Die Firma geriet aber von Anfang an in finanzielle Schwierigkeiten und wurde 2007 aus dem COTS Programm ausgeschlossen. Die Triebwerke wurden später von Orbital Sciences aufgekauft, die dann mit der daraus entwickelten Taurus II Antares Rakete tatsächlich im Februar 2008 der zweite Vertragspartner von COTS wurden.

Ohne einen etablierten Konkurrenten wurde es für SpaceX nun sehr viel einfacher, einen COTS Vertrag zu bekommen. Aber sie mussten immernoch beweisen, dass sie ein funktionierendes Konzept dafür hatten. Das Dragon Raumschiff befand sich in Entwicklung, hatte aber noch keine real existierende Trägerrakete. Real existierte zu diesem Zeitpunkt die Falcon 1 Rakete und sie hatte 2006 ihren ersten Flug. (Start bei 0:50)

Eine korrodierte Aluminium Mutter sorgte für eine kaputte Treibstoffleitung und das hat noch keiner Rakete sonderlich gut getan. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nichts von SpaceX gehört. Aber seit sie offiziell ein möglicher Partner der NASA waren, gingen die Nachrichten durchs Netz und beim zweiten Flugversuch der Falcon 1 im Jahr darauf war ich mehr durch Zufall als durch Planung live per Videostream dabei.

Während ich das Gefühl hatte “Mensch, es war so knapp!”, dominierte bei anderen die Häme über den zweiten Absturz. Die Stufentrennung klappte nicht ganz reibungslos. Das Merlin 1A Triebwerk war zwar abgeschaltet, aber gewisse Restmengen an Treibstoff kommen immernoch nach und sorgen für einen kleinen Restschub, den man nur in einer Vakuumkammer oder bei einem Testflug herausfinden kann. SpaceX hatte kein Geld für einen Test in einer Vakuumkammer.

Die erste Stufe berührte das Triebwerk der zweiten Stufe ganz leicht, woraufhin die zweite Stufe ins schlingern und der Treibstoff im Inneren ins Schwappen geriet. Das sah gar nicht dramatisch aus, aber vor dem erfolgreichen Raketenstart steht die erfolgreiche Beherrschung der Physik. Die sagt, dass der Drehimpuls erhalten bleibt. Um so weniger Treibstoff im Tank blieb, um so schlimmer wurde das Schlingern der Rakete und das Schwappen des Treibstoffs. Irgendwann blieb dem Triebwerk der Treibstoff weg und das war es.

Peinlich war an der Geschichte, dass es längst üblich war, Bleche in die Tanks einzubauen, die so ein Schwappen des Treibstoffs verhindern sollten. Die wollte man aber aus Gewichtsgründen lieber einsparen, denn jedes Kilo mehr Blech in der zweiten Stufe ist ein Kilo weniger Nutzlast. Daher kam dann auch die Häme.

Beim dritten Flug, mit dem neuen Merlin 1C Triebwerk, wurde alles besser. Vor allem die Rakete, die nun etwas mehr Schub hatte und noch viel mehr Schub für den Einsatz in der Falcon 9 bekommen sollte. Die Brennkammer des neuen Triebwerks war nun regenerativ gekühlt, also “normal” mit Treibstoff der durch die Brennkammerwand fließt. Das Merlin 1A war noch ablativ gekühlt: Es wird eine Schicht aus einem Material auf der Wand aufgebracht, das nach und nach verdampft und damit das darunter liegende Material kühl hält. Schließlich kam es zum dritten Flug der Falcon 1.

Nach Behebung der Fehler der letzten beiden Flüge, aber auch in Anbetracht all der Dinge die gut gelaufen sind, war man sich der Sache äußerst sicher. So sicher, dass man schon einen kommerziellen Satelliten und diverse Cubesats an Bord hatte. Im August 2008 war man so weit:

Wir erinnern uns an das neue Merlin 1C mit der regenerativen Kühlung? Nun, der heiße Treibstoff in den Kühlkanälen der Brennkammer hat noch deutlich mehr Schub entwickelt, als der restliche Schub des alten Merlin 1A. Auch wenn man den Restschub des Merlin 1A nun im Griff gehabt hätte, war es für das Merlin 1C viel zu wenig.

Die Rakete baute also bei der Stufentrennungen einen genauso teuren wie peinlichen Auffahrunfall. SpaceX stand vor dem Bankrott und wurde nur durch “Augmented Funding” aus dem COTS Vertrag gerettet, was nichts anderes heißt, als dass der Vertrag geändert und allen Mitbewerbern etwas früher etwas mehr Geld gegeben wurde.

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Kommentare (5)

  1. #1 bruno
    21. Mai 2015

    …hast du ahnung von “cubesats”? vielleicht magst du gelegentlich darüber mal was schreiben?

    • #2 wasgeht
      21. Mai 2015

      Nichts wirklich spezielles. Früher oder später kommt sicherlich auch mal ein Beitrag über kleine Antriebssysteme für Cubesats.

  2. #3 inge schuster
    22. Mai 2015

    @bruno

    Peter Platzer hat vor rund 3 Jahren den Startup Spire gegründet, der Nanosatelliten (Größe und Gewicht eines Brotweckens) ins “Weltall” schickt, die man auch “mieten” kann, um verschiedenste Messungen durchzuführen – über Wetterkontrollen, Ortung von Schiffen bis zur Zählung von Tieren.
    Er beschreibt dies in:
    https://scienceblog.at/nanosatelliten-weltraum-für-jedermann#.

  3. […] der Falcon 1 Rakete viel Lehrgeld bezahlt hat, mussten sie besser werden, und zwar schnell. In der letzten Folge habe ich schon von den Umständen geschrieben, unter denen der COTS Vertrag an SpaceX […]

  4. […] habe auch schon zwei Hintergrundartikel zur Geschichte SpaceX geschrieben. Die findet man hier und […]