(Dieser Eintrag ist ursprünglich als Gastbeitrag bei GeoGraffitico erschienen.)
Vor nicht allzu langer Zeit hat der IT-Branchenverband BITKOM eine Studie durchführen lassen, welche die Verbreitung der Nutzung von digitalen Medien im Unterricht untersuchen sollte. Die Ergebnisse der Studie sind nicht allzu überraschend; zusammenfassend gesagt lässt sich feststellen, dass der Einsatz digitaler Medien nach wie vor recht sporadisch stattfindet und wenn, dann hauptsächlich zur Suche und Präsentation von Inhalten sowie der Unterstützung der Schüler durch Lernprogramme (in erster Linie für Sprachen). Studien dieser Art werden gefühlt einmal im Jahr durchgeführt und führen seit Jahren mehr oder weniger zum gleichen Ergebnis, wobei immerhin eine gewisse Tendenz zur Besserung erkennbar ist.
Beim Lesen der Studie haben sich mir (unter anderem) zwei Fragen beziehungsweise Fragenkomplexe gestellt, welche ich hier in den Raum stellen möchte, in der Hoffnung, die interessierte Mitleserschaft zu einer bewegten Diskussion über deren Beantwortung anzuregen.
Die erste Frage betrifft den Einsatz digitaler Medien in der Schule überhaupt. Sollte angesichts der vielen Zeit, welche Kinder und Jugendliche bereits heute vor Fernseher und PC verbringen, auch noch in der Schule mit diesen Medien gearbeitet werden? Wird nicht gerade dadurch auch die Medien-Übernutzung forciert? Oder sollten digitale Medien im Gegensatz noch viel öfter verwendet werden? Wenn auf den Einsatz von Medien verzichtet werden sollte, wie ließe sich dann der Unterricht den modernen Gegebenheiten anpassen? Und wenn der Medieneinsatz eher verstärkt werden sollte, welche Einsatzfelder neben Recherche, Präsentation und Vokabeltrainern wären noch denkbar und vielleicht sinnvoll? Und die Masterfrage: sollten auch soziale Netzwerke aktiv im Unterricht eingesetzt werden?
Die zweite Frage bezieht sich nur bedingt auf die genannte Studie und beschäftigt sich eher mit der Art und Weise, wie und vor allem welche IT-bezogenen Themen in der Schule vermittelt werden. Vor einigen Jahren war es noch der Standard, dass ein Fach „Informatik” irgendwann um die 7. Klasse herum als Pflichtfach und dann manchmal in der Sekundarstufe 2 als Wahlfach angeboten wurde. Die Inhalte waren dabei oftmals eher allgemeiner Natur, angefangen vom Verschicken von Mails über Textverarbeitung bis hin zu absolut rudimentären Programmierkenntnissen (welche sich doch allzu oft auf das Kopieren besprochener Muster beschränkten). Sicher gibt es da auch von Schule zu Schule Unterschiede, aber die Tendenz dürfte doch eher (ich bitte, korrigiert zu werden, wenn ich mich irre) in Richtung „absolute Grundlagen” gehen. Die Tiefe im Informatik-Unterricht ist vermutlich nicht mit zum Beispiel Physik, Chemie, Mathematik oder Biologie zu vergleichen, was umso erstaunlicher ist, als dass die Informatik einen beträchtlichen Teil unseres alltäglichen Lebens beherrscht. Sollte daher nicht der IT-Unterricht verstärkt im Schulunterricht beachtet und der Versuch unternommen werden, mehr als absolut grundlegende Inhalte zu vermitteln, anstatt der Informatik höchstens ein Nischendasein zuzugestehen?
Als Einstiegspunkt zur Diskussion hierzu kurz meine eigene Meinung – welche sicherlich auch stark dadurch beeinträchtigt ist, dass ich selber Informatiker bin.
Ich bin natürlich der Meinung, dass digitale Medien vermehrt im Unterricht zum Einsatz kommen sollten; nicht nur zur Präsentation von Inhalten oder zur Recherche, sondern auch bei der aktiven Gestaltung des Unterrichts. Insbesondere im naturwissenschaftlichen Bereich sehe ich da große Möglichkeiten, welche im Moment wohl eher spärlich genutzt werden. So könnten etwa Simulationsprogramme zur Veranschaulichung von physikalischen, chemischen, biologischen und astronomischen Prozessen genutzt werden; ebenso könnten ähnliche Programme dazu dienen, die Schüler eigene Erfahrungen mit (zum Beispiel nach dem Baukastenprinzip) simulierten Experimenten machen zu lassen, welche so im normalen Unterricht nicht durchgeführt werden können. Auch im mathematischen Bereich wären die Möglichkeiten der Visualisierung sicherlich gut anwendbar. Der große Vorteil derartiger Methoden ist, dass sie Abwechslung in den Unterricht bringen und die Motivation der Schüler befeuern können. Auf der anderen Seite dürfen natürlich die praktischen Tätigkeiten nicht zu kurz kommen. Durchführbare physikalische und chemische Experimente sollten nach wie vor manuell angegangen, biologische Daten in der freien Natur gesammelt werden, viel mehr noch, als es zur Zeit schon geschieht – eine rein digitalisierte Schule wäre in meinen Augen kontraproduktiv.
Die vermittelten Inhalte der IT-Ausbildung an Schulen bedürfen dagegen meiner Meinung nach einer Überarbeitung (wobei ich hier wie gesagt nicht auf dem allerneuesten Stand bin, was an Schulen gelehrt wird). Insbesondere die Grundlagen der Informatik – wie funktioniert ein Computer, wie funktioniert das Internet, was macht ein Betriebssystem – kommen noch viel zu kurz. Im Physikunterricht wird doch auch erklärt, wie Kathodenstrahlröhren und damit Fernseher funktionierten (eventuell werden moderne TFTs mittlerweile ja auch schon besprochen) – warum wird ähnliches nicht auch für Computer vermittelt? Immerhin haben beide Medien eine ähnliche Präsenz im Leben der Schüler. Neben den eher technischen Lehrinhalten wäre natürlich auch noch der Aufbau von Medienkompetenz wünschenswert. Dieses Gebiet umfasst unter anderem die Sicherheit im Internet, den Umgang mit sozialen Netzwerken und vor allem auch die (Nicht-)Verbreitung privater Daten im Netz.
Wie gesagt: ich weiß nicht, welche der obig genannten Dinge bereits im IT-Unterricht an Schulen behandelt werden; nach meinen Erfahrungen (die schon einige Jahre zurückliegen) und dem, was aus den Medien extrahiert werden kann, lässt die Vermittlung von IT-Inhalten jedoch noch sehr zu wünschen übrig. Eine Verbesserung des Angebotes täte hier meiner Meinung nach Not. Sollten die Leser andere Erfahrungen gemacht haben oder anderer Meinung sein, würde ich mich über eine rege Diskussion freuen!
Kommentare (25)