “Wir haben hier einen grundsätzlichen Interessenskonflikt”
    Nicht nur einen Interessenkonflikt.
    Die Kernkraft soll ja die Welt sicherer machen , indem sie CO2 vermeidet.
    Tatsächlich, macht sie die Welt unsicherer, weil Unfälle nicht ausgeschlossen werden können.
    Und die Folgen dieser Unfälle, die werden die Menscheit noch in 10 000 Jahren beschäftigen werden. Und dann wird man unsere Generation verfluchen für ihre Kurzsichtigkeit.

  5. #9 hto
    2. Juli 2024

    @N: “Und dann wird man unsere Generation verfluchen für ihre Kurzsichtigkeit.”

    Nee, wenn, dann wegen der heuchlerisch-verlogenen Pflege unserer Bewusstseinsschwäche in wettbewerbsbedingter Symptomatik.

    Wenn es die Menschheit in 10000 Jahren noch gibt, was Stand heute ziemlich unwahrscheinlich ist, dann hat man sich die Zeit genommen (Zeit die wir heute wegen der “Ökonomie” der wettbewerbsbedingten Symptomatik nur nehmen wenn’s profitabel ist) und hat Gegenmaßnahmen entwickelt, die wir heute nur im Rahmen eines Transmutationsbeschleunigers ahnen können. 😉

  6. #10 N
    2. Juli 2024

    hto
    ein Fehler bleibt ein Fehler, ob man ihn jetzt Kurzsichtigkeit nennt oder Bewusstseinsschwäche, das
    macht es nicht besser.
    “WIR GARANTIEREN, DASS WIR FÜR NICHTS GARANTIEREN KÖNNEN. In: Marxistische Zeit- und Streitschrift 1980-1991,”
    Das trifft es doch eher ?

  7. #11 hto
    wo die Schuld- und Sündenbocksuche ...
    2. Juli 2024

    @N: “ein Fehler bleibt ein Fehler”

    – Aber nur wenn man/Mensch(en) nicht aus den Fehlern lernt, so wie aus dem zeitgeistlich-reformistischen Kreislauf des stets GLEICHERMAßENEN imperialistisch-faschistischen Erbensystem, wo die Fehler nur andere Namen bekommen!? 😉

  8. #12 wereatheist
    2. Juli 2024

    @Staphylococcus rex:

    Endlagerung über geologische Zeiträume (von Millionen Jahren)

    ist halt die übliche Übertreibung: bei direkter Endlagerung von Brennstäben aus LWRs ist das Zeug nach ca. 1/3 Millionen Jahren nicht wesentlich radioaktiver als Gestein mit dem gleichen Urangehalt (und Uran macht ca 2 ppm der Erdkruste aus).
    Bei den Fukushima-Reaktoren wurde es komplett versäumt, irgendwelche Vorkehrungen für Tsunamis zu treffen, das wäre noch nicht mal teuer gewesen.
    Reaktoren (wie überhaupt Gebäude) einigermaßen erdbebenfest zu bauen, ist auch keine Hexenkunst mehr, wenn es unterlassen wird, ist das gewollt (oder grobfahrlässig).

    • #13 Oliver Gabath
      3. Juli 2024

      Ohne es sicher zu wissen ist mein Verdacht, dass das Hauptproblem die Spaltprodukte mittlerer Halbwertszeit (Jahre bis Jahrzehnte) sind. Die setzen beim Nachzerfall im Reaktor und auch nach mehreren Jahren im Abklingbecken noch beträchtliche Wärme frei, die irgendwie abgeführt werden muss.

  9. #14 Uli Schoppe
    3. Juli 2024

    Das Problem das radioaktiver Abfall lange radioaktiv bleibt ist natürlich eines. Aber wird zu viel im Vordergrund betrachtet.
    Einfach mal die konkreten Probleme der Asse betrachten, findet man ja schon bei der Tagesschau.
    Selbst jetzt schon ist die nicht vernünftig beherrschbar. Ein Albtraum für Unfallforscher.
    Will man das wirklich, sich hinstellen und sagen das kriegt man mit Technik schon in den Griff? Wenn das Grundwasser mal versaut ist viel Spaß für die die in der Nähe leben.
    Und selbst wenn mit dem was gerade akut strahlt nichts wildes passiert : Das ist am Ende einfach massiv teuer. Hat sich was mit billigem Strom.
    Atomkraftwerke sind finanziell aus der Warte einfach unvernünftig.
    Aber wenn es nicht auf der Stromrechnung steht ^^
    Man muß gar nicht den “Fluch des Atoms nach Jahrmillionen” heran ziehen um das schlecht zu finden. Wir haben das einfach nicht im Griff. Und werden das vermutlich auch nicht hin bekommen.

  10. #15 Staphylococcus rex
    3. Juli 2024

    Die Kernspaltung im Routinebetrieb ist nach meiner Einschätzung als sicher zu werten und die Kosten für Aufbau, Betrieb und Rückbau eines AKW sind derzeit halbwegs gut kalkulierbar. In dieser Formulierung sind die Kosten und Risiken für Endlagerung und die Kosten für die Absicherung gegen Risiken außerhalb des Routinebetriebs nicht enthalten.

    Bei der Endlagerung bin ich mit dem Zeitrahmen vielleicht etwas über das Ziel hinaus geschossen. Vermutlich reicht es, wenn man postuliert, dass ein Endlager für etwa 4000 Jahre wartungsfrei sein muss und dabei einen sehr hohen Grad an Schutz (vor Allem des Grundwassers) bieten muss und weitere 40 000 Jahre einen weitgehenden Schutz bieten sollte. Sollte die Menschheit in 4000 Jahren noch existieren, dann dürften sich die technischen Möglichkeiten deutlich weiter entwickelt haben. Angesichts der aktuellen Herausforderungen durch den Klimawandel ist ein postapokalyptisches Zeitalter von mehreren hundert Jahren Dauer nicht ganz ausgeschlossen, deshalb die Forderung nach 4000 Jahren garantiertem Schutz und Wartungsfreiheit. Über den Zustand von ehemaligen Salzstöcken als potentielle Endlager brauchen wir hier hoffentlich nicht zu diskutieren.

    Was die Risikobewertung für aktuelle AKW betrifft (incl. des Zeitraums für ca. 10 Jahre nach Abschaltung), sehe ich die Sache etwas komplizierter als wereatheist #10. Ein AKW kann sich bei einer Katastrophe nicht einfach zur Seite bewegen, ist also eine echte “Immobilie”. Die Kosten für den GAU in Fukushima liegen ca. bei 400-600 Milliarden US$. Im Nachhinein ist man immer schlauer, entscheidend ist die Risikobewertung bei der Planung eines AKW. Wenn es genügend AKW gibt, werden auch seltene Risiken relevant wie z.B. Tsunamis, die nur alle 1000 Jahre auftreten. Neben den geologischen Risiken (Erdbeben, Tsunamis, Vulkanausbrüche) gibt es weitere Risiken (Wirbelstürme, Sonneneruptionen/KMA), die theoretisch einzeln alle beherrschbar sind, aber bei konsequenter Umsetzung die Baukosten eines AKW deutlich in die Höhe treiben.

    Ein Risiko ist grundsätzlich nicht vorhersagbar, das Risiko, dass ein AKW sich im Bereich eines konventionellen kriegerischen Konflikts befindet. Wer hätte vor 50 Jahren ahnen können, dass Russland der Ukraine den Krieg erklärt? Meine persönliche Haltung dazu ist klar: Atomkraft als Brückentechnologie unter strengen Auflagen Ja (die Büchse der Pandora ist ja bereits weit geöffnet), als Zukunftstechnologie ein klares Nein.

  11. #16 Naja
    3. Juli 2024

    Eigentlich ist ein Endlager bis auf die Erkundungskosten ohnehin kostenlos, da es nie eins geben wird. Es ist nirgends in Deutschland politisch durchsetzbar, selbst in Bayern oder Sachsen nicht. Also wird auch nie eins errichtet werden. Es bleibt die Option das Zeug per Zug nach Russland zu schicken, wo es da im Wald abgestellt wird oder es ins Meer zu verklappen oder FDP-mäßig auf ein technisches Wunder zu hoffen.

  12. #17 N
    3. Juli 2024

    Naja
    ein Argument wurde bis jetzt bewusst ausgespart, KKWs erzeugen Plutonium und das bracht man als Weltmacht.

    wir reden also über des Kaisers Bart.

    • #18 Oliver Gabath
      9. Juli 2024

      Theoretisch richtig, aber alle Nationen, die Kernwaffen entwickelt haben, sind über den Weg dedizierter Reaktoren zur Erbrütung des Waffenplutoniums gegangen (In aller Kürze: Den Prozess in einem kommerziellen Reaktor so zu führen, dass ein günstiges Verhältnis von Pu-239 zu Pu-240 erzeugt wird, ist wesentlich schwieriger und umständlicher als einen Reaktor zu bauen, der nichts anderes macht). Proliferation ist ein inheräntes Problem der Kerntechnik und nicht an Reaktorkonzepte oder die Trennung zivil/militärisch gebunden.

  13. #19 Staphylococcus rex
    3. Juli 2024

    @ N: Dass Brutreaktoren und kommerzielle Reaktoren zur Energieerzeugung sich unterscheiden, sollte eigentlich allen klar sein:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Brutreaktor
    Ich dachte, wir reden hier über die Zukunft der kommerziellen Kernspaltung

  14. #20 N
    3. Juli 2024

    Rex,
    Jeder Kernreaktor ist auch ein Brutreaktor.
    Bei der Spaltung des Uran 92 wird immer auch Plutonium mit erbrütet. Das lässt sich nicht vermeiden !
    Und es war auch ein Kostenfaktor für die deutsche Atomwirtschaft, weil wir das Plutonium nicht selbst abscheiden durften, die Brennstäbe wurden nach La Hague oder nach Sellafield transportiert.

  15. #21 N
    3. Juli 2024

    Korrektur: es muss heißen Uran 235 nicht 92 !

  16. #22 Staphylococcus rex
    3. Juli 2024

    @ N: Im verbrauchten Kernbrennstoff ist zwar ca. 1% Plutonium enthalten, allerdings gibt es dort zwei Isotope, 239 und 240, wobei nur das Isotop 239 für Kernwaffen geeignet ist.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Verbrauchter_Kernbrennstoff
    Im Brutreaktor ist der Anteil des Isotops 239 so hoch, dass eine chemische Abtrennung des Plutoniums genügt, bei abgebrannten Brennstäben wäre eine zusätzliche Anreicherung zur Trennung der beiden Isotope erforderlich.

    Aus der Sicht der kommerziellen Kernspaltung ist Plutonium in abgebrannten Brennstäben kein Rohstoff, sondern lästiger Abfall, weil toxisch, radioaktiv und rechtlich problematisch.

  17. #23 Naja
    3. Juli 2024

    Man kann natürlich auch argumentieren, dass wir schon eine große Abfallmenge haben und es nun egal ist, wenn die noch wächst. So oder so werden sich unsere Nachkommen darum kümmern müssen und für unseren “billigen” Strom zahlen.

  18. #24 N
    3. Juli 2024

    Rex
    “weil toxisch, ………………………..”
    für eine schmutzige B reicht das !

    Naja
    “und es nun egal ist, wenn die noch wächst.”
    Das ist ein gutes Argument.
    J. Stalin meinte sinngemäß:
    “Wenn ein einzelner Mensch stirbt ist es eine Katastrophe, wenn Millionen sterben ist es nur noch Statistik”

  19. #25 hto
    wo Steuern zahlen und Sonstiges schon immer keine ...
    4. Juli 2024

    @Oliver Gabath: #4 “Das Argument mag stimmen oder nicht, spielt aber in der Praxis keine Rolle. Keine kernenergie treibende Nation hat sich darum je wirklich Sorgen gemacht.”

    Da musste ich zustimmend schmunzeln und an folgendes denken: In der Vergangenheit hieß es “Der Abbau von Rohstoffen auf dem Mond ist undenkbar, weil niemals kostendeckend”. Jetzt ist dieser sogar zu einem Wettlauf um Helium 3 geworden, obwohl niemand weiß ob es dort genug davon gibt. 😉

    WIR WERDEN VERSCHEISSERT, von einer Minderheit die nicht nur Monopoly spielt, sondern vor allem auch schon Sozialismus und Gemeinschaftseigentum OHNE wettbewerbsbedingte Symptomatik!!!

    • #26 Oliver Gabath
      9. Juli 2024

      Helium-3 vom Mond ist ein Pfeifentraum. Lass es mich mal so ausdrücken: Bevor wir Helium-3-Reaktoren sehen, werden Thorium-Reaktoren laufen.

  20. #27 wereatheist
    4. Juli 2024

    @Naja:

    Es bleibt die Option das Zeug per Zug nach Russland zu schicken, wo es da im Wald abgestellt wird

    Ich erinnere mich dunkel, vor dreißig(?) Jahren im TV einen ‘dystopischen’ Film gesehen zu haben, in dem Der Held und Die Heldin nach vielen Abenteuern die ‘schockierende’ Entdeckung machen, dass im australischen outback, mitten in der Wüste, in einem offenbar nicht besonders gut bewachten Sperrgebiet, die deutschen Castoren lotrecht herumstehen wie Menhire.
    Eine antarktische ‘Oase’ (ohne Eis weil zu trocken) wäre freilich noch besser geeignet.
    Erfüllt halt noch nicht ganz das Kriterium “wartungsfrei für 4000 (+ x)Jahre”.

    • #28 Oliver Gabath
      9. Juli 2024

      Falls Du gelegentlich über den Titel stolperst, lass es mich wissen – klingt interessant. Ich kann auch zwei beisteuern, die in Deutschland produziert wurden:

      “Gambit”, ein Fernsehzweiteiler aus den 1980ern über nuklearen Terrorismus.

      “Albtraum Atommüll” eine Doku über den Umgang mit bestrahlten Kernbrennstoffen bis in die 2000er.

  21. #29 Staphylococcus rex
    9. Juli 2024

    2 Kleine Ergänzungen:
    1. Nach meiner Kenntnis gibt es bis jetzt genau ein funktionierendes Endlager für hochradioaktiven Abfall, und zwar in Finnland:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Endlager_Olkiluoto
    Allerdings hat Finnland dabei zwei Besonderheiten: Einerseits ist die Anzahl an Reaktoren überschaubar, zusätzlich ist die ganze Region geologisch wenig aktiv.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Kraton
    Wenn man fordern würde, dass Endlager für hochradioaktiven Abfall im Bereich von Kratonen liegen sollen, dann wären für viele Länder nationale Lösungen nicht mehr möglich. Gibt es eigentlich einen allgemeinen Konsens über die Anforderungen an ein Endlager?

    2. Der Rückbau von AKW scheint nur dann zu funktionieren, wenn diese AKW vorher kommerziell erfolgreich waren. Aber wer bezahlt für den Rückbau von Investruinen?
    https://www.spiegel.de/wirtschaft/atomkraft-wer-muss-den-abriss-des-atommeilers-hamm-uentrop-bezahlen-a-efbe83d2-a63e-44cc-91fb-85a689ddf06b

    • #30 Oliver Gabath
      9. Juli 2024

      Zu 1.:
      Auf das Endlager Olkiluoto schauen grade gespannt alle und es ist ja auch interssant, immerhin soll es das erste seiner Art für wärmeentwickelnden Abfall sein. Ich halte alle Daumen, auf die ich Zugriff habe, gedrückt, dass es was wird und nicht unvorhergesehene Umstände den Betrieb stören oder es zu große Probleme für zukünftige Endlager aufzeigt oder schlimmeres. Es hat so viele Jahrzehnte Anstrengung überall auf der Welt gebraucht, um so weit zu kommen, da wünsche ich dem Lager nur das Allerbeste, damit weltweit in der Endlagersuche mal was voran geht.

      Die geologischen Kriterien scheinen mir vor allem zu sein, dass die Lagersätte geologisch möglichst inaktiv ist, keine Verschleppung von Undichtigkeiten in die Umgebung oder gar Grundwasser möglich, und die Abwärme sicher abgeführt wird. In den unterschiedlichen Ländern wurden die unterschiedlichsten geologischen Formationen erkundet, je nachdem was die Erkunder finden konnten. Schwierig, als Außenstehender zu bewerten.

      Zu 2.:
      Hamm-Uentrop ist vielleicht nicht ganz fair, weil’s kein Leichtwasserreaktor ist und man beim Bau kaum abschätzen konnte, wie teuer es wirklich wird, aber auch wieder ein gutes Beispiel dafür, wie schwierig die wahren Kosten zu kalkulieren sind. Im Fall der Kernenergie besonders bitter, weil der Kostenträger am Ende immer der Staat sein wird. Mein innerer Schelm wundert sich ja, ob den Beteiligten damals mit der Entscheidung für den ‘sicheren Einschluss’ nicht ein Stein von der Größe eines deutschen Mittelgebirges vom Herzen gefallen ist. Wer ab 2030 die Verantwortung für die volle Windel tragen darf, tut mir jetzt schon leid.

  22. #31 hto
    9. Juli 2024

    Alles fing mit einem vermeintlichen Witz der Russen an: “Gebt uns euren Atommüll, wir schmeissen ihn in ein tiefes Loch und zünden noch eine Atombombe darauf”.

    🙂 – Doch halt, wie Berechnungen dann ergeben, würde die Halbwertzeit dadurch schlagartig halbiert.
    Wissenschaft hin / Forschung her: Nun haben wir den Transmutationsbeschleuniger, der vielleicht sogar alles gegen Null bringen kann. Leider ist die Umsetzung mal wieder eine Frage vom Stumpfsinn in “Wer soll das bezahlen!?” 🙁

  23. #32 Staphylococcus rex
    10. Juli 2024

    Das ist zwar etwas off topic, aber wenn in ca. 10-15 Jahren eine permanente Mondbasis aufgebaut werden soll, dann haben die Menschen dort ein sehr spezielles Energieproblem. 2 Wochen Solarenergie im Überfluss und dann 2 Wochen Dunkelheit. Energie für 2 Wochen zu speichern dürfte ebenfalls schwierig sein. Andererseits gibt es dort keine Atmosphäre und kein flüssiges Wasser, was die Risikobewertung von Kernkraftwerken im Vergleich zur Erdoberfläche deutlich verändern dürfte. Ein Natriumbrand oder ein Graphitbrand ist dort aus naheliegenden Gründen schwer vorstellbar. Ich denke da z.B. an flüssiges Natrium als Kühlmittel (wie beim schnellen Brüter in Kalkar, der wegen seiner Risiken nie in Betrieb gegangen ist).

    Gibt es eigentlich Ideen für Reaktoren außerhalb der Erdoberfläche? (Den Link in Kommentar #4 habe ich mit großem Vergnügen gelesen).

  24. #33 wereatheist
    10. Juli 2024

    @Staphylococcus rex:

    Gibt es eigentlich Ideen für Reaktoren außerhalb der Erdoberfläche?

    Was heißt hier ‘Ideen’, sozusagen dialektisch-materialistisch verwirklicht, durch die Sowjetunion waren die Reaktoren der RORSATs (der offizielle Name war natürlich jeweils Kosmos-(irgendeine Nummer)).
    Hoch angereichertes Uran, gekühlt mit Natrium-Kalium-Eutektikum (ist noch bei ziemlich tiefen Temperaturen flüssig).
    Die Kühlmittelkugeln kreisen auch heute noch um die Erde (nicht lustig).

  25. #34 Staphylococcus rex
    11. Juli 2024

    @ wereatheist, Danke für den Hinweis. Um die Pointe zu verstehen, hätte Dein Beitrag auch etwas ausführlicher sein können. Bei dieser speziellen Serie an Satelliten handelt es sich um aktive Radarsatelliten in einer Höhe von knapp 1000 km. Die Erdatmosphäre ist in dieser Höhe kein Problem, es sei denn man hat einen deutlich erhöhten Energiebedarf wie diese Satelliten, bei denen die vergrößerten Solarpanele zu einer deutlich kürzeren Lebenszeit geführt hätten.
    https://de.wikipedia.org/wiki/RORSAT

    Die Reaktoren werden zum Ende der Lebenszeit auf einen höheren Orbit geschossen, der eine Zeitreserve von mehreren hundert Jahren verschafft, aber nicht wirklich sicher ist. Von einem “Endlager” kann hier keine Rede sein.

    Die größte Sauerei ist aber: “Konstruktionsbedingt emittierten die Satelliten ihr Kühlmittel, eine eutektische Natrium-Kalium-Legierung (NaK), beim Abtrennen des Reaktorkerns in den Orbit. Es wird geschätzt, dass es in den nächsten Jahrzehnten weiterhin in der Größenordnung 10.000 Tropfen gibt (ca. 5 mm bis maximal 55 mm Durchmesser).”

    Das ist nicht lustig, da stimme ich absolut zu. Ich bin fasziniert von der ingenieurstechnischen Leistung und angewidert von der Rücksichtslosigkeit in Bezug die Langzeitfolgen.

  26. #35 hto
    11. Juli 2024

    @St. rex: “… in Bezug die Langzeitfolgen.”

    Was sind denn die Langzeitfolgen???

  27. #36 Staphylococcus rex
    11. Juli 2024

    @ hto, Langzeitfolgen?
    1. 10 000 potentiell tödliche Geschosse, in einer Höhe von ca. 1000 km, die in den nächsten Jahrzehnten in einen tieferen Orbit wandern und dabei Raumstationen und Satelliten gefährden.
    2. Mehrere Reaktoren mit je ca. 30kg U235 in einer instabilen Parkposition, die ohne fremdes Eingreifen in den nächsten Jahrhunderten zur Erde zurückkehren.

  28. #37 Staphylococcus rex
    11. Juli 2024

    PS: Die Auswahl an möglichen Erdumlaufbahnen ist durch den Van Allen Gürtel limitiert. Jeglicher überflüssiger Weltraummüll in den Orbits innerhalb des Van Allen Gürtels ist genauso verwerflich und gefährlich wie die die Handlung von Personen, die von Autobahnbrücken Gegenstände auf die Autobahn werfen.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Van-Allen-G%C3%BCrtel
    https://de.wikipedia.org/wiki/Satellitenorbit

  29. #38 hto
    11. Juli 2024

    @St.rex

    Mir macht die wettbewerbsbedingte Borniertheit, bzw. der wettbewerbsbedingt-konfuse Kommunikationsmüll im Umgang mit der wachsenden atomaren Eskalation durch Atomraketen viel mehr Sorge. Das würde Langzeitfolgen haben die vielleicht niemals kontrollierbar sein werden, aber absolut nicht sein müssten.

  30. #39 wereatheist
    nördlich von Neuschwabenland
    11. Juli 2024

    @Staphylococcus rex:

    Bei dieser speziellen Serie an Satelliten handelt es sich um aktive Radarsatelliten in einer Höhe von knapp 1000 km

    Das steht aber so nicht in der Wikipedia.
    Im englischsprachigen Artikel ist von low Earth orbit die Rede, und dass die Intensität eines Radarreflexes invers zur vierten Potenz(!) der Entfernung zum angestrahlten Objekt ist.
    Die Satelliten waren jeweils nur wenige Monate aktiv (auf einer hochinklinierten Bahn, vermutlich), daher ist der Abbrand des U-235 minimal (und man darf vermuten, dass der aktive Orbit so niedrig lag, dass nach ein paar Monaten orbital decay bereits signifikant war).
    Es kreisen also auch noch ca. 30 Dinger mit quasi-bombenreinem Uran herum.

  31. #40 wereatheist
    11. Juli 2024

    Aber ob solche Informationen den resident tankie veranlassen könnten, seine religiöse Verehrung von St. Alin und echten und dem vermeintlichen Nachfolger(n) zu hinterfragen, wissen nur die Götter Marx, Engels und Lenin.

  32. #41 hto
    wo die wettbewerbsbedingte Symptomatik ...
    11. Juli 2024

    Weltraumschrott einsammeln, auch so eine Sache die einfach schnell mal gemacht würde, wenn der Stumpf-, Blöd- und Wahnsinn von/zu “Wer soll das bezahlen?” keine Macht mehr spielen könnte, weil wir wirklich-wahrhaftig eine Demokratie des Gemeinschaftseigentums hätten. 🙂

  33. #42 wereatheist
    11. Juli 2024

    Du hast Uns doch hoffentlich schon einen Weltraumschrott-einfang-Kescher geknüpft, oder?
    BTW, tankie, es ist um GröZehnerpotenzen einfacher, Orbits zu vermüllen ggÜ sie wieder zu reinigen.

  34. #43 Staphylococcus rex
    11. Juli 2024

    @ wereatheist, in der Wikipedia (unmittelbar vor der von mir zitierten Passage) steht, dass diese Satelliten die Hauptursache des Weltraummülls in 950 km Höhe sind. Ich sehe da auch keinen Widerspruch zur Funktion der Satelliten. Bei einer stark exzentrischen Umlaufbahn ist die Arbeitshöhe sehr niedrig, obwohl sich der Satellit einen großen Teil seiner Zeit deutlich weiter von der Erde aufhält, um das Abbremsen zu verlangsamen. Die Trennung zwischen Satellit und Reaktor geschieht am erdfernsten Punkt der Umlaufbahn, weil dann dafür die geringste Energiemenge notwendig ist, um den Reaktor in einer höheren Bahn zu parken. Dumm nur, wenn. genau an dieser Stelle der Müll produziert wird.

  35. #44 Staphylococcus rex
    11. Juli 2024

    PS: in der deutschen Wikipedia gibt es keine weiteren Infos zum verwendeten Reaktor, auf englisch gibt es etwas tiefergehende Informationen:
    https://en.wikipedia.org/wiki/BES-5

    Der Reaktor hat eine thermische Leistung von ca. 100 kW und dabei eine nutzbare elektrische Leistung von ca. 3 kW. Theoretisch geht das auch mit Solarpaneelen, zumindest solange der Luftwiderstand keine Rolle spielt.

  36. #45 wereatheist
    11. Juli 2024

    @Staphylococcus rex:
    In der englischen Wikipedia steht, dass ein Teil der Reaktoren noch einen intakten cooling loop habe.
    Eine exzentrische Bahn, bei einer potenziellen Reaktorlaufzeit (anhand des spaltbaren Materials) von JahrzehHunderten, die nach wenigen Monaten verlassen wird?
    Sowohl wegen der (reflektierten) Signalstärke als auch wegen der besseren Winkelauflösung der Objekte ist ein kontinuierlich niedriger Orbit besser.
    Der Wahnsinn besteht darin, dass die ruhmreiche SU das Äquivalent von 30+ Hiroshima-Bomben aufwand, um den internationalen Schiffsverkehr für <20 Jahre zu überwachen.
    (Nicht, dass dies einen aechten tankie stört)

    • #46 Oliver Gabath
      12. Juli 2024

      Der Wahnsinn besteht darin, dass die ruhmreiche SU das Äquivalent von 30+ Hiroshima-Bomben aufwand, um den internationalen Schiffsverkehr für <20 Jahre zu überwachen.

      Wäre James Bond noch ein Geheimagent und kein Actionheld, wäre das doch der Auftakt für einen erstklassigen Plot: Ein größenwahnsinniger Industrieller klaut die Satelliten, um mit dem Uran Bomben bauen zu lassen, die er dann an skurpellose Möchtegern-Diktatoren versteigert.

    • #47 rolak
      12. Juli 2024

      Plot..klaut

      Was heißt hier Film, Oliver? Genau deswegen grassieren doch in den letzten Zeiten die Hüpfburgen, zum breitestmöglichen Training für einen AntiBaumgartner. Die ersten 6m waren ziemlich lässig zu überbrücken, da kann der Rest doch nicht soooo schwierig sein…

      tankie

      Bezieht sich das auf die Fahrzeuge der schwereren Art, wereatheist?

  37. #48 hto
    wo das Dogma der wettbewerbsbedingten Dummheit ...
    11. Juli 2024

    @wereatheist

    Tja, man kann auf viele Arten verstrahlt werden.

  38. #49 Staphylococcus rex
    12. Juli 2024

    @ wereatheist, ich finde das Thema spannend, bewege mich hier aber außerhalb meiner Kernkompetenz und bin in meiner Argumentation angewiesen auf öffentlich verfügbare Informationen.

    Die für mich relevanten Eckdaten sind folgende: Masse des Satelliten ca. 3,8t, Masse des Gesamtreaktors ca. 385 kg, Masse des Reaktorkerns 53 kg, bisherige Freisetzung des Kühlmittels in einer Höhe von 950 km.

    Bei einer sanften Abtrennung des Reaktorkerns würden sich aufgrund der Oberflächenspannung eher wenige größere Partikel bilden, deshalb gehe ich bei der Abtrennung von einer gezielten Sprengung aus. Bei einer thermischen Leistung von ca. 100 kw kann ich nicht sagen, wie weit der Kühlmittelkreislauf in den Satelliten hineinreicht. Auch weiß ich nicht, ob unterschiedliche Abtrennungssequenzen getestet wurden. Es kostet auf jeden Fall deutlich mehr Energie den gesamten Reaktor in einen höheren Orbit zu bringen als nur den Reaktorkern.

    Die genauen Details der Umlaufbahnen dieser Satelliten sind mir unbekannt, ein exzentrischer Orbit hätte den Vorteil, dass zeitweise die (thermische) Leistung des Reaktors reduziert werden könnte und die Kühlung vereinfacht werden könnte.

    @all, egal wie man es dreht, ein niedriger Erdorbit ist nicht wirklich ein guter Ort für einen Kernreaktor und nur die perverse Logik des kalten Krieges dient hier als Rechtfertigung.

  39. #50 wereatheist
    12. Juli 2024

    @rolak:
    Ein tankie ist jemand, der Dir genau erklären kann, warum die SU z.B. 1953, 1956 und 1968 die tanks zum Wohle der internationalen Arbeiterklasse rollen lassen musste.

  40. #51 wereatheist
    12. Juli 2024

    @Staphylococcus rex:

    ich finde das Thema spannend, bewege mich hier aber außerhalb meiner Kernkompetenz und bin in meiner Argumentation angewiesen auf öffentlich verfügbare Informationen

    Mir geht es wahrlich nicht anders.
    Aber guck Dir doch mal den en-wiki Artikel zu Kosmos 954 an (kam mit komplettem radioaktiven Inventar ausgerechnet im NATO-Mitglied Kanada runter).
    Insbesondere die (initiellen?) Bahnparameter.

  41. #52 Uli Schoppe
    13. Juli 2024

    wereatheist
    12. Juli 2024

    Insbesondere die (initiellen?) Bahnparameter.

    Ich bin zu doof ^^ was ist da so besonders?

  42. #53 wereatheist
    13. Juli 2024

    “Besonders” ist, dass der Orbit der aktiven Phase bei ca. 250km Höhe anfing und dann während der 4 Monate Einsatz natürlich weiter abfiel.

  43. #54 Naja
    17. Juli 2024

    Endlagersuche schlägt zeitlich die Kernfusion.

    “Das Bundesumweltministerium forderte die BGE mbH auf, entsprechende Planungen vorzulegen. Das Unternehmen legte dem BMUV im November 2022 einen ersten Bericht zu den zeitlichen Betrachtungen zur Endlagersuche vor. Dieser Bericht geht von einem deutlich höheren Zeitbedarf bei der Standortsuche aus. Die BGE mbH kommt darin zu dem Ergebnis, dass sich die Entscheidung für einen Endlagerstandort nach optimistischen Annahmen bis ins Jahr 2046 verschieben wird, nach pessimistischen Berechnungen bis in das Jahr 2068.”

  44. #55 Staphylococcus rex
    28. Oktober 2024

    @ wereatheist, das ist zwar nicht mehr ganz aktuell, aber in den Quellen zu den Wikipediaartikeln steht die Auflösung zur Diskrepanz zwischen Einsatzflughöhe und Vermüllung des Weltraums. Der Reaktor wurde in einer niedrigen Höhe abgetrennt und dann in einen hohen Orbit geschossen. Weil damals keine Absperrventile geschlossen wurden (die Kühlung gehörte damals wohl zum Satelliten), ist das Kühlmittel kontinuierlich ausgetreten (auch während des Wegs in den hohen Orbit; bildlich gesprochen der Reaktor war inkontinent und die Tröpfelspur vermüllt seitdem den Orbit zwischen Einsatzhöhe und Parkposition).

    @Oliver Gabath, anderes Thema, was ist eigentlich von den neueren kleineren Reaktoren zu halten, welche große IT-Firmen für ihre Rechenzentren entwickeln und anschaffen wollen?

    • #56 Oliver Gabath
      29. Oktober 2024

      @Oliver Gabath, anderes Thema, was ist eigentlich von den neueren kleineren Reaktoren zu halten, welche große IT-Firmen für ihre Rechenzentren entwickeln und anschaffen wollen?

      Die Flugtaxis der Kernenergie. Die Firmen, die sich teilweise schon seit zehn Jahren damit beschäftigen, haben mittlerweile zusammen mehrere Milliarden Geldeinheiten harter Währung an öffentlichen Mitteln und Risikokapital verarbeitet, aber außer schönen Rendern und hoffnungsfrohen Brochuren nichts vorzuweisen (Edit: Bei genauerem Nachdenken ist das unfair formuliert. Präziser hat noch keine Firma ein Produkt verkauft oder einen Technologiedemonstrator realisiert). Ich bin zu 99 % sicher, dass die Meldungen über Small Modular Reactors für Rechenzentren im Wesentlichen dazu dienen, weiteres Geld aus diesen beiden Töpfen einzusammeln. Insgesamt kann ich nicht so recht dran glauben.

  45. #57 wereatheist
    28. Oktober 2024

    der Reaktor war inkontinent

    exakt so habe ich mir das vorgestellt 🙂

    Ich habe übrigens bisher nicht den deutschen Fernsehfilm (aus den späteren 80ern oder den 90ern) mit den Castoren in der Wüste gefunden.
    Mein Google-fu lässt zu wünschen übrig.

  46. #58 wereatheist
    28. Oktober 2024

    Ah, Heureka!!!
    Der Film hieß: News – Bericht über eine strahlende Zukunft,
    ZDF & internationale Partner, Regie: Rainer Erler, Kamera: Wolfgang Grasshoff.

    Hier ein Link mit der entsprechenden Information.

    • #59 Oliver Gabath
      29. Oktober 2024

      Danke!

      Rainer Erler

      Dann kann’s nur gut sein.