Wenn Informatiker sich langweilen und Kanäle für ihre überschüssige Kreativität suchen, kommen die absurdesten (mit durchaus positiver Note) Sachen heraus. Ein Klassiker sind wohl die musizierenden elektrischen Geräte; im Internet finden sich Videos zuhauf, in denen alltägliche Geräte zweckentfremdet und für die musikalische Unterhaltung genutzt werden. Ein schönes Beispiel hierfür sind die musizierenden Diskettenlaufwerke; das folgende Video ist der jüngste Spross dieser Kategorie:
Für die Leute mit entsprechendem Humor (ich gebe es hier gerne zu: ich finde es toll!) ist das allein sicherlich schon Unterhaltung genug, aber immerhin ist das hier ein Portal für Wissenschaftsblogs, also wollen wir dem auch gerecht werden und einmal hinter den Kulissen schauen, wie man denn nun Diskettenlaufwerke dazu bringt, etwa den imperialen Marsch aus Star Wars zu spielen (der Autor des Videos hat seine Beschreibung auch unter dem Video auf Youtube verlinkt).
Ein Diskettenlaufwerk ist an sich relativ einfach aufgebaut und besteht aus relativ wenigen Bestandteilen; neben einem Motor zum Drehen der Diskette (ja, im Grunde funktionieren die Dinger so ähnlich wie CDs), diversen mechanischen Halterungen und etwas Elektronik zur Steuerung der Bauteile besitzt ein derartiges Laufwerk einen magnetischen Schreib-Lese-Kopf sowie einen Schrittmotor, der diesen Kopf bewegt. Der Kopf kann in zwei Richtungen bewegt werden, wobei die Bewegung durch den Motor ein bestimmtes (immer gleiches) Geräusch verursacht (zu hören am Anfang des Videos, kurz nach dem Einschieben der Diskette, wenn der Schreib-Lese-Kopf bewegt wird). Der Trick besteht jetzt darin, den Schreib-Lese-Kopf genau in der richtigen Frequenz hin und her zu bewegen, so dass – ähnlich einer schwingenden Violinen-Saite – ein Ton erzeugt wird. Konkret heißt das: je schneller der Kopf durch den Motor hin und her bewegt wird, desto höher ist der erzeugte Ton. Jetzt muss man nur noch die richtigen Schaltfrequenzen für bestimmte Tonhöhen herausfinden und kann dann damit jede beliebige Melodie spielen.
Eigentlich ganz einfach; bleibt nur noch die eigentlich interessante Frage zu klären: wie bewegt man den Schreib-Lese-Kopf eigentlich hin und her? Aber auch das ist erstaunlich unspektakulär und leicht zu erklären. Ein typisches Diskettenlaufwerk wird über ein relativ breites Kabel (schön im Video zu sehen) an einen Diskettenlaufwerkscontroller angeschlossen. Das Laufwerk hat dabei am Anschluss 34 Pins (die kleinen Kontaktstifte einer Steckverbindung), an die man über das Kabel ein Signal (0 oder 1, wir kennen das ja jetzt schon) anlegen kann. Je nach Signalpegel wird dann für jede Anschlussstelle eine bestimmte Funktion ausgeführt (wobei die Hälfte der Pins beim Diskettenlaufwerk auf Masse geschaltet sind, also keine Wirkung haben). Die zum Musizieren wichtigen Pins sind diejenigen, welche die Bewegungsrichtung des Kopfes (das DIR-Pin, in der Regel Pin 18) vorgeben und die den Motor um einen Schritt in die gewählte Richtung (das STEP-Pin, i.d.R. Pin 20) bewegen. Durch gezieltes Ansteuern dieser beiden Pins kann man also ganz einfach den Motor in einer bestimmten Frequenz “schwingen” lassen. Die Motorbewegung erfolgt übrigens immer dann, wenn sich der Wert am STEP-Pin von 1 auf 0 ändert; legt man also am DIR-Pin abwechselnd eine 0 und eine 1 an und ändert den angelegten Wert am STEP-Pin entsprechend der für einen Ton benötigten Frequenz, kann man seine gewünschte Melodie erzeugen.
Die Signale für die Pins muss man übrigens auch nicht von Hand erzeugen, das wäre doch etwas umständlich. Für diesen Zweck gibt es passende Bauelemente, genannt Mikrocontroller. Das sind – vereinfacht gesagt – kleine, vollwertige Computer, die ähnlich wie ihre großen Pendants programmiert werden und so bestimmte Aufgaben erfüllen können. Programmiert man jetzt einen geeigneten Mikrocontroller derart, dass er an seinen Ausgängen die passenden Signale erzeugt, kann über ein Kabel dieses Signal an das Diskettenlaufwerk übertragen und so Musik erzeugt werden; programmiert werden Mikrocontroller meist im bereits bekannten Assembler oder einer assemblernahen Programmiersprache – hier gibt es also auch keine Magie. Im Video ist der benutzte Mikrocontroller übrigens links im Bild zu sehen.
Insgesamt eine amüsante Sache. Früher hat man Baumhäuser gebaut und Modelleisenbahnen fahren lassen – heute werden elektrische Geräte umprogrammiert. Aber auch die Freizeitbeschäftigungen müssen eben mit der Zeit gehen! Und auch wenn viele dem Video jetzt sicherlich einen relativ hohen Nerd-Faktor bescheinigen: es ist immer noch besser, wenn begabte Leute ihre Aufmerksamkeit auf derartige Themen lenken als dass sie sich destruktiveren Tätigkeiten zuwenden.
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