Ein Kommentar zu meinem letzten Beitrag zum Thema Bioethanol sagte folgendes:

“Biomasse (vernünftig strukturiert) wird mangels Alternativen eine zunehmend wichtige Rolle bei der Energieversorgung der Zukunft spielen.”

Alternativlosigkeit hat in der deutschen Politik eine schillernde Vergangenheit. Schauen wir uns doch einmal an, ob die Sache hier wirklich so alternativlos ist. Fangen wir an mit Biogas. Ich habe dazu die Faustregel kennengelernt, dass man pro Hektar etwa 1,5kW elektrische Leistung erzeugen kann. Das Landesamt für Statistik Baden-Würtemberg spricht hier von bis zu 2kW pro Hektar, in Mais Monokultur auf fruchtbarem Ackerland.

Die Unterschiede sind auch nicht wichtig. Deutschland hat einen durchschnittlichen Strombedarf von 70 Millionen kW und eine Fläche von 34 Millionen Hektar. Davon werden 17 Millionen Hektar Landwirtschaftlich genutzt, 12 Millionen als Ackerland. Wie immer man es dreht und wendet, es funktioniert nicht. Der Flächenbedarf ist riesig, der Nutzen ist winzig. Schon ineffiziente Dünnschicht-Solaranlagen, wie der Solarpark Lieberose, kommen auf 4 Watt pro Quadratmeter. Um einen Hektar eines Solarparks zu ersetzen, den man auch auf ein Fabrikgebäude setzen kann, bräuchte man also 20 Hektar möglichst fruchtbares Ackerland.

Und ja, selbst der Landverbrauch von Solaranlagen wäre bei der Versorgung von ganz Deutschland zu groß. Das ändert nichts daran, dass sie eine sehr viel bessere Alternative zu Biogasanlagen wären. Es ist aber nichts nur deswegen gleich “gut”, nur weil es etwas gibt das noch viel schlechter ist.

Wir verbrauchen Energie aber nicht nur in Form von Strom, sondern auch auch als Öl und Gas. Bleiben wir nur beim Öl. Die Erzeugung von Biodiesel aus Raps ist nicht erfolgversprechender als die von Biogas. Der Öl-Ertrag liegt dort bei etwas mehr als einer Tonne Öl pro Hektar, was etwa die Hälfte des Gewichts und 2/3 der Energiegehalts der Samen ausmacht. Pflanzenöl ist im Energiegehalt mit Mineralöl durchaus vergleichbar. Der Ölverbrauch von Deutschland liegt aber über 100 Millionen Tonnen. Bei 12 Millionen Hektar Ackerland muss man nicht ausrechnen, dass uns das nicht weiter bringen wird.

Die Erzeugung von Ethanol ist etwas besser. Aus Zuckerrüben lassen sich bis zu 5t Ethanol pro Hektar mit dem Brennwert von etwa 3,5-4t Öl erzeugen. (Weizen ist wesentlich weniger effizient.) Aber wieviele der 12 Millionen Hektar Ackerland in Deutschland wollen wir dem opfern, nur um ein paar Prozent des Ölverbrauchs zu ersetzen? Selbst wenn wir 2-3 Millionen Hektar darauf verwenden (und auf Biogasanlagen mit Silomais verzichten, das genauso auf Ackerland als Ressource angewiesen ist), müssen wir nicht trotzdem noch die restlichen 90% des Erdöls ersetzen?

Biomasse ist weder alternativlos, noch ist sie selbst eine gute Alternative. Sie hat ihre Nischen, in denen sie vernünftig ist. Biologische Abfälle können oft noch energetisch verwendet werden, wie  zum Beispiel Altholz. Fäkalien und ähnliche Abfälle lassen sich auch als Material zur Biogasherstellung nutzen. Allerdings muss man darauf achten, dass es sich wirklich um Abfälle handelt und nicht nur um Lebensmittel die als Abfall deklariert wurden.

Die Nutzung von wertvollem Ackerland als Ressource für die spärliche Gewinnung von sehr wenig Energie ist weder alternativlos noch sinnvoll. Es steigert allerdings die Profite der Landwirte ganz enorm.

Es wird immer wieder einmal gefragt, wie wir in einigen Jahrzehnten 9 oder 10 Milliarden Menschen auf diesem Planeten mit Nahrung versorgen sollen. Die Antwort ist ganz einfach: Indem wir solchen Unsinn sein lassen.

Kommentare (7)

  1. #1 Walter Meingott
    15. Juli 2015

    Ich glaube die solltest manche Artikel mit der Warnung “Achtung: gesundheitsgefährend beim Lesen” versehen.
    Bei mir steigt jedenfalls der Blutdruck in ungeahnte Höhen, wenn ich mir manchen Unsinn der deutschen Energiepolitik antun muss. Irgendwie bekommt man das Gefühl, dass gerade die volkswirtschaftlich unsinnigsten und tatsächlich umweltbelastesten Technologien ganz besonders hoch im Kurs stehen.
    Ich habe ab Ende 2011 einfach aufgehört mich mit Energiepolitik zu beschäftigen, obwohl es so spannend ist.

  2. #2 Herr K.
    15. Juli 2015

    Stichwort: Altholz. Ich möchte hier mal ein relativ unbekanntes Konzept namens Biomeiler in die Runde werfen. Das löst die Energieprobleme auch nicht, scheint mir als Ergänzung für den ländlichen Raum aber interessant.

    Vereinfacht gesagt ist das ein großer Komposthaufen aus gehäckseltem Holz, in dem durch die Kompostierung Wärme entsteht. Diese Wärme wird dann mittels eines spiralförmig eingelegten Wärmetauschers einfach abgenommen.

    Auf Youtube gibts dazu ein paar Filmchen, die den Aufbau im kleinen Maßstab zeigen. Ich finde die Idee deshalb so interessant, weil das alles sehr einfache Technik ist und man mit einem Gärbehälter im Inneren des Komposthaufens zusätzlich sogar Biogas erzeugen könnte, welches wiederum für den Transport und das Häckseln des Holzes verwendet werden kann.

    Was Energiepflanzen angeht, möchte ich auf Hanf verweisen. Der ist anspruchslos, bringt maximale Erträge und lässt sich nebenher zu unglaublich vielen Dingen verarbeiten.

    So wie ich das sehe, ist Biomasse in Deutschland durchaus eine Alternative. Auch wenige Prozent bedeuten für ein Industrieland ja massive Einsparungen an importiertem Öl bzw. Gas. Vermutlich müsste ein sinnvolles Konzept deutlich weitreichender sein, als das bisher gedacht/gemacht wird. Also zumindest mal gesamteuopäisch und auch Dinge wie den Fleischverzehr einbeziehend.

  3. #3 Fassberg
    15. Juli 2015

    “So wie ich das sehe, ist Biomasse in Deutschland durchaus eine Alternative.”

    Den Artikel nicht gelesen bzw. verstanden? Biomasse ist Unfug! Biomasse ist eine reine Subventionsenergie. Das hat sie mit der Photovoltaik und anderen “alternativen” Energieerzeugern gemeinsam. D. h. keine Subventionen – keine Energieerzeugung aus Biomasse, Photovoltaik, etc.

  4. #4 DasOlli
    15. Juli 2015

    bei aller berechtigten Kritik an der Verwertung von Lebensmitteln als Energiequelle sollte man schon genauer hinschauen, das Thema is komplexer als es hier angedeutet wird.
    Es wird in Europa schon jetzt zum Teil mehr Produziert als verbraucht wird, (z.B. Milch, Fleisch etc.), diese Ueberproduktion wird zum Teil exportiert, wenn diese dann auch noch mit Subventionen unterstuetzt wird, wird es problematisch. Statt noch mehr Futterpflanzen anzubauen und die Nutztierhaltung weiter auszubauen, halte ich den Anbau von schnell wachsender Biomasse zur Energieerzeugung durchaus fuer eine Alternative, es kommt darauf an wie es gemacht wird.
    Insofern Biomasse ist kein Allheil- oder Wundermittel aber sie zu verteufeln schneint mir auch nicht richtig zu sein.

  5. #5 ulfi
    15. Juli 2015

    ich hatte das schon im vorherigen post geschrieben, aber vielleicht kann der Blogauthor hierzu noch was genaueres schreiben.

    Bislang haben wir ja die Route Ackerland->Bioethanol untersucht und angemerkt, dass das ineffizient ist, weil bereits billigstpaneele mehr Leistung bringen. Ein Kommentar im vorherigen Thread hat dazu aber gemerkt: “bringt nix, weil man den Strom nicht speichern kann”.

    Mein Vorschlag war daher die Route Sonnenergie->Wasserstoff(Elektrolyse)->Methan(Sabatier-Prozess). Und meine These ist, dass selbst das noch effizienter ist, mit dem zusaetzlichen Vorteil, dass man fuer den Quadratmeter Solarpaneel auch kein wertvolles Ackerland verwenden muss und nicht die Ackerlandtypischen Probleme wie Bodenerosion hat.

    Die Frage ist nun: wie effizient ginge es eigentlich?

    …..

    Mir ist gerade aufgefallen, dass auch der verwendete Duenger natuerlich aus Oel hergestellt ist…wieviel Duenger braucht man fuer ein Ha Zuckerruebe? Da kann man ja quasi direkt eine Umrechnung des Verhaeltnisses Oel->Bioethanol machen.

  6. #6 Arne Babenhauserheide
    16. Juli 2015

    Die sinnvolle Nutzung von Biomasse, die ich kenne, ist der Ersatz von schnell anfeuerbaren Gaskraftwerken.

    Damit steht sie in Konkurrenz mit Batterien, aber nicht mit Windenergie.

    • #7 wasgeht
      16. Juli 2015

      Aber sie steht immer in Konkurrenz mit der Lebensmittelversorgung und der freien Natur.