Dabei benutzt man lieber zu viel Brennstoff als zu viel Oxidator. Eine heißes Gas mit viel Oxidator kann in kürzester Zeit fast jedes Metall oxidieren (also rosten lassen). Wem seine Metallteile lieb sind, nimmt lieber einen Überschuss vom Brennstoff. Besonders wenn der Brennstoff Kerosin ist, sieht das Abgas von der Turbine dann aus, als käme es aus einem kaputten Dieselmotor. Es ist voller Ruß. Das sieht man hier bei einem Test vom Merlin 1D Triebwerk sehr gut. Das Abgas der Turbopumpe kommt aus dem “Auspuff” rechts von der Düse:
Bei einem richtigen Flug mit diesem Triebwerk, würde sich das Abgas unterhalb des Teststandes den wir hier sehen, am Abgasstrahl der Düse in der Luft entzünden und eine lodernde Flamme entstehen lassen. Es ist sehr viel unverbrannter Treibstoff in dem Abgas, das auch nicht viel zum Schub beiträgt. Die Turbine verbraucht dabei fast ein Zehntel des gesamten Treibstoffs nur um den Treibstoff in das Triebwerk zu pumpen. Darunter leidet natürlich die Effizienz, aber nicht so sehr, wie unter dem niedrigen Brennkammerdruck der druckgeförderten Triebwerke. Im Schema sieht das dann so aus:
Hier sieht man auch, wie die Brennkammer und die Düse der Rakete durch den Treibstoff gekühlt wird.
Natürlich ist man damit nicht zufrieden, fast ein Zehntel des Treibstoffs ungenutzt zu lassen. Aber den Treibstoff zu nutzen macht das Triebwerk komplizierter. Dieses Nebenstromverfahren, oder auch Gas-Generator-Zyklus, erfreut sich deshalb dennoch einiger Beliebtheit. Eine ganz ähnliche Methode ist es, die Brennkammer direkt anzuzapfen, das heiße Gas durch Zusatz von Treibstoff abzukühlen und damit die Turbine zu betreiben. Ohne Sauerstoff kann der zusätzliche Treibstoff nicht mehr verbrannt werden und es läuft insgesamt auf das gleiche Problem hinaus.
Wenn man es schafft, das Abgas der Turbine in die Brennkammer zu befördern, dann hätte die Verschwendung ein Ende. Auf dem Papier ist es auch ganz einfach:
Anstatt den orangen Pfeil mit dem Abgas nach draußen zeigen zu lassen, läßt man ihn einfach in die Brennkammer zeigen. In der Realität ist das natürlich komplizierter. Die Turbine muss nun nicht nur den Treibstoff in die Brennkammer pumpen, sie muss dem Abgas auch noch genug Druck übrig lassen, um selbst die Brennkammer zu kommen. Das Verfahren nennt man auch Hauptstromverfahren, weil das Abgas wieder zurück in den Hauptstrom des Treibstoffs geleitet wird.
Ungünstig wäre es auch, wenn das Abgas mit zu viel Ruß die Leitungen in die Brennkammer verstopft. Das ist nun kein Problem mit Wasserstoff und auch Methan gibt sich recht handzahm. Beim Space Shuttle hat man genau diese Technik verwendet. Aber man hat das Problem eines insgesamt sehr komplexen und teuren Triebwerks und den unangenehmen Eigenschaften des Wasserstoffs.
Das wegen der einfachen Handhabung und großen Dichte beliebte Kerosin, ist dagegen ein echtes Problem. Wenn man versucht die Turbine mit einem Überschuss an Kerosin zu betreiben, verstopfen die Leitungen. Wenn man versucht, einen Überschuss an Sauerstoff zu verwenden, zerstört das heiße, aggressive Gas die Metallteile. In Europa und Amerika hat man es versucht und für unmöglich erklärt. In der Sovietunion hat man an dem Problem gearbeitet, bis man eine Lösung gefunden hatte. (Man fand einen Weg die kritischsten Teil mit Emaille zu beschichten, ohne dass die Beschichtung abplatzt.) Bis zum Ende des kalten Krieges hielt die Leistungsdaten der sovietischen Kerosintriebwerke für lächerliche Propaganda.
Das RD-170 hat einen Schub von 750 Tonnen, während die fünf großen F-1 Triebwerke der Saturn V nur 670 Tonnen Schub hatten. Ein Brennkammerdruck von 245 bar des RD-170 stand einem Druck von nur 70 bar des F-1 gegenüber. Der spezifische Impuls des RD-170 liegt bei 309s am Boden und 338s im Vacuum – während es beim F-1 nur 255s und 304s sind.
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