Russland wollte vor allem den Einfluss im Nordosten Chinas ausbauen und eroberte dort auch Land, das einige Chinesen bis heute wieder zurück haben wollen. Die Japaner wollten nicht zusehen und erklärten China 1894 den Krieg. Ausgefochten wurde dieser Krieg hauptsächlich zwischen Japan und China. Geographisch! Was liegt zwischen China und Japan? Korea. Die Japaner erlangten durch diesen Krieg endgültig die Kontrolle über das Land und erklärten es zu ihrer Kolonie. Die Amerikaner taten sich in diesem Krieg dadurch hervor, dass sie die Friedensbedingungen aushandelten, unter denen die Japaner größtenteils wieder aus China abzogen.

Die Japaner waren mit dem Ausgang des Japanisch-Chinesischen Kriegs von 1895 aber nicht zufrieden. Sie wollten einen Teil vom chinesischen Kuchen. Die Chinesische Regierung unter Cixi, die Witwe des letzten Kaisers (der aktuelle war noch ein Kind), erklärte um die Jahrhundertwende herum allen Kolonialmächten einen Krieg, der nicht lang dauerte.

Der Kollaps Chinas lag in der Luft und 1905 erklärte Japan Russland den Krieg um einen Teil Chinas abzubekommen. China war Spielball der Großmächte. Zur Überraschung aller gewann Japan den Krieg gegen Russland und damit Territorien im Nordosten Chinas, in der Mandschurei. Ein unerhörter Sieg, glaubten Europäer und Amerikaner doch in einer Liga ganz für sich.

1910 annektierte Japan die Kolonie Korea. Korea wurde zum Landesteil von Japan. Koreaner mussten japanische Namen annehmen und allerlei Unrecht erdulden. Wie immer gab es Widerständler genauso wie Kollaborateure. 1912 endeten über 2000 Jahre Chinesischer Kaiserreiche und über 3000 Jahre chinesischer Dynastien. Die Japaner bauten ihren Einfluss in der Mandschurei aus, während die Europäer vom ersten Weltkrieg geschwächt waren.

1932, ein Jahr vor der Machtergreifung Hitlers in Deutschland, erklärten die Japaner die besetzten Teile Chinas zu einem eigenständigen Mandschu-Staat, nichts anderes bedeutet der Name Mandschukuo. An die Spitze wurde niemand geringeres gesetzt als der letzte Kaiser Chinas, der beim Untergang der letzten Dynastie noch zu jung  für die Regierungsgeschäfte war.

Manchukuo011

(Frieden auf der Welt verspricht dieses japanische Propaganda Poster.)

Aber die Japaner wollten mehr. Sie nannten es die ostasiatische Wohlstandssphäre und sagten, sie wollten den Kolonialismus in Ostasien beenden. Das gelang ihnen auch, nur nicht so wie sie es vor hatten. De-fakto bauten die Japaner  ihr eigenes Kolonialreich auf.

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1937 begann der zweite Weltkrieg. Japan erklärte der im Bürgerkrieg zerstrittenen Republik China den Krieg und, wie man auf der Karte sieht, begann das gesamte europäische Kolonialreich im Westpazfik militärisch zu erobern. Das ging so bis zum 7. Dezember 1941 mit dem Angriff des US Militärstützpunktes Pearl Harbour, der die USA zum Eingriff zwang. Der zweite Weltkrieg sollte aber zuerst in Europa beendet werden. Auf der Konferenz von Yalta wurde festgelegt, das der große Menschenfreund und Allierte der Allierten, Josef Stalin, exakt 3 Monate nach dem Sieg über Deutschland seine Truppen in den Osten verlegt haben und die Japaner angreifen sollte. Deutschland kapitulierte am 8. Mai 1945.

Drei Monate später, am 8. August 1945, griff die Sovietische Armee Mandschukuo und das japanische Korea an. Ein Tag vor dem Abwurf der Atombombe auf Nagasaki. Die Japaner konnten kaum Widerstand leisten, zumal ein Teil der Armee auf die japanischen Inseln zurückgezogen wurde. Die Sovietarmee rückte in wenigen Tagen weit in die Mandschurei und in Korea ein. Japan erklärte die Kapitulation am 15. August.  Das nominell unabhängige Mandschukuo kapitulierte erst am 20. August 1945.

Die europäischen Kolonien, die von den Japanern erobert wurden, gingen zurück an die alten Kolonialmächte. Aber der Sieg der Japaner über die alten Mächte und der Sieg der Amerikaner über die Japaner, weckte den Geist des Widerstandes in Südostasien. Die geschwächten Europäer konnten dem kaum noch etwas entgegen setzen und fast alle Kolonien wurden unabhängige Staaten. Die Japaner hatten in der Tat den Kolonialismus beendet. Nur wirklich nicht so, wie sie es einst planten.

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Kommentare (18)

  1. #1 meregalli
    18. Mai 2015

    Applaus!
    Uneingeschränkt.

  2. #2 Ludger
    18. Mai 2015

    Drei Spitzbuben veränderten 1543 die Welt mit Auswirkungen bis heute. Da muss man wirklich staunen. Danke!

    • #3 wasgeht
      18. Mai 2015

      Aber bitte nicht vergessen: Es ist eine Erzählung. Die Fakten stimmen zwar (wenn mir kein Fehler unterlaufen ist), aber es brauchte für all das noch sehr viel mehr als nur diese Drei. Aber es ist ja gerade Sinn dieser Erzählform, dass man das bei Seite lässt.

      Ein absoluter Meister dieser Erzählungen ist der Historiker James Burke, der eine Reihe von Fernsehprogrammen gemacht hat. “The day the universe changed” und “connections”. Man findet sie auch auf Youtube, zum Beispiel hier:

      Ein Interview mit James Burke findet sich hier:

      Der Interviewer ist Dan Carlin, der den Podcast “Hardcore History” macht … der im Lauf der Zeit eher zu einem Audiobuch Format wurde. Und das war auch ungefähr zu der Zeit, zu der das Interview entstand. Unbedingt zu empfehlen!

  3. #4 Dampier
    19. Mai 2015

    Toll erzählt, das war wirklich spannend. Vielen Dank :)

    Gruß
    Dampier

  4. #5 bewitchedmind
    19. Mai 2015

    Super spannend. Geschichte, über die man in Europa normalerweise nichts lernt, danke!

  5. #6 CM
    19. Mai 2015

    Super Artikel! (Überhaupt: Super Serie von Artikel in unglaublicher Geschwindigkeit!)
    Zwar kannte ich die “offzielle” Geschichte, d.h. ohne den Beginn mit der Luntenschloßeinführung, doch finde ich, dass solche Erzählungen durchaus ihre Berechtigung haben (nicht zuletzt, weil sie so einprägsam sind, auch was den orthodoxen Teil der Geschichten angeht).

    Gruß,
    Christian

  6. #7 wiener
    19. Mai 2015

    “Mit der zweiten Hand hielt man die Kanone, mit der dritten Hand richtete man die Kanone auf den Feind, was man mit den Augen im zweiten Kopf überprüfte, während der erste schaut, was die Hand mit der glühenden Lunte tut. ” Genial formuliert……

  7. #8 derKris
    19. Mai 2015

    So habe ich ostasiatische Geschichte noch nie gelesen.
    Danke dafür :D

  8. #9 Dirk Moebius
    20. Mai 2015

    JFTR: das DDR-Wappen enthaelt – auch wenn allerorten was anderes steht – keine Sichel.
    Ein Blick sollte genuegen.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Staatswappen_der_Deutschen_Demokratischen_Republik

    • #10 wasgeht
      20. Mai 2015

      Du hast natürlich völlig recht. Das Wappen der Sovietunion mit Hammer und Sichel ist einfach tiefer im Kopf verankert, als Hammer, Sichel und Ährenkranz. Ist auch lange her.

  9. #11 oliver
    Bonn
    20. Mai 2015

    Zur Sengoku Jidai ( Zeit der streitenden Reiche ) kann ich die Extra History Reihe empfehlen:
    https://www.youtube.com/watch?v=hDsdkoln59A
    Ähnlicher Erzählstil wie diese Blogpost, allerdings fehlt leider die Anekdote mit dem Luntenschloss.

    Zum Thema Civilisation: Ich finde es wirklich großartig, dass meisten der gewinnt, oder zumindest einen sehr großen Vorteil hat, welcher zuerst den Drall entwickelt und gleichzeitig möglichst agressiv ist. Für ein Videospiel ist das unglaublich schlecht balanciert, aber gleichzeitig so wunderbar realistisch^^

  10. #12 Sven Tetzlaff
    Hong Kong
    22. Mai 2015

    Die Geschichte Asiens und besonders deren Geschichten haeufig ganz persoenlicher Art, sind im Westen leider wenig bekannt. Ich behandle in meinem Podcast (und Blog) gelegentlich geschichtliche Themen bzw. eben genau diese kleinen Geschichten, wenn auch aus einer eher privaten Sicht.
    * 005 Marco Polo war nie in China (https://goo.gl/Osd0PW)
    * 009 Tee und Weltpolitik (https://goo.gl/1Rh0HC)
    * und zuletzt 012 Lady Datuk (https://goo.gl/5OXIqw)
    Der Podcast ist ein Projekt, das mich bei meinem alltaeglichen Leben in Asien als Fotograf & Fachjournalist begleitet und vor allem Wert auf die private, kleine Sicht der Dinge legt.
    Den gesamten Podcast-Thread findet man hier: https://sventetzlaff.com/index.php/home/podcast

  11. […] war das Luntenschluss und ich habe auch schon einmal einen Artikel geschrieben, in dem das eine wichtige Rolle […]

  12. […] 285-Wort Artikel schreibe wie den letzten über den geplanten Wolkenkratzer in Basra oder eine 2630-Wort-Geschichte wie die über die weltgeschichtlichtlichen Verwicklungen in denen 3 portugiesische Halunken eine […]

  13. #15 Dampier
    19. Dezember 2015

    Ich habe mir erlaubt, diesen Artikel mal bei der Wissenschaftsblog-Auslese 2015 zu nominieren. Ist er doch ob seiner Erzählkunst für mich in der Rückschau einer jener gewesen, die mir besonders deutlich im Gedächtnis blieben.

    grz
    Dampier

    • #16 wasgeht
      19. Dezember 2015

      Danke :)

  14. #17 BreitSide
    Beim Deich
    20. Dezember 2015

    Sehr schöne Zusammenfassung! Viele Einzelstücke waren mir bekannt (wie ja wohl fast Jeder hier), aber der stringente Zusammenhang ist einfach klasse. So macht asiatische Geschichte Spaß.

    Irgendwie hab ich aber noch eine Geschichte im Kopf von einem einzelnen Engländer, der ausgesetzt wurde(?) und dann mit seiner Büchsenmacherkunst Einiges in Japan in Bewegung brachte. Oder waren es Kanonen? Ich krieg´s im Kopf nicht mehr zusammen :oops:

    PS: War da nicht ein Zirkel im DDR-Wappen?
    “Hammer, Zirkel, Ährenkranz, mause, was de mausen kanns…”

    • #18 wasgeht
      20. Dezember 2015

      Ohne die kommentare nochmal durchgelesen zu haben: Hat das nicht schon jemand anderes angemerkt? …. Ich kann mich noch schwach dran erinnern, dachte aber, ich hätte es korrigiert.