Bei der Erforschung der Evolution hat man das Problem, dass sie relativ langsam abläuft und daher nur in kleinem Ausmaß und über längere Zeiträume betrachtet werden kann. Einfacher ist es da natürlich, die Auswirkungen der Evolution zu untersuchen, so wie es zum Beispiel Charles Darwin unter anderem bei den berühmten Darwinfinken (Bild links) tat und was am Ende auch zur Entwicklung seiner Theorie über die Entwicklung der Arten beigetragen hat. Parallel dazu kann natürlich auch das Erbgut erforscht werden, da es die biologische Grundlage für die Evolution bildet. Beide Themenbereiche – Evolution und Genetik – sind überaus interessante Forschungsgebiete, auf denen große Personen wie Charles Darwin, Ernst Haeckel und Gregor Mendel tätig waren. Nun mag sich allerdings der ein oder andere fragen (und tut es auch), wo denn der Sinn derartiger Forschungen liegt, insbesondere in Bezug auf die Evolution. Unabhängig von der allgemeinen Bedenklichkeit dieser Frage (die kann dann nämlich in ihrer Naivität auf sehr viele Bereiche angewendet werden) haben Erkenntnisse auf beiden Forschungsgebieten auch Auswirkungen auf komplett andere Tätigkeitsfelder gehabt; insbesondere sei hier die Informatik zu nennen: aufbauend auf den (allgemeinen) Theorien der Evolution und Genetik wurde hier nämlich eine spezielle Gruppe von Verfahren zur Problemlösung entwickelt, nämlich die evolutionären Algorithmen, und über die möchte ich heute etwas schreiben.
Biologische Grundlagen
Bevor es zu den evolutionären Algorithmen geht, muss allerdings noch einmal ein kurzer Ausflug in die Biologie erfolgen, und zwar zu den Grundlagen von Evolution und Genetik (nur, damit die Begrifflichkeiten einigermaßen geklärt sind). Wichtig ist hier unter anderem der Begriff des Individuums. Im Folgenden wollen wir (unabhängig von existierenden Definitionen) unter einem Individuum einen unabhängig von seiner Umgebung existierenden Repräsentanten einer Art mit einem eigenen Erbgut verstehen (wobei sich die “Unabhängigkeit” natürlich nicht auf Nahrungsabhängigkeiten, Symbiosen und dergleichen bezieht). Ein Individuum in der Biologie ist also alles, worauf wir mit dem Finger zeigen und sagen können: Das dort!
Die Eigenschaften eines Individuums werden durch sein Erbgut, das Genom bestimmt, welches sich aus den einzelnen Genen zusammensetzt (rechts zum Beispiel ein menschliches Genom, [via Wikipedia]). Das gesamte Genom eines Individuums beschreibt seinen Genotyp (wichtiger Begriff für später, bitte merken), das Erbbild. Die Gesamtheit aller Eigenschaften eines Individuums (also Aussehen, Verhalten usw.) wird dagegen als Phänotyp bezeichnet (auch wichtig, auch merken). Man kann also sagen, dass der Genotyp eines Individuums seinen Phänotyp bestimmt.
Der Genotyp ist über die Lebensdauer eines Individuums mehr oder weniger fest und kann sich nur durch externe Einflüsse verändern. Zudem gibt ein Lebewesen sein Genbild an seine Nachkommen weiter; da aber die Nachkommen in der Regel doch von ihrem Erzeuger abweichen (vom Klonen einmal abgesehen), muss während der Fortpflanzung eine Veränderung des Genotyps stattfinden. Die beiden hieran hauptsächlich beteiligten Mechanismen sind die Mutation und – bei mehrgeschlechtlicher Fortpflanzung – die Rekombination. Ohne jetzt allzu sehr auf Details einzugehen: Mutation bezeichnet die Veränderung des Erbgutes einer Zelle, die entweder spontan oder durch äußere Einfluss stattfindet. Treten diese Mutationen in den Keimzellen auf, werden sie an die Nachkommen weitergegeben. Die Rekombination tritt (unter anderem) auf, wenn während der Befruchtung bei der Fortpflanzung die Ei- und die Samenzelle und damit ihr Erbgut verschmelzen und somit einen neuen Genotyp ausbilden.
Durch Vorgänge auf der Ebene der Gene wird also der Genotyp eines Individuums bestimmt. Dies hat, wie bereits geschrieben, Auswirkungen auf seinen Phänotyp, also seine nach außen hin sichtbaren Merkmale – und an dieser Stelle greifen die Mechanismen der Evolution. Der Phänotyp eines Individuums bestimmt, wie gut es in einer Umgebung zurecht kommt – man spricht von der Anpassung eines Individuums an seine Umgebung. Je besser es angepasst ist, das heißt, je stärker sein Phänotyp auf ein Überleben in seiner Umgebung ausgerichtet ist, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass es länger überlebt und seine Gene an Nachkommen (vor allem an mehr Nachkommen) weitergibt. Dieser Mechanismus wird als natürliche Selektion bezeichnet und ist einer der Grundpfeiler der Evolutionstheorie.
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