Meine Kritik an dem Abschlussbericht zu islamischen Kinderbetreuungseinrichtungen wurde von  science.orf.at aufgegriffen: Kritik an Studie zu islamischen Kindergärten. Deshalb habe ich, auch wenn ich die Texte schon seit einiger Zeit fertig habe, bisher nur einen ersten Eindruck zum Abschlussbericht auf Facebook veröffentlicht.

An dieser Stelle meine drei Hauptkritikpunkte an der „Evaluierung ausgewählter islamischer Kindergärten und –gruppen in Wien“, um die mich science.orf.at gebeten hat und zu denen ich am vergangenen Freitag im Funkhaus interviewt wurde. Das Interview war die Basis zu dem Artikel und wird eventuell noch als Radiointerview veröffentlicht – wenn dem so ist: Infos folgen.

Ich habe ebenso eine Kurzversion meiner Analyse und auch die eigentliche Analyse, die Langfassung, auf meinen Scienceblog SocioKommunikativ gestellt.

Die grundsätzliche, schon an der Erstversion geübte Kritik, dass die Bezeichnung als Vorstudie nicht von wissenschaftlichen Grundsätzen und Arbeitsweise entbindet, bleibt aufrecht.

1. Ein Drittel des Textes besteht aus einer Beschreibung von bzw. Auseinandersetzung mit Vereinen:

a) Dieser Teil bleibt methodisch unklar und entspricht weder den Grundsätzen für theoretische Arbeiten, noch jenen für empirische: Quellen fehlen bzw. werden nur unsauber angeführt (“Weiterführende Literatur”, S. 22-24). Die Auswahl der Vereine, sprich das Sampling des Materials für die „Dokumentenanalyse“, ist nicht vorhanden.

b) Das rechtliche Verhältnis der Vereine bzw. Trägervereine zu den Kinderbetreuungseinrichtungen bleibt unklar: Besteht ein direkter, rechtlicher Zusammenhang? Sind dies die rechtlichen Träger der Kinderbetreuungseinrichtungen? Wie gestaltet sich das geäußerte Naheverhältnis zwischen den Vereinen und den Kinderbetreuungseinrichtungen. Eine genauere Überprüfung auf Basis der angegebenen Links war kaum möglich: Gingen teils ins Leere, führten teils zu Youtube-Videos.

(Anm.: Bei der MA 11 werden z.B. Kindergruppen als eigenständige Vereine mit eigenständigem pädagogischem Konzept eingereicht. Gehören diese Gruppen, was nicht bei allen der Fall ist, zu einem Trägerverein, so steht dieser in einem rechtlichen Verhältnis mit der MA 11.)

c) Der Transfer der erstellten Kategorien (S. 71ff.) auf die Kinderbetreuungseinrichtungen erfolgt auf Basis welcher Kriterien und Nachweise? Im Abschlussbericht ist dies als Postulat ohne Nachweis enthalten: „Es ist aufgrund des bisherigen Standes der Analyse davon auszugehen, dass salafistische bzw. islamistische Organisationen in der Kinderbetreuung nicht so einfach auf ihre politischen Ziele verzichten können. Die in der Studie kurz angeführte Darstellung der Ideologie der Vereine bzw. dieser Akteure schlägt sich zweifellos auf die Pädagogik nieder.“ (S. 104, Abschlussbericht)

2. Das Sampling wird zwar erwähnt, bleibt aber wie in der Erstversion intransparent. Die ausgewählten Fälle und wofür diese stehen wird nicht beschrieben. Das Feld der islamischen Kinderbetreuungseinrichtungen bleibt somit ungreifbar und nicht nachvollziehbar.

3. Auswertungsprozess intransparent: Die Beschreibung als qualitativ-empirische Vorstudie sagt nichts darüber aus welcher Auswertungszugang verwendet wurde. Die Auswertungsschritte sind in der Arbeit nicht nachvollziehbar. Ein Kategorienschema wird erwähnt, ist aber nicht in der Arbeit enthalten. Die vorliegende Forschung entspricht damit nicht den Kriterien der Reliabilität.

Der Abschlussbericht ist zugänglich unter:

Adnan, Eslan: „Projektbericht. Evaluierung ausgewählter Islamischer Kindergärten und –gruppen in Wien. Tendenzen und Empfehlungen.“, Online veröffentlicht unter: https://typo3.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/p_iis/Abschlussbericht__Vorstudie_Islamische_Kindergarten_Wien_final.pdf

[Zuletzt abgerufen: 23.3.2016]