Der heutige Beitrag bleibt in der Rubrik “Wie funktionieren Computer” und soll ein wenig mit dem (Vor-)Urteil aufräumen, dass Computer besser als Menschen rechnen. Dass sie schneller sind, ist unbestreitbar – kein Rechenkünstler der Welt wird mehrere Millionen Berechnungen in der Sekunde schaffen. Aber wie sieht es mit der Genauigkeit aus, insbesondere im Bereich der reellen Zahlen?
Eins vorweg: Computer können in der Theorie natürlich so beliebig genau rechnen, wie sie wollen (und wie es ihr Speicher zulässt – die Zahl Pi wird vermutlich in keinen Computer der Welt passen). Allerdings erfordert das zusätzlichen Aufwand, der mit steigender Genauigkeit immer größer wird und damit natürlich immer mehr Zeit verbraucht. In modernen Computern kommt daher ein standardisiertes Verfahren zur Berechnung zur Anwendung, welches auf einer festen Bitkettenlänge beruht. Stehen für eine Zahl etwa 32 Bit zur Verfügung, so können damit insgesamt 232, also 4294967296 (rund 4 Milliarden) Zahlen dargestellt werden. Bei 64 Bit sind es dann schon gewaltige 18446744073709551616 (mehr als 18 Trillionen) Zahlen. Hält man sich hier nur im Bereich der natürlichen oder ganzen Zahlen auf, gibt es kein Problem, da jede der Zahlen im Wertebereich eindeutig dargestellt werden kann. Nach der 1 kommt nun einmal die 2, dazwischen ist nichts. Auch das Rechnen ist relativ einfach, wie wir hier und hier schon gesehen haben.
Bisher habe ich allerdings verschwiegen, wie am Computer all das dargestellt wird, was außerhalb des Wertebereichs der ganzen Zahlen liegt; konkret: die reellen Zahlen. Wer sich nicht mehr ganz erinnert: reelle Zahlen umfassen praktisch alles, was wir so im Alltagsgebrauch an Zahlen benutzen, angefangen von den natürlichen und ganzen Zahlen über die rationalen Zahlen (all die Zahlen, die als Verhältnis zweier ganzer Zahlen darstellbar sind) bis hin zu den irrationalen Zahlen (wozu auch Pi und e zählen). Da die reellen Zahlen in der modernen Mathematik unabdingbar sind und ein Großteil der Probleme, die mit Computern gelöst werden, auf diesem Zahlenbereich basieren, müssen sie natürlich auch effektiv im Rechner dargestellt werden können. Da wir bei der Darstellung auf Bitketten angewiesen sind, die nur aus 0en und 1en bestehen können, fällt die in der Mathematik übliche Darstellung der Zahlen mit einem Trennzeichen weg, es ist also ein anderes Verfahren notwendig. Bevor es jetzt gleich in die Details geht, noch eine Anmerkung: im deutschsprachigen Raum ist das Komma als (Dezimal-)Trennzeichen in reellen Zahlen üblich – im englischsprachigen Raum dagegen der Punkt. Da in der Informatik üblicherweise ein Punkt als Trennzeichen benutzt wird, halte ich mich auch hier daran; die Zahl “1.5” ist also für deutsche Augen zu lesen als “Eins Komma Fünf” – dennoch werde ich von einem “Komma” sprechen und nur bei der Darstellung den Punkt verwenden.
Das einfachste Verfahren zur Darstellung von reellen Zahlen durch Bitketten ist, ein Komma an einer bestimmten Stelle der Bitkette implizit anzunehmen, ohne es explizit hinschreiben zu müssen. Da das (gedachte) Komma hier an einer festen Stelle ist, spricht man auch von Festkommazahlen; die Bits vor der gedachten Kommastelle codieren hierbei entsprechend den Vorkommaanteil der Zahl, die Bits hinter der gedachten Kommastelle entsprechend den Nachkommaanteil. Die Umrechnung einer Bitkette in eine Festkommazahl ist relativ trivial: dazu wird die Bitkette zuerst als ganze Zahl interpretiert und dann durch den Wert 2f geteilt, wobei f die Anzahl der Bits hinter der gedachten Kommaposition bezeichnet. Ein Beispiel: angenommen, wir haben Bitketten der Länge 4, deren gedachte Kommaposition genau in der Mitte liegt; f wäre mithin 2, 22 also 4. Haben wir nun die Bitkette 1010 (mit Komma: 10.10) so stellt sie die in der Dezimaldarstellung die Zahl 10 dar (nämlich 1*8 + 0*4 + 1*2 + 0*1); geteilt durch 4 ergibt sich für die Bitkette 1010 also die Zahl 2.5. Der große Vorteil von Festkommazahlen ist, dass mit ihnen relativ einfach gerechnet werden kann. Der Nachteil dieser Darstellung ist allerdings offensichtlich: durch die feste Kommaposition ist der darstellbare Wertebereich sehr eingeschränkt. Aber Achtung: hier ist natürlich nicht die Anzahl der darstellbaren Zahlen gemeint – die beträgt weiterhin 232; vielmehr ist die Ausdehnung des Wertebereiches beschränkt, da für den ganzzahligen Anteil weniger Bits zur Verfügung stehen; die größte darstellbare Zahl ist also beschränkt.
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